aktualisiert:
13. Mai 2015
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WasserInBürgerhand!
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BBU-Wasserrundbrief,
20.3.2015
EU-Binnenmarktdirektion untersucht
Regulierung in der Wasserwirtschaft
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Der Einbezug der Wassersparte in die EU-Dienstleistungskonzessionsrichtlinie (s. RUNDBR. 1014/4) ist dank der Europäischen Bürgerinitiative zum Menschenrecht auf Wasser (s. 1014/4) auf derart breiten Widerstand gestoßen, dass die EU-Kommission im Jahr 2014 erst mal passen musste – allerdings mit der Vorgabe, in fünf Jahren zu überlegen, einen neuerlichen Vorstoß zu unternehmen. Um sich genau auf diesen neuerlichen Vorstoß vorzubereiten, hat die „Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU“ eine Studie über die Regulierung des Wassersektors in ausgewählten EU-Mitgliedstaaten („Assessment of the pattern of provision of water services in selected Member States“) in Auftrag gegeben. Beteuert wird, dass „die Studie nicht das Ziel“ habe, „die Grundlage für weitere Änderungen der Regulierung des Wassersektors zu schaffen“. Zweifel sind angebracht, denn die von der GD Binnenmarkt beauftragte Consultingfirma RAMBOLL in Belgien soll im März 2015 auf der Basis von Interviews mit Sachkennern erurieren,
- wie die Struktur des Wassersektors in Deutschland beschaffen ist,
- wie sich der »Wassermarkt« zwischen privaten und öffentlichen Dienstleistern aufteilt,
- welche ausländischen Dienstleister sich im deutschen Wassersektor tummeln,
- wie die Auftragsvergabe funktioniert,
- wie es um die Trinkwasserqualität und die Wasserpreise bestellt ist,
- wer welche Investitionen tätigt,
- wie die Kontrolle durch die öffentliche Hand erfolgt und welche „Unregelmäßigkeiten wie überhöhte Gebühren und Korruption“ zu verzeichnen sind.
Die Untersuchung wird parallel auch in Spanien, Schweden, Ungarn, Frankreich, Großbritannien und Polen durchgeführt. Die GD Binnenmarkt verspricht sich von der Studie Einblicke in die „kulturellen, politischen und sozialen Aspekte“ die in die EU-Mitgliedstaaten Einfluss auf den Wassersektor haben.
Weitere Auskunft zu den Studieninhalten:
Franziska Lessmann
Consultant European Policy and Economics
Ramboll Management Consulting A/S
Tel.: 0032 2 737 9680
E-Mail: fran@ramboll.com
Internet: www.ramboll.com
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Unser Kommentar
zur
EU-Regulierungsuntersuchung
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Es fällt schwer, daran zu glauben, dass die zuvor genannte Studie NICHT dazu dienen soll, die Grundlage für weitere Regulierungen des Wassersektors zu legen. Alles was die Binnenmarktdirektion seit Ende der 90er Jahre unternommen hat, hat immer auf Regulierung abgezielt - auf Regulierung in dem Sinne, dass der Wassersektor im Binnenmarkt dem "Wettbewerb" geöffnet werden soll. Dieses Anliegen wurde zudem immer von den deutschen Regulierungsfans unterstützt, die wie die Monopolkommission, die Bundesnetzagentur und das Bundeskartellamt dem Wassersektor eine staatliche Regulierung aufs Auge drücken wollten - hier eine Regulierung in dem Sinne, dass zum einen die kommunale Selbstbestimmung über die Wasser- und Abwasserbetriebe und zum anderen die "Selbstverwaltung" der Wasser- und Abwasserbranche (über das DVGW- und DWA-Regelwerk) aufgehoben werden sollte. Dieses Alleinstellungsmerkmal des Wassersektors in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz soll durch einen staatlichen Regulierer (à la Ofwat in England und Wales) ersetzt werden.
Dagegen wäre zu setzen: Eine möglichst weitgehende Transparenz (beispielsweise auch über die Preis- bzw. die Gebührengestaltung der Wasserbetriebe) und eine möglichst weitgehende Partizipation - entsprechend unserem alten Motto: »Bürgerbeteiligung statt Bundeskartellamt!« (siehe RUNDBR. 940/1). Man kann sich dabei an der ISO 24510 (s. 940/4) betrieben eine aktive Informationspolitik empfiehlt - also nicht erst warten bis jemand kommt und Fragen stellt, sondern von sich aus über alle relevante Sachverhalte (von der Preisgestaltung bis zu wichtigen technischen Neuerungen) gegenüber allen interessierten Kreisen kommunizieren. Damit würde dann auch die Basis für eine weitgehende Bürgerbeteiligung in der Siedlungswasserwirtschaft gelegt. Diesen Ansatz könnte die Binnenmarktdirektion unterstützen - anstatt an immer neuen Regulierungsmodellen zu basteln, die zum einen der staatlichen Regulierungswut und zum anderen der Wettbewerbsöffnung dienen sollen. Aber das ist bei der marktliberalen Denke in Brüssel wohl eine blauäugige Hoffnung.
Dass in der oben genannten Studie "vor allem" die wirtschaftlichen Auswirkungen der Regulierung untersucht werden sollen, deutet ja schon darauf hin, wo bei dieser Untersuchung des Pudels Kern liegen soll. In der Brüsseler Denke führt fehlende staatliche Regulierung und fehlender "Wettbewerb" per se zur Unwirtschaftlichkeit. Dem könnte man entgegenhalten, dass der deutsche Wassersektor in der EU
- mit das beste Preis-Leistungs-Verhältnis,
- mit die geringsten Rohrnetzverluste,
- mit die beste Trinkwasserqualität (belegt durch die Trinkwasserqualitätsberichte, die die EU-MS alle drei Jahre in Brüssel abliefern müssen)
- und (noch) das beste Niveau der Substanzerhaltung aufzuweisen hat –
und das gerade, weil es eben nur eine begrenzte staatliche Regulierung (Trinkwasserverordnung, Wasserhaushaltsgesetz, Kommunalabgabengesetz, Gemeindeordnung) und keinen ordoliberalen Wettbewerb gibt. Es ist übrigens bezeichnend, dass Fragen der Substanzerhaltung, der Nachhaltigkeit und der Ökologie in der RAMBOLL-Untersuchung gar keine Rolle spielen.
Was die "Struktur der Auftragsvergabe" betrifft könnte man darauf hinweisen, dass die kommunalen Wasser- und Abwasserbetriebe (insbesondere in strukturschwachen Regionen) mit die größten Auftraggeber für das lokale und regionale Handwerk und Gewerbe darstellen (s. 1054/4). Und genau da findet ein Wettbewerb über Ausschreibungen in großem Umfang statt - bei Überschreitung der Schwellenwerte sogar ein EU-weiter Ausschreibungswettbewerb. Korruption (vor allem im Tiefbaubereich) kommt da zwar gelegentlich vor, gegenüber der institutionalisierten Korruption, die zumindest früher bei den VEOLIA- und SUEZ-Vorläuferkonzernen in Frankreich der Normalfall war, ist das aber in Deutschland noch vergleichsweise harmlos.
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