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30. Mai 2017

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 24. April 2017

Toxizität: Welche Stoffe
im Trinkwasser sind verdächtig?

 

Welche Stoffe im Trinkwasser einer ökotoxikologischen Bewertung bedürfen, war Schwerpunktthema in der dritten Ergänzungslieferung der Loseblattsammlung „Trinkwasser aktuell“ vom Dez. 2015. Dabei wird u.a. auch erläutert, vor welchen Schwierigkeiten die „regulatorisch verantwortlichen Toxikologen“ stehen, wenn sie neu im Trinkwasser ent deckte Stoffe oder Stoffgruppen mit Attributen wie „gesundheitlich riskant“ oder gar „gesundheitsschädlich“ versehen sollen – siehe Kasten.

Um das diffizile Problem halbwegs lösen zu können, wurde inzwischen ein ganzes Arsenal an Werten eingeführt, die in der Öffentlichkeit zu einem Höchstmaß an Verwirrung und Verunsicherung führen. Selbst Fachleute verlieren da gelegentlich den Überblick. In der 3. Ergänzungslieferung werden die unterschiedlichen Werte aufgedröselt und ins Detail gehend erklärt – als da u.a. sind:

  • die Referenzdosis (Rfd): Die Dosis, bei der beispielsweise eine Zunahme von bösartigen Tumoren gerade noch (nicht) zu beobachten ist.
  • das akzeptable Zusatzrisiko ZRa: In der deutschen Trinkwasserversorgung gilt ein zusätzlicher Toter pro eine Million Trinkwasserkonsumenten als akzeptabel
  • die Maßnahmenhöchstwerte (MHW) des Umweltbundesamtes (UBA): Der Wert, ab dem eine „hinreichende Wahrscheinlichkeit“ besteht, dass die exponierte Person gefährdet werden könnte.
  • der gesundheitliche Orientierungswert (GOW), der als vorläufiger Platzhalter vom UBA festgesetzt wird und der so lange gilt, bis zusätzliches Wissen es erlaubt, einen „dann sehr wahrscheinlich höheren, allenfalls jedoch gleich hohen gesundheitlichen Leitwert“für einen neu analysierten Trinkwasserinhaltsstoff festzulegen.

Dabei reicht die fünfstufige GOW-Skala von 0,01 µg/l für vermutlich ultra-gefährliche Trinkwasserinhaltsstoffe bis zu 3,0 µg/l für wahrscheinlich vergleichsweise harmlose Substanzen.

Wie man die GOW-Werte ableitet und welche Probleme bei einer sehr dünnen Datenlage auftauchen können, wird in der 3. Erg.Lfg. in aller Ausführlichkeit erörtert. Wer in Gesundheitsämtern oder bei Wasserversorgern mit den GOW zu tun hat, findet hier die ultimativen Hintergrundinformationen!

Die Gesundheitlichen Orientierungswerte wurden auch einer breiterenÖffentlichkeit bekannt, als es um die perfluorierten Verbindungen (PFC) im Trinkwasser an der oberen Ruhr ging oder wenn man es mit der Einstufung der „pflanzenschutzrechtlich nicht relevanten Pestizidmetaboliten“ (s. RUNDBR. 1096/1) zu tun hat.

 

Fragen, über die Trinkwasser-Toxikologen
grübeln

„In welcher Beziehung stehen die aufgenommene Stoffmenge (die tägliche ‚Dosis‘), das Produkt aus Dosis und Dauer ihre Aufnahme, Wirkungsverzögerungen, Toleranzphänomene, physischer und psychischer Art, Reversibilität/Irreversibilität, Alter, Entwicklungsstand, Art der Ernährung, das Zusammenwirken unterschiedlicher Stoffe, biologische Variabilität ihrer Wirkung zu deren Ausprägung oder auch nur Beobachtbarkeit, um ihr eins der entscheidend wertenden Attribute gesundheitlich „duldbar“,„schädlich“ oder „riskant“ zuzusprechen zu können? Unter welchen Voraussetzungen darf ein Toxikologe experimentelle Einzelerkenntnisse verallgemeinernd auf ‚den‘ (welche?) Menschen und dessen individuell höchst unterschiedliche und kaum beeinflussbare Expositionssituation extrapolieren, um dem Ergebnis der Extrapolation die An- oder Abwesenheit einer
Gesundheitsgefährdung bzw. eines Risikos zuzuordnen.“


 

Toxizität: Arsen, Nickel, Pestizide
und Biozide im Trinkwasser

 

Neu gefasst wurde in der 3. Erg.Lfg. von „Trinkwasser aktuell“ das Kapitel über die chronische Toxizität von Arsen. Ferner wird auf 10 Seiten darüber informiert, wie man Nickel im Trinkwasser zu bewerten hat. Bemerkenswert ist, mit welchem Nachdruck in dem neu aufgenommenen Pestizid-Kapitel (24 S.) der niedrige Vorsorgewert von 0,1 µg/l verteidigt wird. Gelegentlich wird argumentiert, Pestizidgrenzwerte im Trinkwasser „wissensbasiert“ – also an Hand toxikologisch abgeleiteter Höchstwerte - festzusetzen. Dem wird in „Trinkwasser aktuell“ u.a. die Position entgegengesetzt, dass „aus Sicht der gesundheitlichen Vorsorge (…) die gesundheitliche Verträglichkeit und Akzeptanz von Trinkwasser nicht vom unsicheren und oft langwierigen Ausgang allfälliger Fachdiskussionen abhängen“ dürfe.

In dem neuen Kapitel über biozide Stoffe (22 S.) wird vor allem auf die Biozide eingegangen, die zur Desinfektion des Trinkwassers eingesetzt werden. Dabei sei es eine Gratwanderung, einerseits entsprechend dem Minimierungsgebot der Trinkwasserverordnung so wenig wie möglich Desinfektionsmittel einzusetzen und andererseits die Minimierung mikrobiologischer Risiken sicherstellen zu können.

Zur Basislieferung, den Preisen und den Verlagshinweisen, der digitalen Fassung sowie zu den ersten beiden Ergänzungslieferungen siehe die Rezensionen in den RUNDBR. 1052/1-3, 1039/3 und 1070/1-2.

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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