aktualisiert:
12. April 2016
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WasserInBürgerhand!
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BBU-Wasserrundbrief,
26.3.2016
Legionellenausbruch
Ulm, Warstein – und jetzt Bremen?
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In Bremen grassierte seit Anfang Februar 2016 eine Legionellen-Erkrankungswelle: 20 schwere Fälle von Legionellose, darunter ein Todesfall, sind bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe des WASSER-RUNDBRIEFS registriert worden. Die Ursache der Erkrankungsfälle ist immer noch nicht gefunden worden. Unter Druck ist deshalb Monika Lelgemann, Leiterin des Gesundheitsamts in Bremen, geraten. Wie bei den Legionellen-Epidemien in Ulm (s. RUNDBR. 1029/3-4) und in Warstein (s. 1047/2-3) vermuten Experten den Legionellenherd in Rückkühlanlagen bzw. in Klimaanlagen.
Aber erst seit dem 10. März 2016 sind die einschlägig verdächtigen Betriebe per Allgemeinverfügung auf Grundlage des Bundesimmissionschutzgesetzes verpflichtet worden, ihre Rückkühlanlagen zu melden. Unternehmen, die solche Einbauten nicht melden, droht das Gewerbeaufsichtsamt mit einem Bußgeld in Höhe von 50.000 Euro und mit der Stilllegung der Anlage. Zuvor hatten die Behörden auf Freiwilligkeit gesetzt und eine Telefon-Hotline für private Hinweisgeber und Betriebe eingerichtet. Viele Bürger, aber nur zwei Firmen, hätten sich gemeldet. Auch auf die Allgemeinverfügung hatten bis zum 17. März nur elf Firmen mit einer Meldung reagiert.
Ein umfangreicher Fragen-Antworten-Katalog zur Legionellengefährdung in Bremen kann auf der Homepage des Gesundheitsamtes unter
http://www.gesundheitsamt.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen125.c.15865.de
nachgelesen werden. Die Medienmitteilungen der Bremer Gesundheitssenatorin zur aktuellen Legionellenkrise finden sich unter
http://gesundheit.bremen.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen69.c.16408.de
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Bremen:
Legionellenausbruch
schon im November 2015
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Um die Bremer Bevölkerung nicht zu beunruhigen, waren die zuständigen Behörden erst Anfang März 2016 an die Öffentlichkeit gegangen. Bis dahin waren schon 16 schwere Krankheitsfälle und ein toter Patient registriert worden.
„Bei ihrem Gang an die Öffentlichkeit am 4. März hatten die Behördenvertreter eingeräumt, dass es im November bereits eine Serie schwerer Krankheitsfälle gegeben hatte. 19 Menschen erkrankten damals, einer starb“
informierte der WESER-KURIER am 11.03.16. In allen Fällen im November 2015 und jetzt im Februar/März 2016 konnte der gleiche Legionellenstamm nachgewiesen werden. Deshalb geht man im Gesundheitsamt von einem gemeinsamen Infektionsherd aus.
„Allerdings: Trotz intensiver Suche, 44 Probenentnahmen in 16 Betrieben haben bislang nicht zum Erfolg geführt. (…) Aufgrund der Patientenbefragungen und anderer Ergebnisse vermuten die Fachleute die Quelle im Bremer Westen“,
schrieb der WESER-KURIER. Die Zahl von Betrieben mit Rückkühlanlagen sei von der Gewerbeaufsicht auf etwa 100 Unternehmen geschätzt worden. Bislang waren diese Anlagen nicht meldepflichtig gewesen. Mitarbeiter der beteiligten Behörden müssen jetzt in mühseliger Kleinarbeit ein Kataster mit allen Betrieben erstellen. Dazu werden auch Unternehmen und Handwerksbetriebe telefonisch kontaktiert, die Rückkühlanlagen und große Klimaanlagen installieren. Ferner wurden Befliegungen mit dem Hubschrauber unternommen, um an Hand von Luftbildaufnahmen noch nicht erfasste Rückkühlanlagen entdecken zu können. Der WESER-KURIER berichtete auch über Patientenbefragungen:
„Außerdem werden Patienten ausführlich befragt. Wo arbeiten sie? Waren sie womöglich alle in einem bestimmten Schwimmbad, Fitnessstudio, einer Blumenschau?“
Befragt wurden auch die Patienten, die schon im Nov. 2015 erkrankt waren. Da sich in den Bewegungsprofilen keine übereinstimmenden Aufenthaltsorte wie Schwimmbäder, Saunen oder Blumenschauen ergeben hätten, konzentriere sich der Verdacht auf ein Rückkühlwerk.
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Immer noch keine bundesweite
Meldepflicht für Rückkühlanlagen
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Wie bei den großen Ausbrüchen in Ulm im Jahr 2010 und in Warstein im Jahr 2013 (s. Hyg.-Newsletter vom Sept. und Nov. 2013) ist jetzt auch in Bremen Prof. Martin Exner vom Hygiene-Institut in Bonn in die Ermittlungen zur Ursache der Legionellen-Epidemie eingeschaltet worden. Exner nahm die Epidemie im Bremer Westen erneut zum Anlass, um Kritik an der mangelhaften Regulierung in Deutschland zu üben:
"Es gibt bislang keine Meldepflicht für solche Anlagen. Die zuständigen Behörden haben keine Möglichkeit, auf einen Knopf zu drücken, und es erscheinen sofort alle relevanten Rückkühlanlagen. Dies wäre extrem hilfreich für das Management eines solchen Ausbruchs. Wir haben schon unmittelbar nach einem großen Ausbruch in Ulm 2010 eine Meldepflicht für Rückkühlanlagen eingefordert. Ähnlich wie das in anderen europäischen Ländern schon damals der Fall war,"
zitierte Radio Bremen am 07.03.16 den Legionellen-Experten. Die Bremer Gesundheitssenatorin stellte in einer Medienmitteilung vom 04.03.16 in diesem Zusammenhang klar, dass das Bundesland Bremen es „begrüße“, dass das Bundesumweltministerium im Januar 2016 endlich den Referentenentwurf für eine Bundes-Immissionsschutzverordnung vorgelegt habe. Darin werde geregelt, dass Betreiber von Rückkühlanlagen diese künftig vor der Inbetriebnahme melden müssten.
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Bremer Legionellenwelle abgeflaut
– Ursache weiterhin unklar
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Mitte März 2016 war die Legionellen-Epidemie in Bremen wieder abgeklungen. Neue Krankheitsfälle konnten nicht mehr registriert werden. Allerdings war Ende März noch ein dritter Bremer der Krankheit erlegen. Insgesamt hatte die Epidemie vom Nov. 2015 und im Febr./März 2016 zu 41 Erkrankungen geführt. Wie bereits im November 2015 war es nicht gelungen, den Infektionsherd zu ausfindig zu machen. Insofern besteht die Gefahr, dass die Epidemie jederzeit wieder aufflammen kann. Zur mühsamen Ursachensuche teilte die Pressestelle des Bremer Senats am 17.03.16 Folgendes mit:
„Neben der Konzentration auf Rückkühlanlagen wurde weiterhin parallel nach anderen Ursachen für die möglichen Legionellenherde gesucht. Dazu zählen Gewächshäuser, Autowaschanlagen und Straßenkehrmaschinen. Auch werden Kanalbauarbeiten überprüft sowie der Möglichkeit nachgegangen, dass es sich bei der Ursache um Schiffsimmissionen handeln könnte. All diese Möglichkeiten werden geprüft, auch wenn es unwahrscheinlich erscheint, dass sie als Quellen in Frage kommen.“
Das nach wie vor schleppende Meldeverhalten der Betreiber von Rückkühlwerken hatte die Bremer Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) am 23.03.16 zu einem fast schon verzweifelten Aufruf veranlasst:
„Wir brauchen dringend diese Informationen, um zu verhindern, dass weitere Menschen erkranken. Je eher wir Auskunft darüber haben, desto besser können wir die Bremer Bürger schützen.“
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Legionellen auch in
Delmenhorst und Norderney
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Zwei weitere Legionellenfälle konnten Anfang März 2016 im benachbarten Delmenhorst bestätigt werden. Wie der dortige Amtsarzt Helge Schumann mitgeteilt hatte, habe man die Fälle in Delmenhorst auch an das Gesundheitsamt in Bremen gemeldet: Einer der Patienten sei in Bremen beschäftigt gewesen. „Wir gehen davon aus, dass die Ursachen nicht in Delmenhorst zu finden sind“, zitierte der WESER-KURIER den Amtsarzt in Delmenhorst.
Über Legionellenerkrankungen in einem Hotel in Norderney hatte der WESER-KURIER bereits am 02.03.16 berichtet. In dem Hotel hätten sich seit 2008 acht Hotelgäste wegen der Legionellenbelastung infiziert. Bei einer jetzt durchgeführten Gefährdungsanalyse sei von einem externen Gutachter entdeckt worden, dass „fehlende Rückschlagsventile im Leitungssystem des Hotels als Ursache“ in Frage kommen würden. Das Leitungssystem und die Armaturen habe man daraufhin thermisch desinfiziert. Das Hotel musste zeitweilig geschlossen werden. Wie der WESER-KURIER am 10.03.16 berichtete, konnte das Hotel nach den Desinfektionsmaßnamen wieder geöffnet werden. Geschlossen sei allerdings noch die Dampfsauna. Inzwischen wurde ein weiterer Legionellenfall aus Niedersachsen gemeldet. Lt. Medienberichten vom 23.03.16 werde geprüft ob es einen Bezug zu den Bremer Erkrankungen geben könnte und um welchen Legionellenstamm es sich handele.
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