Passend zum Weltwassertag am 22. März 2018 titelte die Stuttgarter Zeitung „Wasserversorger zeigen Land in Brüssel an“. Gemeint war die Landeswasserversorgung, die aus dem Karst der Schwäbischen Alb und aus dem Donauried unterhalb von Ulm drei Millionen Menschen im Ostwürttembergischen mit Trinkwasser versorgt. Die Geschäftsführung der Landeswasserversorgung war beim Umwelt- und beim Landwirtschaftsministerium immer wieder vorstellig geworden, um darauf hinzuweisen, dass - im Gegensatz zu vielen anderen Landesteilen - in ihren Wasserschutzgebieten die Nitratkonzentrationen nicht zurückgehen, sondern eher noch ansteigen. Im Interesse des Grundwasserschutzes hat sich die Landeswasserversorgung nie gescheut, den Ministerien notfalls auch kräftig gegen das Schienbein zu treten. Gedeckt war das Vorgehen der Geschäftsführung durch die Verbandsversammlung, in der über 100 Gemeinden (darunter auch die Landeshauptstadt Stuttgart) über den Kurs der Landeswasserversorgung bestimmen.
Auf Grund der massiven Beschwerden der Landeswasserversorgung sahen sich im Jahr 2015 der noch amtierende grüne Umweltminister, Franz Untersteller, und der damalige grüne Landwirtschaftsminister, Alexander Bonde, genötigt, mit dem damaligen Vorsitzenden der Verbandsversammlung, dem Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (ebenfalls Grüne) einen Vertrag zur Nitratreduzierung zu unterzeichnen. In dem Vertrag verpflichteten sich die Minister, alles dafür zu unternehmen, dass innerhalb von 15 Jahren die Nitratkonzentrationen im Rohwasser der Landeswasserversorgung auf 30 mg/l absinken würden.
Aber auch nach mehrmaligem Wink mit dem Zaunpfahl hatte die Landeswasserversorgung den starken Eindruck, dass die Ministerien in Stuttgart in Untätigkeit verharren würden. Die Landeswasserversorgung beschwerte sich daraufhin bei der EU-Kommission über die grün geführte Landesregierung in Stuttgart.
Das baden-württembergische Landwirtschaftsministerium, dem inzwischen der CDU-Politiker Peter Hauk vorsteht, konterte die Vorwürfe der Landeswasserversorgung: Mit ihren Interventionen in Brüssel würde die Landeswasserversorgung die Anstrengungen zu mehr Grundwasserschutz in ihren Einzugsgebieten unterlaufen. Die Landeswasserversorgung spiele „eine sehr unglückliche Rolle“.
Diese Kritik ist im Sept. 2017 vom neuen Verbandspräsidenten, dem Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger (SPD), vehement zurückgewiesen worden. Mit solchen Vorwürfen werfe das Ministerium „Nebelkerzen“, um die eigene Untätigkeit zu verbergen: „Das Land unternimmt nichts, um das Ziel [einer Nitratminderung] zu erreichen.“ Und der technische Geschäftsführer der Landeswasserversorgung, Prof. Dr. Frieder Haakh, setzte im Hinblick auf die Kritik an der Petzerei in Brüssel nach: Der Inhalt der Beschwerden in Brüssel sei der Landesregierung bekannt. Schließlich habe man oftmals die Kritik direkt bei den Stuttgarter Ministerien vorgebracht. „Wir haben also nichts Exklusives nach Brüssel gemeldet.“
Auf den Nitratanstieg weist die Landeswasserversorgung aufgrund erster „Nitratsprünge“ in den Jahren 1988 und 1994 in der Fachpresse schon seit 1996 hin – s. RUNDBR. 404/3. Mehr über den langjährigen Clinch der Landeswasserversorgung mit den Stuttgarter Ministerien im RUNDBR. 1056/3-4.
In EUWID 32/2017 vom 08.08.17 werden heftige Vorwürfe der beteiligten Stuttgarter Ministerien an der Landeswasserversorgung zitiert. Sinngemäß wurde erklärt, dass die Landeswasserversorgung völlig unbegreiflicherweise mit ihrem destruktiven Konfrontationskurs sowohl die Grundwassersanierung im Donauried als auch die Notifizierung der vorgesehenen Beihilfen in Brüssel (siehe Kasten auf S. 1) hintertreiben würde.
Ausstehende EU-Notifizierung blockiert
Grundwasserschutz im Donauried
In der Folge des 2015 abgeschlossenen Vertrages zwischen den Ministerien und der Landeswasserversorgung formierte sich eine gemeinsame Arbeitsgruppe. Ihr Ziel lt. Stuttgarter Zeitung:
„Zusammen mit den Landwirten wolle man freiwillige Maßnahmen entwickeln, die über die bisherigen Vorgaben für den Grundwasserschutz hinausgingen. Aus einem neuen Fördertopf wollte das Land dafür jährlich gut eine Million Euro zur Verfügung stellen.“
Doch in Brüssel habe man man eine unzulässige Subvention gewittert, zusätzlich zu den Millionen aus der baden-württembergischen Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung („Schalvo“). Aus der Schalvo beziehen die Landwirte in nitratbelasteten Wasserschutzgebieten ohnehin schon Fördergelder – dafür, dass sie weniger grundwasserschädlich wirtschaften. Wegen einer wettbewerbswidrigen Doppelsubventionierung für die Donauriedbauern hat Brüssel das spezielle Förderprogramm im Donauried (noch) nicht „notfiziert“ (abgesegnet). Und ohne Notifizierung darf aus Stuttgart kein Zusatzgeld an die Landwirte im Donauried fließen. Solange die Notizierung in der Schwebe ist, wurden die Sitzungen der gemeinsamen Arbeitsgruppe ausgesetzt.
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