Dass der Solvay-Konzern jahrelang mehr als 100 kg Trifluoracetat (TFA) pro Tag in den Neckar eingeleitet hat, sei nicht die Schuld der Oberen Wasserbehörde beim Regierungspräsidium Stuttgart (RPS). Zu dieser Erkenntnis ist nach einer Ermittlungszeit von 14 Monaten die Stuttgarter Staatsanwaltschaft gekommen. Wir hatten im Oktober 2016 die Staatsanwaltschaft gebeten, Ermittlungen gegen das RPS wegen Beihilfe zur Gewässerverschmutzung (§ 324 Strafgesetzbuch) bzw. wegen Beihilfe zur illegalen Abfallbeseitigung (§ 326 StGB) einzuleiten. Den Mitarbeitern des RPS hätte auffallen müssen, dass die Solvay Fluor Chemie GmbH ohne wasserrechtliche Erlaubnis große Mengen an TFA in den Neckar einleitet (siehe RUNDBR. 1122/2-4, vgl. 1133/3-4). Mit Schreiben vom 24.01.19 teilte uns die Staatsanwaltschaft mit, dass sie die Ermittlungen eingestellt habe:
„Der Verantwortlichen des Regierungspräsidiums Stuttgart ist, unabhängig von der Frage, ob Verantwortlichen der Solvay Fluor Chemie GmbH ein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden kann, kein Verstoß gegen §§ 324, 326 Abs. 1 StGB nachzuweisen.“
Maßgeblich für diese Bewertung sei, dass es keinen rechtlichen Grenzwert für die Einleitung von TFA in Oberflächengewässer geben würde. Zudem sei kein Nachweis zu führen, dass es durch die TFA-Einleitungen zu einer Gefährdung der Öffentlichen Trinkwasserversorgung gekommen sei. Denn auch die Trinkwasserversorgung enthalte keinen Grenzwert für TFA. Die vom Umweltamt festgesetzten gesundheitlichen Orientierungswerte (GOW) sowie die um den Faktor 10 darüber liegenden Maßnahmenwerte im Trinkwasser seien nicht überschritten worden. Die betroffenen Wasserversorgungsunternehmen am unteren Neckar seien deshalb nicht verpflichtet gewesen, „sofortige Maßnahmen einzuleiten“. (Zur Erinnerung: Die Gemeinde Edingen-Neckarhausen hatte wegen der zeitweisen Überschreitung des Maßnahmenwertes die Umstellung ihrer Trinkwasserversorgung geplant gehabt – siehe RUNDBR. 1109/1-4). Schlussendlich argumentiert die Staatsanwaltschaft damit, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen würden,
„dass den Verantwortlichen des Regierungspräsidiums vor der Einstellung der Wasserentnahme in Edingen-Neckarhaus bekannt war oder sich ihnen hätte aufdrängen müssen, dass die Einleitung von TFA durch die Solvay Fluor Chemie GmbH zu Überschreitungen des Maßnahmenwertes für Trinkwasser im Neckar führen würde. Eine solche Kenntnis kann auch dann nicht angenommen werden, wenn der Firma über die bestehenden Dokumentationspflichten hinaus weitere Auflagen gemacht worden wären.“
Weitere Auskunft zur Positionierung der Staatsanwaltschaft
(Az.: 170 Js 98383/17):
Staatsanwaltschaft Stuttgart
Herrn Dr. Scheiderhan (Oberstaatsanwalt)
70049 S t u t t g a r t
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Mit einer identischen Begründung hat die Staatsanwaltschaft Heilbronn inzwischen auch die Ermittlungen gegen den Solvay-Konzern eingestellt. Weiterverfolgt wird gegen den TFA-Einleiter allerdings noch ein Ordnungswidrigkeitenverfahren.