aktualisiert:
2. Juni 2020
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WasserInBürgerhand!
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BBU-Wasserrundbrief,
10.Mai 2020
Wasserrahmenrichtlinie:
Wo ist der Notausgang aus dem 2027-Dilemma?
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In den Wasserwirtschaftsabteilungen der Umweltministerien von Bund und Ländern dürfte der Umgang mit dem „2027-Dilemma“ derzeit wohl der Hauptgesprächsstoff sein: Die EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) aus dem Jahr 2000 bestimmt eindeutig, dass in den Gewässern der EU bis spätestens 2027 der gute ökologische Zustand erreicht sein muss (s. RUNDBR. 1161/1). In Deutschland werden das allenfalls 20 Prozent der Gewässer schaffen. Nachdem ähnlich wie bei der EG-Nitratrichtlinie auch bei der WRRL die Umsetzung zwanzig Jahre lang verschleppt worden war, ist jetzt guter Rat teuer: Wie entgeht man einem Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission, wenn man in den Landeshauptstädten und in Berlin im Jahr 2027 eingestehen muss, dass man von den Zielen der Richtlinie noch meilenweit entfernt ist?
Ganz coole MitarbeiterInnen aus den Umweltministerien vertrauen darauf, dass es die EU-Kommission erst gar nicht auf ein Vertragsverletzungsverfahren ankommen lassen wird. Denn außer Deutschland müsste die Kommission auch alle anderen 26 EU-Mitgliedsstaaten verklagen. Alle anderen Mitgliedsstaaten haben nämlich ebenfalls geschludert. Insofern könne man sich auch in den deutschen Wasserwirtschaftsverwaltungen entspannt zurücklehnen (siehe Kasten). Letztlich könne man davon ausgehen, dass es nach 2027 einen vierten Umsetzungszyklus und aller Wahrscheinlichkeit auch einen fünften Zyklus geben wird (s. 1161/1) Innerhalb der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA), dem Koordinationsgremium der Wasserwirtschaftsverwaltungen in den Bundesländern, sieht man die Lage nicht ganz so entspannt. In „Kleingruppen“ innerhalb der LAWA wird seit Monaten nach guten Ausreden gesucht, warum die Zielerreichung im Jahr 2027 mittlerweile völlig unrealistisch ist. Diverse Kleingruppen haben für die Vollversammlung der LAWA und für die Umweltministerkonferenz der Bundesländer acht Papiere mit einem ganzen Bündel von Erklärungen und Entschuldigungen erstellt - dazu mehr in den nächsten Notizen …
Wie die LAWA dabei hilft, die Europäische Union den Bach runter gehen zu lassen
Man kann die Ziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie nicht ernst nehmen („illusionär!“). Man kann auch darauf vertrauen, dass die EU-Kommission letztlich davor zurückschrecken wird, die säumigen Mitgliedsstaaten allesamt vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen. Wenn man so argumentiert, nimmt man die EU aber nicht mehr ernst. Nun ist es so, dass es ungleich mächtigere Kräfte als die deutsche Wasserwirtschaft gibt, die an den Grundfesten der EU sägen.
Aber in der Phalanx derjenigen, die die EU demontieren, spielen auch diejenigen eine Rolle, die mit allem Einfallsreichtum daran basteln, die besten Ausreden dafür zu finden, warum man die hehren Ziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie in Deutschland krachend verfehlen wird.
Klar ist, dass die Zielverfehlung nicht an den zahlreichen MitarbeiterInnen in den Unteren und Oberen Wasserbehörden liegt, die seit vielen Jahren engagiert an der Umsetzung arbeiten. Wesentlich ist, dass die anderen Politikbereiche (Industrie, Landwirtschaft, Tourismus, Energiewirtschaft usw.), die LänderfinanzministerInnen, die Abgeordneten der Regierungsfraktionen in Bundestag und Landtagen, desinteressierte oder wenige durchsetzungsfähige UmweltministerInnen in den Ländern und auch eine ganze Reihe von Bundesverkehrsministern dafür gesorgt haben, dass man mit der Umsetzung der WRRL nicht richtig vorangekommen ist.
Dass jetzt aber die führenden Köpfe an der Spitze der Wasserwirtschaftsverwaltungen derart kampflos die Flinte ins Korn werfen, lässt viele MitarbeiterInnen an der Basis in den Ministerien, Bezirksregierungen und in den Regierungspräsidien - dort wo die eigentliche Arbeit gemacht wird - „fassungslos“ (so ein Behördenmitarbeiter uns gegenüber) zurück. Mit den LAWA-Ausredepapieren wird ein Beitrag dazu geliefert, die EU den Bach runter zu schicken. -ng-
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Mit einer einheitlichen Sprachregelung
Zielverfehlungen übertünchen?
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Das Problem für die Wasserwirtschaftsverwaltungen der Länder besteht darin, dass in dem jetzt anlaufenden dritten Bewirtschaftungszyklus (2021 - 2027) in den Bewirtschaftungsplänen begründet werden muss, warum in viel zu vielen „Wasserkörpern“ der „gute ökologische Zustand“ verfehlt wird. Es wäre superpeinlich gegenüber Brüssel, wenn jedes Bundesland mit eigenen Begründungen an die Öffentlichkeit treten würde. In Brüssel macht man sich eh schon seit vielen Jahren über die „föderale Biotopvielfalt“ in Deutschland lustig. Die LAWA-Vollver-sammlung vom 19. und 20. März 2020 in München hat deshalb versucht, Ordnung in den vielstimmigen Chor der Bundesländer zu bringen: Auf der Basis von acht „Themenblättern“, die uns vorliegen, soll eine einheitliche Sprachregelung gegenüber Brüssel gewährleistet werden. Im Beschluss der LAWA-Vollversammlung heißt es:
„Die LAWA-Vollversammlung nimmt die Themenblätter zustimmend zur Kenntnis und bittet die Länder und die Flussgebietsgemeinschaften, diese bei der Fortschreibung der Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme für den dritten Bewirtschaftungszeitraum zu beachten.“
Die „Themenblätter“ enthalten Textbausteine, die direkt in die Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme „zur Sicherstellung einer harmonisierten und einheitlichen Vorgehensweise“ übernommen werden sollen.
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Rettet der „Transparenzansatz“
aus drohenden Risiken & Unsicherheiten?
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Die Inhalte der meisten „Themenblätter“ dürften auch aus der Sicht der Umweltverbände okay sein. Besonders heikel ist aber neben dem „Themenblatt 2“ das „Themenblatt 4“ mit der kryptischen Überschrift „Umgang mit Fällen, in denen Zielerreichung grundsätzlich möglich, aber vollständige Maßnahmenumsetzung bis 2027 unrealistisch ist“. Es geht also um die Gewässer („Wasserkörper“), bei denen der „ökologisch gute Zustand“ nicht aufgrund „natürlicher Gegebenheiten“ - sondern aufgrund jahrelanger Versäumnisse - verfehlt wird. Das „Themenblatt 4“ listet eine ganze Reihe von Gründen auf, die für eine selbst verschuldete Zielverfehlung verantwortlich sein können - so u.a.:
- „fehlende bzw. begrenzte finanzielle oder personelle Ressourcen bei den zuständigen Behörden und den Maßnahmenträgern
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fehlende Flächenverfügbarkeit
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teilweise Untätigkeit von Maßnahmenträgern (z. B. infolge „Freiwilligkeitsprinzip“, teilweise fehlende rechtliche Verpflichtungen)
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fehlende Akzeptanz, fehlendes Verständnis für die Notwendigkeit der Umsetzung von Maßnahmen und den damit verbundenen Kosten in Teilen der Bevölkerung
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bestehende Nutzungskonflikte“.
Festgestellt wird, dass die geltende WRRL für die sich daraus ergebenden Fristverlängerungen „keine Lösung bereitstellt“. In dem Papier werden gleichwohl mehrere Lösungsmöglichkeiten für das Dilemma gegeneinander abgewogen und letztlich wegen Untauglichkeit verworfen („unrealistisch und unglaubwürdig“; drohende „Klagen von Umweltverbänden“). Festgestellt wird:
„Jeder der geprüften Lösungsvorschläge ist mit rechtlichen Risiken und Unsicherheiten verbunden.“
Übrig bleibt der „Transparenz-Ansatz“: Dazu soll „transparent, ehrlich und nachvollziehbar“ dargelegt werden,
„dass und welche Maßnahmen zur Zielerreichung identifiziert sind und aus welchen Gründen die vollständige Umsetzung nicht bis 2027 geleistet werden kann („distance-to-Target“-Analyse).“
Das soll mit einer „fundierten Prognose zur Zielerreichung“ ergänzt werden: Wenn es bis 2027 nicht klappt, bis wann könnte es denn dann klappen?
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Verhindert die „Vollplanung“
eine weitere Verschleppung?
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Wesentlich für den „Transparenzansatz“ ist, dass alle Maßnahmen, die für das Erreichen des „guten ökologischen Zustands“ notwendig sind, im Bewirtschaftungsplan und im Maßnahmenprogramm aufgeführt werden müssen („nachvollziehbare Vollplanung“). Als Vorteil dieser Herangehensweise wird genannt:
„Mit einer weiteren zeitlichen Streckung der Umsetzung der dafür erforderlichen Maßnahmen wird den technischen, personellen, rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen sowie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen.“
Erwartet wird von der angestrebten Fristverlängerung, „dass der Handlungsdruck erhalten“ oder gar „verstärkt“ wird. Damit will man offenbar dem zu erwartenden Vorwurf begegnen, dass alle notwendigen Maßnahmen nur auf die lange Bank geschoben werden.
Auf zu erwartende Vorhaltungen der EU-Kommission sei man am besten gewappnet, wenn sich alle anderen EU-Mitgliedsstaaten ebenfalls des „Transparenzansatzes“ befleißigen würden. Um das Risiko einer Beanstandung durch die EU „entscheidend“ minimieren zu können, sei es erstrebenswert, „wenn ein möglichst einheitliches Vorgehen aller Mitgliedstaaten erfolgen würde“. Misslich sei aber, dass man noch nicht „belastbar abschätzen“ könne, welche Notausgänge die anderen EU-Mitgliedsstaaten beschreiten werden.
Wir haben alles versucht - aber wir brauchen mehr Zeit!
Der „Transparenzansatz“ soll einheitlich in allen Bewirtschaftungsplänen mit folgendem Textbaustein zur Geltung kommen:
„Es gibt jedoch Wasserkörper, die 2027 absehbar nicht im guten Zustand sein werden. Gründe dafür sind z. B. die fehlende technische Durchführbarkeit, der unverhältnismäßige Aufwand oder fehlende personelle und/oder finanzielle Ressourcen, um alle notwendigen Maßnahmen bis 2027 durchzuführen. Auch die Vielzahl der erforderlichen Maßnahmen und die Mehrfachbelastungen von Wasserkörpern führen dazu, dass die ehrgeizigen Ziele der WRRL innerhalb der von der Richtlinie festgelegten Frist 2027 nicht in allen Wasserkörpern erreichbar sind.
Für diese Wasserkörper liegen die Voraussetzungen der WRRL für die Begründung von Fristverlängerungen oder weniger strengen Umweltzielen nicht vor. Für diese Wasserkörper hält die WRRL nach 2027 keinen belastbaren Lösungsansatz bereit. Als die WRRL vor mittlerweile 20 Jahren verabschiedet wurde, waren die Probleme der Umsetzung in die Praxis als solche und in ihrem Umfang nicht alle erkennbar.
Der Ehrgeiz, die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie auch in diesen Wasserkörpern weiterhin unge-schmälert zu erreichen, soll jedoch aufrechterhalten werden. Dafür wird aber mehr Zeit über 2027 hinaus benötigt.
Vor diesem Hintergrund werden die Probleme und die gewählten Lösungsansätze in diesem Kapitel transparent und nachvollziehbar dargelegt. Es wird erläutert, aufgrund welcher Datenlage und welcher Methodik welche Maßnahmen zur Zielerreichung identifiziert sind, aus welchen Gründen ihre vollständige Umsetzung bis 2027 nicht erreichbar ist, verbunden mit einer Einschätzung, wann aus heutiger Sicht die Maßnahmen umgesetzt werden können und das Ziel erreicht werden kann.“
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Wie „ehrlich“ ist der „Transparenzansatz“?
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Für den „Transparenzansatz“ nimmt die LAWA die Eigenschaft „Ehrlichkeit“ in Anspruch. Zumindest in der Umweltszene dürfe man dran zweifeln. Denn die UmweltministerInnen der Bundesländer werden sich hüten, einzugestehen, dass ihre Wasserwirtschaftsverwaltungen alles andere als gut aufgestellt sind. Dass man beispielsweise selbst an wichtigen „Programmgewässern“ die „lineare Durchgängigkeit“ nicht erreichen wird, liegt am fehlenden Mumm der Verwaltungen und/oder an der mangelnden politischen Unterstützung:
Wenn sich ein Wasserkraftbetreiber nur genügend lange stoisch zeigt, wird es eben bis 2027 keinen Fischpass geben. Wenn nicht genügend Personal in den Unteren Wasserbehörden vorhanden ist, wird es auch 2027 niemanden geben, der in den Ausleitungsstrecken kontrolliert, ob die vereinbarte Mindestwassermenge eingehalten wird. Wenn sich Bürgermeister dagegen verwahren, dass Kläranlagen zwecks besserer Reinigungsleistung zusammengelegt werden, wird auch 2027 die Nährstoffbelastung im betreffenden Wasserkörper zu hoch bleiben - Motto: Lokalpatriotismus schlägt Gewässerschutz. Und wenn NRW jetzt dabei ist, das Vorkaufsrecht für Ufergrundstücke entlang von Bächen und Flüssen wieder abzuschaffen, braucht man sich auch nicht zu wundern, dass es mit der Umsetzung der WRRL nur äußerst zäh vorangeht.
Immer wenn es politisch heikel wurde, hat man in den Umweltministerien sehenden Auges die Zielverfehlung auf sich zukommen lassen. Und beim Bund müsste man sich eingestehen, dass die letzten vier Bundesverkehrsminister die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie an den etwa 300 Wehranlagen in den Bundeswasserstraßen bewusst verschleppt (s. RUNDBR. 1120/2-3, 1025/1, 1021/3-4, 888/1-2) und damit gegen ihre eigenen Leitfäden (siehe Kasten) verstoßen haben. -ng-
Rechtliche Aspekte bei der Umsetzung der WRRL an Bundeswasserstraßen
Wer eine gute und kurz gefasste Rechtsübersicht über die EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und ihre Umsetzung im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und in den einschlägigen Rechtsverordnungen (insbesondere Oberflächengewässerverordnung) benötigt, sollte sich den „Leitfaden zur Umsetzung der WRRL an Bundeswasserstraßen“ herunterladen. Den Leitfaden gibt es auf
https://kurzelinks.de/p4u
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Wie dehnbar ist eine „ergriffene“
Maßnahme über das Jahr 2027 hinaus?
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Ob der „Transparenzansatz“ tatsächlich „transparent“ und „ehrlich“ ist, wird auch dadurch in Frage gestellt, weil der „Transparenzansatz“ mit dem „Themenblatt 2“ verknüpft ist. In diesem Themenblatt mit dem Titel „Definitionen zum Umsetzungsstatus einer Maßnahme“ wird der Versuch unternommen, zu klären, wann eine Maßnahme als „ergriffen“ im jeweiligen Bewirtschaftungsplan abgehakt werden kann. Um unangenehmen Fristverlängerungen über das Jahr 2027 möglichst aus dem Weg zu gehen, besteht in den Umweltministerien größtes Interesse, möglichst viele Maßnahmen als „ergriffen“ zu deklarieren. Insofern ist man in der LAWA bemüht, die Begrifflichkeit „ergriffen“ extrem zu dehnen.
Im „Themenblatt 2“ wird dazu Bezug auf einen - schon im Sept. 2018 verabschiedeten - Beschluss der 156. LAWA-Vollversammlung genommen. Damals hatte die LAWA „bekräftigt, dass die Bezeichnung `alle erforderlichen Maßnahmen bis Ende 2027 ergriffen werden‘ bedeutet, dass diese Maßnahmen identifiziert, aber noch nicht alle abgeschlossen sein müssen“. Nach dem „Themenblatt 2“ gilt eine Maßnahme als „ergriffen“, auch wenn sie im Jahr 2027 noch „läuft“ oder mit dem Status „fortlaufend“ etikettiert werden kann. Zur Auslegung des Begriffs „ergriffen“ wird im „Themenblatt 2“ erklärt:
„Der Umsetzungsstand der Maßnahmen wird in den folgenden 5 Kategorien erhoben:
• nicht begonnen
• in Vorbereitung
• laufend (einmalige Maßnahme)
• fortlaufend (wiederkehrende Maßnahme)
• abgeschlossen
Als ‚ergriffen‘ werden alle Maßnahmen bezeichnet, die laufend, fortlaufend oder abgeschlossen sind.“
In einer zugehörigen Tabelle wird näher erläutert, was unter „laufend“ zu verstehen sei. Dazu gehören u.a. Maßnahmen, für die man u.a. folgenden Umsetzungsstand ankreuzen kann:
- „(…) technische Planunterlagen werden erstellt;
-
Zulassungsverfahren ist eingeleitet;
-
Bescheid ist erlassen;
-
Bauvorbereitungen laufen;
- Maßnahme ist im Bau bzw. Umsetzung;
- Gesetz oder Verordnung ist im Rechtssetzungsverfahren (…)“
Mit diesen Erläuterungen wird bei der Definition von „ergriffenen Maßnahmen“ viel Freiraum für Kreativität geöffnet. Je findiger man dabei vorgeht, desto weniger muss man bei der „Vollplanung“ Fristversäumnisse dokumentieren: Fast alle notwendigen Maßnahmen sind ja bereits „ergriffen“ worden!
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Wie geht es jetzt weiter?
Eine Abkürzungsschwemme steht ins Haus
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Es steht zu erwarten, dass die acht „Themenblätter“ nach Absegnung durch die Umweltministerkonferenz zu einer Kurzfassung als Handwerkszeug für die Wasserbehörden zusammengefügt und ins Internet gestellt werden. Für die Wasserbehörden, die derzeit mit Volldampf an der oben genannten „Vollplanung“ arbeiten, wird das Tagesgeschäft damit noch komplexer. Sie müssen nämlich die Textbausteine aus den „Themenblättern“ an den passenden Stellen in die Bewirtschaftungspläne einfügen - und das unter hohem Zeitdruck. Dazu hat die LAWA das schon in der zweiten Bewirtschaftungsperiode (2015 bis 2021) angewandte Tabellen-Schema noch weiter perfektioniert. Die Begründungen für Zielverfehlungen und für aufgeweichte Ziele wurden mit einem Wust von Abkürzungen belegt. Die Lesefreundlichkeit und die Verständlichkeit der Bewirtschaftungspläne werden mit der Abkürzungsschwemme sicher nicht besser. So werden beispielsweise der Bau und die Erweiterung von kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen nur noch mit dem Kürzel H1.1 in den tabellarischen „Handlungsfeldern“ auftauchen. Bei den „Handlungsfeldern“ reichen die Abkürzungen von H1.1 bis H9.0 („sonstige Maßnahmen“).
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Zum Umgang mit zu viel Pestiziden,
Altlasten, Nähr- und Schadstoffen
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Die LAWA hat übrigens noch weitere „Themenblätter“ erstellt - nummeriert von 09 bis 13. Dabei werden für einzelne Sektoren passende Prüfschritte für die Bewirtschaftungsplanung zur Verfügung gestellt. Das trifft für folgende Defizite zu: Der „gute Zustand“ in ökologischer oder chemischer Hinsicht wird nicht erreicht, weil
- die Hydromorphologie zu wünschen übrig lässt;
- immer noch zu viele Nährstoffe im Gewässer vorhanden sind;
- ubiquitäre Schadstoffe und Pestizide die Umweltqualitätsnormen überschreiten und
- aus Bergbau-Altlasten weiterhin Schwermetalle in die Gewässer einsickern.
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Bürgerbeteiligung bei der WRRL-Umsetzung
durch Corona gehandicapt
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Normalerweise hätte im zweiten Quartal 2020 eine „vorgezogene Öffentlichkeitsbeteiligung“ zur Bewirtschaftungsplanung à la Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in den Bundesländern anlaufen sollen. Dazu waren zumindest in Baden-Württemberg wiederum Live-Veranstaltungen in den Flusseinzugsgebieten vorgesehen. Dabei hätten die „interessierten Kreise“ Vorschläge zu den ihrer Ansicht nach erforderlichen Maßnahmen im dritten Umsetzungszyklus von 2021 bis 2027 machen können. Diese „volksnahe“ Bürgerbeteiligung ist jetzt aber leider der Corona-Prophylaxe zum Opfer gefallen. Die „leibhaftige“ Bürgerbeteiligung musste durch eine online-Konsultation ersetzt werden. Den Zugang zur online-Konsultation in Ba.-Wü. finden RUNDBR.-LeserInnen unter
https://kurzelinks.de/o7q1
Eine Beteiligung an der Konsultation ist noch bis zum 31. Mai 2020 möglich. Die vier baden-württembergischen Regierungspräsidien haben sich viel Mühe gegeben, die Wasserrahmenrichtlinie und ihre Umsetzungsperspektiven in Texten und Vorträgen digital zu erläutern. In allen anderen Bundesländern ist den Behörden bei der Bürgerbeteiligung inzwischen völlig die Puste ausgegangen. Schon in der Vorbereitung zur zweiten Umsetzungsperiode (2016 - 2021) waren die Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung im Vergleich zur ersten Umsetzungsperiode (2009 - 2015) deutlich geschrumpft worden. Außer in Ba.-Wü. gibt es jetzt gar keine „vorgezogene Öffentlichkeitsbeteiligung“ mehr. Corona ist da eine gute Ausrede.
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