aktualisiert:
28. Oktober 2020

 

 

 

 

 

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BBU-Wasserrundbrief Nr. 1167, 17. Oktober 2020

Klimakrise & Grundwasser
Kippt der hydraulische Gradient?

 

Noch mehr Klimasorgen als ohnehin hat ein Kurzreferat des Grundwasserexperten Dr. Hans Jürgen Hahn von der Uni Landau auf der virtuellen Sitzung des Bundesarbeitskreises Wasser des BUND am 19.09.20 ausgelöst. Hahn postulierte, dass wir uns mitten in einem Prozess befinden würden, in dem nicht nur die Grundwasserneubildung drastisch zurückgehe - sondern in dem auch die Güte des Grundwassers in steigendem Umfang bedroht sei. Die Herleitung der Bedrohungslage, die letztlich auch die Trinkwasserversorgung gefährde, geht folgendermaßen:

Das zurückgehende Niederschlagsdargebot im Sommer führe zu einer geringeren Grundwasserneubildung, weil sich die Vegetationsperiode nach vorn und hinten zeitlich verlängern würde. Damit stehe im niederschlagsreicheren Winterhalbjahr ein immer kürzerer Zeitraum zur Verfügung, die Grundwasserressourcen wieder aufzufüllen.

Zudem komme es im Sommerhalbjahr zunehmend zu Niedrigwasserphasen in den Bächen und Flüssen. „Vor der Klimakrise“ sei es so gewesen, dass die in der Regel hohen Grundwasserstände Bäche und Flüsse gespeist („exfiltriert“) haben. Deshalb führten die Fließgewässer auch nach längeren Trockenperioden noch ausreichend Wasser. Jetzt sei es eher umgekehrt: Wegen der niedrigen Grundwasserstände verlieren die Fließgewässer ihr Wasser ins Grundwasser („Infiltration“) - als ob bei einer Badewanne der Stöpsel gezogen würde. Der Wechsel von überwiegender Exfiltration zu zunehmender Infiltration wurde von Hahn als „das Kippen des hydraulischen Gradienten“ bezeichnet.

Mehr dazu in der nächsten Notiz.

Klimakrise:
Steigende Schadstoff-Konzentrationen in Bächen

 

Mit dem im Sommer zunehmenden Einspeisen von Oberflächenwasser aus Bächen und Flüssen ins Grundwasser komme es vermehrt aber auch zu einer qualitativen Verschlechterung des Grundwassers. Denn in den Niedrigwasserphasen steigen die Schadstoffkonzentrationen in Bächen und Flüssen. Beispielsweise werde der Abfluss von Kläranlagen immer weniger verdünnt. Es würden mehr und mehr Fälle bekannt, in denen in Dürrephasen fast das gesamte Bachwasser aus dem Ablauf von Kläranlagen bestehen würde. Wenn dann Bach- und Flusswasser noch ins Grundwasser einspeisen würden, käme es zu einem steigenden Eintrag von Mikroverunreinigungen und anderen Schadstoffen ins Grundwasser. Vielerorts würden aber die Entnahmebrunnen der Wasserwerke in den Talauen liegen. Wasserversorger, die sich auf das dort geförderte „Uferfiltrat“ stützen, müssten sich also auf steigenden Schadstoffkonzentrationen und erhöhten Aufbereitungsaufwand gefasst machen.

Letztlich würde die Trinkwasserversorgung lt. Hahn von zwei Seiten unter Druck geraten: Die zunehmenden Trockenphasen und die sich verlängernden Vegetationsperioden verringern vielerorts das Grundwasserdargebot - zudem würde es aber auch zu einem Güteproblem kommen, da das Verdünnungsvermögen für Schadstoffe in trockenfallenden Bächen und leerlaufenden Grundwasserleitern zusehends geringer werde.

Wer mehr über die Thesen vom Kippen des hydraulischen Gradienten wissen will, kann sich wenden an

PD Dr. Hans Jürgen Hahn
Grundwasserökologie, AG Molekulare Ökologie - Universität Koblenz-Landau, Institut für Umweltwissenschaften
76829  L a n d a u
Tel.: 06341 280-31211
E-Mail: hjhahn@uni-landau.de

Trinkwasserversorgung:
Der Restrukturierungsbedarf nimmt zu

 

Im Editorial der ENERGIE-WASSER-PRAXIS 4/2020 ärgert sich Dr. Olaf Heil darüber, dass der Vorrang der Trinkwasserversorgung gegenüber konkurrierenden Nutzungen allzu oft „auf dem Altar des Kompromisses geopfert“ würde. Und der Ärger geht für den technischen Geschäftsführer der Stadtwerke Karlsruhe weiter:

Zudem streiten wir uns über ‚zumutbare Belastungen‘, statt zu fragen, wie wir es schaffen, die Emissionen in Grund- und Oberflächengewässer konsequent zu reduzieren.“

Unter der Überschrift „Nachhaltige Trinkwasserversorgung muss umfassend, langfristig und vorausschauend angelegt sein“ widmet sich Heil auch der Anpassung der Trinkwasserversorgungsinfrastruktur an den Klimawandel. Die u.a. hierfür notwendigen Ersatz- und Instandhaltungsinvestitionen seien nicht nur „nachhaltig zu planen“, sondern sie würden auch

„in den nächsten Jahren deutlich zunehmen (…), um auch in 50 Jahren eine sichere Trinkwasserversorgung mit den Netzen und Anlagen zu gewährleisten“.


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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