aktualisiert:
10. Februar 2016
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WasserInBürgerhand!
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BBU-Wasserrundbrief,
15.12.2015
Wasserversorgung Rhein-Main-Region:
Vorwärts in die Vergangenheit
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Ein längst in Vergessenheit geratener Wasserkonflikt ist seit zwei Jahren wieder virulent geworden. Die Schutzgemeinschaft Vogelsberg (SGV) und kooperierende Bürgerinitiativen in Mittelhessen gehen (symbolisch) auf die Barrikaden, um sich gegen eine erhöhte Wasserabgabe für den Großraum Frankfurt zur Wehr zu setzen.
In Frankfurt sollen einige Grundwasserbrunnen geschlossen werden, weil sie nach Meinung der Wasserversorger aufgrund von Altlasten und der herangerückten Bebauung nicht mehr zu schützen sind. Die SGV vermutet, dass man mit dem Wegfall der Wasserschutzgebiete lukrative Immobiliengeschäfte tätigen will. Die Wasserversorger stufen diesen Verdacht als hirnrissig ein – und verweisen darauf, dass die Rhein-Main-Region in Trockenjahren zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit auf einen erhöhten Wasserbezug aus dem Umland angewiesen sein wird.
Wir haben die Probe gemacht, wie bei unbefangenen jungen Menschen die Argumentation der Schutzgemeinschaft einerseits und der HESSENWASSER AG andererseits ankommt. Zwei unserer Praktikanten haben sich die Unterlagen angeschaut – und sind zu völlig unterschiedlichen Wertungen gekommen. Die nachfolgenden konträren Kommentierungen können beiden Seiten helfen, ihre jeweiligen Argumente zu schärfen. Denn die Kommentare machen deutlich, wo die Begründungen der Kontrahenten offensichtlich nicht so ohne weiteres nachvollzogen werden können. Wir stehen natürlich eher auf Seiten der Schutzgemeinschaft. Denn die Flucht ins Umland gleicht der früher praktizierten „Hohe-Schornstein-Politik“, bei der die vor Ort vorhandenen Probleme in die Ferne exportiert, statt gelöst werden.
Die Stellungnahmen der Schutzgemeinschaft finden interessierte LeserInnen auf www.sgv-ev.de/ unter „Aktuelles“.
Dagegen ist für die HESSENWASSER AG klar, dass der Sommer 2015 gezeigt hat, dass man „erkennbar“ an die „Grenzen der Leistungsfähigkeit“ gestoßen sei. Mehr dazu im HESSENWASSER-Magazin „Inside-out“ vom Herbst 2015 – downloadbar unter www.hessenwasser.de
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Egoistisch auf dem Wasserschatz glucken
– Das geht ja gar nicht!
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Die Grundwasserversorgung ist eines der zentralen Probleme der Metropolregion Frankfurt. Frankfurt selbst kann sich nach der Stilllegung einiger kontaminierter Brunnen nicht mehr selbst versorgen und ist dadurch auf die Hilfe des Umlandes angewiesen.
Südlich von Frankfurt befindet sich das wasserreiche Hessische Ried, das selbst mit steigendem Grundwasser Probleme hat. Dies betrifft sowohl die Landwirtschaft, als auch die Hausbesitzer. Damit also die Keller trocken und die Äcker fruchtbar bleiben, muss ständig das Grundwasser abgepumpt werden. Das ist zum Vorteil für Frankfurt, da die Metropole aus dem Südhessischen Ried ihren Wasserbedarf decken kann. Jedoch nicht in sehr heißen Phasen im Jahr, denn hier kann kein weiteres Wasser entnommen werden, da sonst die Forstflächen mit zu wenig Wasser versorgt sind. Das führt zu einem Waldsterben.
Ein weiterer Ansatzpunkt war, den Wasserverbrauch durch Wassersparkampagnen zu reduzieren. Dies ist in Frankfurt mit beachtlichem Erfolg gelungen. Aber an eben diesen heißen Tagen kann sich Frankfurt auch durch weiteres Wassersparen nicht selbst versorgen.
Die einfachste Lösung, dieses Problem zu beseitigen, ist eine stärkere Grundwasserentnahme aus der nördlichen Region. Genauer gesagt aus der Region um den Vogelsberg. Die Mittelhessen wehren sich allerdings strikt gegen eine höhere Entnahme, da sie Naturschutzgebiete bedroht sehen. Außerdem wollen sie nicht die Fehler, die Frankfurt bei der Brunnenstilllegung begangen hat, ausbügeln müssen. Die Vogelsberger Schutzgemeinschaft hat die Einführung von Grenzgrundwasserständen erreicht. Diese zeigen an, bis zu welchem Niveau Wasser entnommen werden darf und ab wann die Entnahmen gedrosselt beziehungsweise komplett abgestellt werden müssen. Das bedeutet, ihre Naturschutzgebiete werden weiterhin mit genügend Wasser versorgt.
Deshalb ist es unsinnig, der HESSENWASSER AG (ein Zusammenschluss der Mainova AG, der HSE AG und dem Zweckverband Riedwerke Groß-Gernau) weitere Wasserentnahmen zu verbieten oder gegen diese anzukämpfen. Die Ziele der Schutzgemeinschaft sind somit sehr egoistisch und gegen den Allgemeinwillen der ganzen Region gerichtet. Man muss ihr Engagement für den Naturschutz hervorheben, doch sie müssen sich auf einen Kompromiss einigen, damit alle Menschen im Rhein-Main-Gebiet mit ausreichend Trinkwasser versorgt werden können
-ss-
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Einfach mal in der Rhein-Main-Region
das Trinkwasser abschalten
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Das in den 1960ern geplante Verbundnetz nähert sich seiner Fertigstellung. Damit sind im Rhein-Main-Gebiet mit seiner Metropole Frankfurt in Normaljahren alle Verbraucher sicher mit Trinkwasser versorgt. Dabei ist man jedoch bis auf Weiteres auf das Dargebot vom Vogelsberg und dem Hessischem Ried abgängig.
Im Bereich des Vogelsberg hat die Schutzgemeinschaft die Einhaltung von Naturschutz im Konzept zur umweltschonenden Wassergewinnung festschreiben können. Dagegen leidet das Hessische Ried weiterhin unter Grundwasserhoch- und -niedrigständen, je nach Bedarfslage und Witterung. Die Situationsanalyse der Wasserversorger sieht besonders bei trockenheißen Wetterperioden zukünftig einen Mehrbedarf. Dieser entsteht in der Metropolregion durch verstärktes Bevölkerungswachstum mit entsprechenden Bedarfsspitzen und dem Klimawandel. Liefern kann hier nur das Ried, da der Vogelsberg dann meist selbst wenig liefern kann. In dieser unsicheren Zukunftslage Brunnen in Frankfurt zu schließen, ist fahrlässig.
Die Gründe für die Aufgabe sind die Verschlechterungen der Wasserqualität durch Eintrag von Nitrat durch die Landwirtschaft, Verkehrsbauten der Bahn und des Flughafens sowie durch Flächennutzung der Erneuerbaren Energien. Hier ist ganz klar die Politik schuld. Die Wasserbewirtschaftung fand nicht genügend Beachtung bei der Erstellung des Entwicklungsplans. Auch die unzureichende Ausweisung von Wasserschutzgebieten spielt hier eine Rolle und ist als Folge jahrelanger Verfehlung zu sehen. Aus den Verunreinigungen folgen höhere Kosten bei der Trinkwasseraufbereitung. Die Umlegung dieser Kosten auf die Preise ist durch die Kartellbehörde beschnitten worden. Damit ist es nicht mehr wirtschaftlich, Brunnen in der Metropole zu betreiben.
Die Wasserversorger schauten im letzten Jahrhundert schon einmal besorgt in die Zukunft und wurden dann von den Einsparungen der Bürger überrascht. Wenn der damalige Wassersparwillen der Frankfurter so weiter gehen würde, könnte dem Wachstum und der Klimaentwickulung durch eine weitere Senkung des Pro-Kopf-Verbrauchs begegnet werden, bis der Demographiefaktor wirksam wird. Das kann aber nicht bedeuten, dass die Wasserversorgung unproblematisch bleibt. Vielmehr muss der Grundwasserreinhaltung wieder mehr Gewicht in Planungen beigemessen werden.
Die Kosten für Trinkwasseraufbereitung könnten über einen „Versiegelungspfennig“ für die Nutzung der Wasserflächen durch Verkehr, Wohnbebauung und Landwirtschaft eingepreist werden. Das nötige politische Kapital könnte man durch das Abschalten der Wasserförderung beim ersten Versorgungsnotstand sammeln. Und solange keine zweite Leitung vom Hessischen Ried aus besteht, kann der schnell eintreten.
-se-
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Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
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