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22. Juni 2014

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 1.6.2014

 

Zerrüttete Beziehung:
Wasserversorger klagen gegen Gesundheitsamt

 

 

Das hat es nach unserem Überblick in Deutschland noch nicht gegeben: Gleich zwei Wasserversorger haben Ihr zuständiges Gesundheitsamt verklagt. Die Wasserversorger halten die Reglementierungen des Gesundheitsamtes wegen einer mikrobiologischen Beeinträchtigung des Trinkwassers für völlig überzogen und wollen die Auflagen des Amtsarztes nicht widerspruchslos hinnehmen. Unterstützung bekommt einer der Wasserversorger vom Karlsruher Technologiezentrum Wasser des DVGW.

Die Fronten zwischen den beiden Wasserversorgern einerseits und dem Gesundheitsamt andererseits sind so verhärtet, dass eine Kommunikation derzeit nur noch über die Rechtsanwälte vor dem Verwaltungsgericht erfolgt. Der eskalierende Konflikt spielt sich seit Herbst 2013 zwischen der kommunalen Wasserversorgung Königsdorf und den Stadtwerken Geretsried (südlich von München) auf der einen Seite und dem Amtsarzt im Gesundheitsamt des Landratsamtes Bad Tölz und dem dortigen Landrat auf der anderen Seite ab.

Der bislang beispielslose Disput lässt sich u.a. auch darauf zurückführen, dass die Trinkwasserverordnung (TVO) einigen Auslegungsspielraum beinhaltet. Solange die TVO breite Interpretationsmöglichkeiten bietet, steht zu befürchten, dass das vielerorts ohnehin gespannte Verhältnis zwischen Wasserversorgern und Gesundheitsämtern letztlich auch anderenorts vor dem Verwaltungsgericht landen könnte.

AbonnentInnen des BBU-WASSER-RUNDBRIEFS können kostenlos via nik@akwasser.de ein ausführliches Dossier über diese Affäre anfordern.

Digitale Empörungswelle
gegen das Wasserwerk
 

Einen »shit storm« gegen einen Wasserversorger hat es unseres Wissens in Deutschland bislang nicht gegeben. Allerdings gab es mikrobielle Kontaminationen, die zu einer Empörungswelle in den Internetforen der lokalen Medien geführt haben. Das nach unserer Übersicht bislang „heftigste“ Ereignis hat sich diesbezüglich im Herbst 2013 im oberbayerischen Rosenheim abgespielt. Wenn man wissen will, wie die „User“ ticken, dann lohnt es sich, die Forenbeiträge in Rosenheim auszuwerten. Die Erkenntnisse aus Rosenheim können anderenorts dabei behilflich sein, sich auf digitale Empörungswellen vorzubereiten.

Interessant ist das „Fallbeispiel Rosenheim“ auch deshalb, weil dort erstmals ein Wasserversorger einen Blog geschaltet hatte, um den Meinungsaustausch mit einer kritischen Öffentlichkeit auch über diesen Weg zu intensivieren.

Was war in der Trinkwasserversorgung
von Rosenheim passiert?
 

Bereits in den Jahren 2011 und nach dem Extrem-Hochwasser im Juni 2013 musste über Rosenheim ein Abkochgebot verhängt und das Trinkwasser gechlort werden (siehe Kasten). Mitte Oktober 2013 wurden erneut positive Keimbefunde im Trinkwasser von Rosenheim gemeldet – und zwar sowohl vor der UF-Anlage als auch erstaunlicherweise nach der UF-Entkeimung. Noch erstaunlicher war, dass in einem Fall zwar nach der Entkeimung Positivbefunde, vor der UV-Entkeimung im Rohwasser aber nur Negativbefunde gefunden worden waren.

„Dass wir Keime hinter der UV-Anlage messen, aber nicht im unbehandelten Rohwasser passt nicht zusammen“,

wurde Dr. GÖTZ BRÜHL, Geschäftsführer der Stadtwerke Rosenheim, im lokalen Internetportal rosenheim24.de zitiert. Das Labor mit dem die Stadtwerke seit Jahren „vertrauensvoll“ zusammenarbeiteten, hatte im Okt. 2013 bei sieben Proben Enterokokken detektiert.

„Ein zweites Labor fand hingegen in keiner der über 200 nach dem 7. Oktober genommenen Proben auch nur einen einzigen Keim“,

wunderte sich das OBERBAYERISCHE VOLKSBLATT (OVB) am 12.11.13.

Wegen der widersprüchlichen Analytikergebnisse schalteten die Stadtwerke auch noch ein drittes Labor zur Verifizierung der mikrobiologischen Befunde ein. Das ohnehin angeschlagene Vertrauen in die Stadtwerke wurde auch nicht verbessert, als in den lokalen Medien publiziert wurde, dass die Trübungsmesser in der UV-Anlage nicht zu dieser Anlage passen würden.

„Der Verdacht, vorhandene Trübungen würden nicht richtig angezeigt, sei allerdings unberechtigt“

gab das OVB die diesbezügliche Positionierung der Stadtwerke wieder.

 

Unter der Überschrift „60 Jahre ging alles gut“ rekapitulierte das OBERBAYERISCHE VOLKSBLATT am 18.11.13 das Kontaminationsgeschehen in der Trinkwasserversorgung von Rosenheim:

„Seit 1951 gewinnen die Stadtwerke Trinkwasser aus dem Grundwasservorkommen im Unteren Mangfalltal. Erstmals in der Geschichte dieser Versorgung wurde im Juli 2011 nach heftigen Regenfällen eine Verunreinigung mit coliformen Keimen festgestellt. Drei Monate lang, bis Mitte Oktober, mussten rund 80.000 Menschen im Versorgungsgebiet der Stadtwerke mit gechlortem Wasser leben, dann erneut im Sommer dieses Jahres, als das Hochwasser Wasserleitungen beschädigt hatte. Nach dem angeblichen Fund von Enterokokken, die auf eine Verschmutzung hinweisen, wird nun schon wieder seit fünf Wochen gechlort.“

 

Aufgrund der widersprüchlichen Analyseergebnisse und der Befunde „nach der UV“ konnten die die Stadtwerke fehlerhafte Probenahmen und/oder Fehlmessungen nicht ausschließen. Um dem Mysterium auf die Spur zu kommen, schalteten die Stadtwerke das Karlsruher Technologiezentrum (TZW) des DGVW mit in die Untersuchungen ein. Um keine Risiken einzugehen, wurde das Trinkwasser in Rosenheim während der gesamten Untersuchungs- und Verifizierungskampagen Fall über sieben Wochen gechlort. Zudem wurden die Wasserkonsumenten in Rosenheim und in den mitversorgten Umlandgemeinden wiederum dazu aufgerufen, das Trinkwasser bis zum Wirksamwerden der Chlorung abzukochen.

Letztlich stellte es sich heraus, dass wahrscheinlich die speziell installierten Wasserhähne zur Entnahme der Wasserproben kontaminiert gewesen waren. In den Hanfdichtungen der Wasserhähne hatten sich Keime breit gemacht. Chlorung und Abkochgebot führten zu wütenden Kommentaren der User.

AbonnentInnen des RUNDBR. können kostenlos via nik@akwasser.de eine ausführliche Chronologie der Ereignisse sowie die Auswertung der Userkommentare anfordern. Das Dossier „Rosenheim“ enthält zudem eine Zusammenstellung der Lehren, die man aus der Risiko- und Krisenkommunikation in Rosenheim ziehen kann.


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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