aktualisiert:
15. August 2015

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

 

Umweltausschuss des Europaparlaments:
Wasser raus aus allen Handelsabkommen

 

Bei der unten genannten bundesweiten Sitzung von „Wasser in Bürgerhand“ (wib) war es am Juni 2015 mit Überraschung aufgenommen worden, dass der Ausschuss für Umwelt, öffentliche Gesundheit und Nahrungssicherheit (ENVI) im Europäischen Parlament kurz zuvor die komplette Herausnahme des Wasser und Abwassersektors aus allen Handelsabkommen gefordert hatte.

Die Abgeordneten in Umweltausschuss hatten am 26. Juni 2015 den denkwürdigen Beschluss im Rahmen der Beratungen über die EU-Bürgerinitiative „Right2Water“ (s. RUNDBR. 1014/4) und deren mangelhafte Umsetzung durch die Kommission getroffen. Im Text des - nach einem wirren Hin-und-Her beschlossenen - Antrags heißt es zweimal, dass Wasser- und Abwasser-Dienstleistungen von jedem Handelsabkommen und speziell von TTIP und TiSA ausgenommen sein sollen (siehe Info-Box).

 

EP-Umweltausschuss:
TTIP & TISA
ohne Wasser & Abwasser!

Nachstehend dokumentieren wir die beiden entscheidenden Passagen aus dem Beschluss des Umweltausschusses im EU-Parlament:

"22.    Recognises that, as stated in the WFD, water is not a commodity but a public good that is vital to hu­man life and dignity, and reminds the Commission that Treaty rules require the EU to remain neutral in relation to national decisions governing the owner­ship regime of water undertakings, therefore it should by no means promote the privatisation of water undertakings in the context of an economic adjustment programme or any other EU procedure of economic policy coordination; given that these are services of general interest and are thus mainly in the public interest, calls on the Commission to permanently exclude water and sanitation and wastewater disposal from internal market rules and from any trade agreement, and to provide them at affordable prices, and calls on both the Commission and the Member States to ensure that they are managed technically, financially and administratively in an efficient, effective and transparent manner;” (Herv. MH)

"47.    Stresses that the special character of water and sanitation services, such as production, distribution and treatment, makes it imperative that they be excluded from any trade agreements the EU is negotiating or considering; urges the Commission to grant a legally binding exclusion for water services, sanitation services and waste-water disposal services in the ongoing negoti­ations for the Transat-lantic Trade and Investment Partnership (TTIP) and the Trade in Services Agreement; stresses that all future trade and investment agreements should include clauses on genuine access to drinking water for the people of the third country to which the agreement pertains in line with the Union’s long-lasting commitment to sustainable development and human rights, and that genuine access to drinking water for the people of the third country to which the agreement pertains must be a precondition for any future free trade agreements;" (Herv. MH)

 

 

Wie Markus Henn, Mitarbeiter von WEED, in einer wib-Rundmail schreibt, sei der Beschluss „insbesondere bei Abwasser bemerkenswert“ und möglicherweise folgenreich: Denn der Abwassersektor ist bereits im GATS-Abkommen teilliberalisiert worden: Für Abwasserdienstleistungen gilt bei den GATS-Staaten die sogenannte Inländerbehandlung: Ausländische Unternehmen müssen bei der Ausschreibung von Abwasserdienstleistungen genau so behandelt werden wie inländische Unternehmen. Der EP-Ausschuss fordere also nichts anderes als hinter GATS zurückzugehen, schreibt der WEED-Experte – und wundert sich, ob den Abgeordneten überhaupt bewusst gewesen sei, welchen weitreichenden Beschluss sie da gefasst haben.

Nimmt man den Beschluss des EP-Umweltausschusses für bare Münze, hätte er weiterhin zur Folge, dass es in den derzeit zur Diskussion stehenden Handelsab­kommen eine Generalausnahme für den Wasser- und Abwassersektor geben müsste. Bei den laufenden TTIP-Verhandlungen ist auf französischen Druck hin eine derartige Generalsausnahmen für die audiovisuellen Dienstleistungen bereits vereinbart worden.

Bei CETA gibt es zwar Ausnahmen für Trinkwasser (und auf deutschen Wunsch auch eine Ausnahme für Abwasser). Diese „Listenausnahmen“ haben aber nicht den umfassenden Charakter einer Generalausnahme. Beispielsweise können sich Unternehmen, die ihre Gewinnrealisierungschancen im Wasser- und Ab­wassersektor bedroht sehen, trotz der Listenausnahmen Investor-Staats-Klagen (ISDS) anstrengen. Ob das erfreuliche Votum des EP-Umweltausschusses Bestand haben wird, wird sich in der Plenums-Abstimmung des Europäischen Parlaments zeigen. Ein Abstimmungstermin hierfür stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Bei wib wird derzeit darüber nachgedacht, 1. die Abgeord­neten des Ausschusses zu beglückwünschen und 2. später im Plenum darauf zu drängen, die Beschlusslage des Aus-schusses zu übernehmen. Weitere Auskunft:

Markus Henn (MH), Referent für Finanzmärkte beim WEED e.V. / World Economy, Ecology & Development,
Eldenaer Str. 60
10247 Berlin
www.weed-online.org
Tel. 030-27582-249

markus.henn@weed-online.org

CETA, TTIP & TISA:
Gibt es einen bösartigen Masterplan?

 

Die möglichen Auswirkungen der derzeit diskutierten Handelsabkommen auf den Wasser- und Abwassersektor standen im Mittelpunkt eines bundesweiten Treffens von Aktivisten des Basisnetzwerkes „Wasser in Bürgerhand“ (wib – siehe RUNDBR. 779,1, 765/1, 757/1) am 27. und 28. Juni 2015 beim Ak Wasser in Freiburg.

Diskutiert wurde bei dem Netzwerktreffen u.a. die Frage, ob trotz aller offiziellen Dementis (siehe 1064/1-4) mit den „Freihandelsabkommen“ zielstrebig auf eine Liberalisierung des europäischen „Wassermarktes“ hingearbeitet würde.

Festgestellt wurde u.a., dass man nur über extreme Spitzfindigkeiten und ambitionierte Klimmzüge nachweisen könne, dass über CETA eine Liberalisierung der Wasser- und Abwasserentsorgung angestrebt werde. Einerseits wurde die Ansicht vertreten, dass gar kein „bösartiger Masterplan“ hinter dem Vertragswerk stehen könne – dazu sei das Vertragswerk selbst für Lobbyisten viel zu komplex. Eine zielgerichtete Steuerung in Richtung „Jetzt liberalisieren wir mal den Wassermarkt über zehn Hintertürchen“ sei angesichts der hochkomplexen Struktur des Vertragswerkes gar nicht möglich. Um so viele Ecken könnte selbst der arglistigste Lobbyist nicht denken. Dem wurde widersprochen und die Überzeugung geäußert, dass es im Hinblick auf die Wasser- und Abwasserentsorgung doch „einen bösartigen Masterplan“ geben müsse, an dem insgeheim die transatlantischen Handelsverträge ausgerichtet würden. Gefragt wurde auch, ob wir mit unserer um zehn Ecken gedachten Beweisführung die Freunde der „Wasser-Liberalisierung“ erst auf die richtige Spur führen würden?


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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