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18. Juni 2018

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 4. April.2018

EU-Kommission:
Trinkwasser
statt Flaschenwasser!

 

Am 1. Febr. 2018 hat die EU-Kommission einen Entwurf für eine Neufassung der alten EG-Trinkwasserrichtlinie (98/83/EG) vorgelegt. Die EU-Kommission geht davon aus, dass die Novelle der Trinkwasserrichtlinie bei den BürgerInnen der EU das Vertrauen in die Qualität des Trinkwassers merklich stärken wird. Das werde voraussichtlich bewirken, dass die BürgerInnen deutlich weniger Flaschenwasser konsumieren würden. Die angestrebte Reduktion des Flaschenwasserverbrauchs würde auch dem Bestreben der EU entsprechen, Treibhausgasemissionen und die Vermüllung der Meere zu minimieren. Soweit die Umsetzung der novellierten Trinkwasserrichtlinie zu „geringfügigen Mehrkosten für Privathaushalte“ führen werde, würden sich die Mehrkosten „durch das Trinken von Leitungswasser anstelle von Flaschenwasser ausgleichen“ lassen, heißt es in der Begründung zum Entwurf der neuen Trinkwasserrichtlinie.

Der Umstieg von Flaschenwasser auf Trinkwasser lasse sich noch weiter fördern, wenn die Wasserversorger stärker den Preisvorteil von Trinkwasser gegenüber Flaschenwasser herausstreichen würden (siehe Erwägungsgrund 20 im Richtlinienentwurf). Zudem sollten mehr Trinkwasserspender aufgestellt und öffentlich zugängliche Brunnen installiert werden.

In einer von der EU-Kommission in Auftrag gegebenen Analyse über die Wirkungen und die Effizienz der neuen Richtlinie („Impact-Analyse“) wird geschätzt, dass die Richtlinie im Vergleich zum Jahr 2015 zu einer Reduktion des Flaschenwasserkonsums um 17 Prozent führen wird. Dadurch müssten die KonsumentInnen in der EU pro Jahr etwa 600 Millionen Euro weniger Geld ausgeben, um ihren Durst zu löschen.

In den Medien kam dieser Aspekt des Richtlinienentwurfs gut an. Beispielsweise titelte die Stuttgarter Zeitung am 02.02.18 „Lob des Leitungswassers“ und schrieb von einer „Charmeoffensive für das Leitungswasser“.

Water Safety Plan:
Stärkung des Vorsorgeprinzips

 

Im Hinblick auf die Durchsetzung des Vorsorgeprinzips ist es bemerkenswert, dass der bisherige Erwägungsgrund 8 aus der Trinkwasserrichtlinie gestrichen werden soll. In der bisherigen Richtlinie war im Erwägungsgrund 8 einerseits zu lesen:

Damit die Qualitätsnormen für Trinkwasser durch die Versorgungsunternehmen eingehalten werden können, sollte durch geeignete Gewässerschutzmaßnahmen die Reinhaltung von Oberflächen- und Grundwasser sichergestellt werden.“

Unmittelbar danach hat es dann aber geheißen:

Dasselbe Ziel kann durch geeignete Aufbereitungsmaßnahmen erreicht werden, die vor der Bereitstellung des Wassers angewandt werden.“

Das konnte man dahingehend interpretieren, dass vorsorgender Gewässerschutz auch durch „geeignete Aufbereitungsmaßnahmen“ ersetzbar sei. Jetzt soll das Konzept des Water Safety Plans (s. RUNDBR. 1041/2) zur Grundlage der Trinkwasserrichtlinie gemacht werden – und mit der damit verbundenen Gefährdungsanalyse vom Trinkwassereinzugsgebiet bis zum Wasserhahn wird das Vorsorgeprinzip deutlich gestärkt. In dem neu eingefügten Erwägungsgrund 9 wird dazu erklärt:

Die Gefahrenbewertung sollte darauf ausgerichtet sein, den für die Gewinnung von Wasser für den menschlichen Gebrauch erforderlichen Umfang der Aufbereitung zu verringern, indem beispielsweise die Belastungen reduziert werden, die zur Verunreinigung von Wasserkörpern führen, denen Wasser für den menschlichen Gebrauch entnommen wird. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten Gefahren und mögliche Verunreinigungsquellen im Zusammenhang mit diesen Wasserkörpern ermitteln und die Schadstoffe überwachen, die sie beispielsweise wegen der ermittelten Gefahren (z. B. Mikroplastik, Nitrate, Pestizide oder (…) Arzneimittel), wegen ihres natürlichen Vorkommens im Entnahmegebiet (z. B. Arsen) oder aufgrund von Informationen der Versorgungsunternehmen (z. B. plötzlicher Anstieg eines Parameters im Rohwasser) für relevant erachten. Diese Parameter sollten als Anzeiger dienen, die Maßnahmen der zuständigen Behörden auslösen, um in Zusammenarbeit mit Versorgungsunternehmen und Interessenträgern die Belastung der Wasserkörper zu mindern (z. B. Präventions- und Minderungsmaßnahmen (…), diese Wasserkörper zu schützen und gegen die Verunreinigungsquelle vorzugehen.“

WSP: Präventionsmaßnahmen
im Entnahmegebiet erforderlich

 

Der „risikobasierte Ansatz zur Sicherheit in der Trinkwasserversorgung“ – mithin das Konzept des Water Safety Plans (WSP) - wird sich in der Neufassung der Richtlinie in den Artikeln 7 bis 9 finden. In der Detailbegründung zum neugefassten Art. 8 heißt es:

Je nach Ergebnis der Gefahrenbewertung und der Überwachung können die Mitgliedstaaten anschließend folgende Maßnahmen treffen:

  • Freistellung von Versorgungsunternehmen von weiterer Aufbereitung und/oder Überwachung oder Verpflichtung von Versorgungsunternehmen, eine weitere Aufbereitung und/oder Überwachung vorzunehmen,

  • Präventionsmaßnahmen zum Schutz des Entnahmegebiets,

  • Schutzmaßnahmen an der Verschmutzungsquelle, einschließlich Forschungsarbeiten zum Verständnis der Auswirkungen, beispielsweise von Mikroplastik, auf aquatische Ökosysteme und die menschliche Gesundheit, und Herausarbeitung von Lösungen zur Minderung etwaiger Risiken.“

Wichtig für Gesundheitsämter ist die in der Präambel zur neuen Richtlinie enthaltene Aussage, dass der risikobasierte Ansatz „einen kontinuierlichen Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden und den Versorgungsunternehmen“ gewährleiste.

In Art. 9 werden sich künftig die Bestimmungen zur risikobasierten Anpassung der Probennahmehäufigkeit (RAP) finden. Die im Jahr 2015 eingeführten RAP-Bestimmungen waren bislang in Anhang II der Richtlinie untergebracht gewesen. Die Übernahme der RAP in die Trinkwasserverordnung ist kürzlich erfolgt (siehe RUNDBR. 1124/3-4).

Damit wird auch über diesen Weg das Vorsorgeprinzip gestärkt. Dies geschieht zudem, weil der Entwurf zur neuen Trinkwasserrichtlinie an verschiedenen Stellen Bezug auf die EG-Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG) nimmt. Die Begründung zum Richtlinienentwurf hebt u.a. auf Art. 11 der Wasserrahmenrichtlinie ab. Danach sind die Mitgliedsstaaten der EU verpflichtet, Maßnahmenprogramme aufzustellen, „die auch Maßnahmen zum Schutz von Trinkwasserentnahmegebieten umfassen“
(s. nächste Notiz).

Trinkwasserrichtlinie mit Wasser-
rahmenrichtlinie verknüpfen

 

Im Fokus der bisherigen EG-Trinkwasserrichtlinie aus dem Jahr 1998 war die Wasserversorgung vom Wasserwerk bis zum Eingang der Hausinstallation gestanden. Der vorsorgende Schutz der Rohwasserressourcen war demgegenüber kein Ziel der Trinkwasserrichtlinie. „Im Interesse des Verursacher- und Vorsorgeprinzips“ soll diese „Lücke“ jetzt mit der Novelle der Richtlinie geschlossen werden. Die Trinkwasserrichtlinie wird in Art. 8 künftig Bezug auf die EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) nehmen. Dort sind u.a. Gebote zur Überwachung von „Wasserkörpern“ enthalten, die der Trinkwassergewinnung dienen.

Die beabsichtigte Verknüpfung zwischen der Trinkwasser- und der Wasserrahmenrichtlinie soll von zuvor in diesem RUNDBR. genannten Water Safety Plan (WSP) flankiert werden. Damit könne künftig „ein vollständiger Wassergovernance-Zyklus gewährleistet“ werden, so die Begründung zum Vorschlag der Neufassung der Trinkwasserrichtlinie. [Die Verknüpfung mit der WRRL ist unseres Erachtens aber kein Instrument mit großer Durchschlagskraft. In den teilweise mehreren 1000 Quadratkilometer großen „Grundwasserkörpern“, die zur Umsetzung der WRRL ausgewiesen worden sind, verlieren sich die meisten Trinkwasserschutzgebiete; Anm.: BBU.]

Um kleine Wasserversorger (unter 500 m3/d) nicht zu überfordern, soll diesen mehr Zeit für die Implementierung des WSP eingeräumt werden.

Von großen Versorgungsunternehmen wird erwartet, dass sie den risikobasierten Ansatz innerhalb von drei Jahren anwenden; kleine Versorger verfügen über eine Frist von sechs Jahren“,

heißt es hierzu in der Novellenbegründung.

Neue Trinkwasserrichtlinie:
Dreimal-drei-Jahre-Karenz soll fallen

 

Nach der alten EG-Trinkwasserrichtlinie war es möglich, bei „Abweichungen vom Parameterwert“ – also bei Grenzwertüberschreitungen - Toleranz walten zu lassen (s. Art. 9). Wenn man gegenüber der EU-Kommission eine gute Begründung auf Lager hatte, konnte man sich bis zur Einhaltung des gerissenen Grenzwertes dreimal jeweils drei Jahre Zeit lassen. Das wird mit der neuen Trinkwasserrichtlinie nicht mehr möglich sein. In einem neu eingefügten Erwägungsgrund heißt es im Novellenentwurf:

Abweichungen wurden ursprünglich angewendet, um den Mitgliedstaaten bis zu neun Jahre Zeit für die Behebung der Nichteinhaltung eines Parameterwerts zu geben. Dieses Verfahren hat sich als für die Mitgliedstaaten und die Kommission gleichermaßen aufwendig erwiesen. In einigen Fällen hat sich dadurch auch das Ergreifen von Abhilfemaßnahmen verzögert, da die Möglichkeit einer Abweichung als Übergangszeitraum betrachtet wurde. Die Bestimmung über Abweichungen sollte daher gestrichen werden. Zum Schutz der menschlichen Gesundheit sollten bei einer Überschreitung von Parameterwerten die Bestimmungen über Abhilfemaßnahmen unverzüglich angewendet werden, ohne dass eine Abweichung vom Parameterwert zugelassen werden darf.“

Zum Vorgehen bei Grenzwertüberschreitungen heißt es jetzt in einem neu formulierten Erwägungsgrund 15:

Bei Nichteinhaltung der Anforderungen dieser Richtlinie sollte der betreffende Mitgliedstaat unverzüglich der Ursache nachgehen und dafür sorgen, dass die erforderlichen Abhilfemaßnahmen so bald wie möglich getroffen werden, damit die Qualität des Wassers wiederhergestellt wird. In Fällen, in denen von der Wasserversorgung eine potenzielle Gefährdung der menschlichen Gesundheit ausgeht, sollte die Bereitstellung solchen Wassers untersagt oder seine Verwendung eingeschränkt werden. Außerdem ist klarzustellen, dass die Mitgliedstaaten eine Nichteinhaltung der Mindestanforderungen für Werte im Zusammenhang mit mikrobiologischen und chemischen Parametern automatisch als potenzielle Gefährdung der menschlichen Gesundheit werten sollten. In Fällen, in denen Abhilfemaßnahmen zur Wiederherstellung der Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch erforderlich sind, sollten (…) vorrangig solche Maßnahmen getroffen werden, die das Problem an seinem Ursprung lösen.“


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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