Auf ihrer Pressekonferenz am Montag, 25. Mai 2020 präsentierte der
Vorstandsvorsitzende der Berliner Wasserbetriebe (BWB), Jörg Simon, ein
Rekordergebnis für das Jahr 2019: die BWB erwirtschafteten einen
Überschuss von 196 Mio. Euro. Davon sollen lt. Wirtschaftssenatorin
Ramona Popp (Grüne) 113 Mio. Euro in den „allgemeinen Landeshaushalt“
einfließen. Das bedeutet, dass die Berliner Wasserkunden mit ihrem Wassergeld
nach wie vor zur Abgabe einer Wasser-Verbrauchssteuer gezwungen werden. Das
Mittel dazu ist die mit der Teil- Privatisierung 1999 eingeführte
Kalkulationsmethode der Wasserpreise, die erlaubt, jährlich Geld für
Investitionen von den Wasserkunden zu erheben. Leider verweigern die BWB ein
öffentliches Investitionsmonetoring, wie es vom Berliner Wassertisch immer
wieder gefordert wurde. Damit ist die öffentliche Kontrolle ausgehebelt. Die
BerlinerInnen dürfen lediglich den 1,2 Mrd. € Kredit für den Rückkauf der
Anteile von Veolia und RWE bis 2043 mit ihrem Wassergeld abzahlen, leider
ohne Mitsprache.
Der Berliner Wassertisch fordert seit Jahren, dass die Wasserpreise
nach dem Prinzip „Wasser zahlt Wasser" erhoben werden.
Gerlinde Schermer, Ökonomin und Mitbegründerin des Berliner Wassertischs sagt:
„wenn von der Berliner Bevölkerung durch die Wasserpreise hohe Abgaben für den
Landeshaushalt eingetrieben werden, ist das nichts anderes als eine
zusätzliche Verbrauchssteuer. Das ist beim wichtigsten Lebensmittel, das
allen, kostendeckend als Gemeingut bewirtschaftet, zur Verfügung stehen
sollte, nicht zu rechtfertigen. Das Gebot der öffentlichen Transparenz bei der
Verwendung des Wassergeldes, zumal in einer "Anstalt des öffentlichen Rechts"
muß gewährleistet werden. Das Abgeordnetenhaus aber versagt bei der
Kontrolle und fragt zu wenig, was im Betrieb an nötigen Investitionen
unterbleibt und wo bei den BWB Personal weggespart wird. Eine kaputtgesparte
Verwaltung aber untergräbt die Qualität unserer öffentlichen Infrastruktur,
soweit darf es bei den rekommunalisierten BWB nicht kommen."
Dabei wird das Geld der Kunden gerade jetzt dringend für die unmittelbare
Wasserbewirtschaftung selbst gebraucht: Wie Jörg Simon erstmals öffentlich
einräumte, arbeiten die BWB in der dritten Dürreperiode mittlerweile „im
Grenzbereich“, d.h. er gab zu, dass bei der anhaltenden Trockenheit auch die
BWB Probleme bekommen und „mehr Ausweichmöglichkeiten brauchen“.
Dr. Ulrike Koelver vom Berliner Wasserrat: „es ist natürlich
begrüßenswert, wenn auch bei den BWB das Bewusstsein für ökologisch
nachhaltigen Umgang mit der kostbaren Ressource Wasser wächst. Aber es fehlt
noch an der Umsetzung geeigneter Lösungen, z.B. beim Mischwasserüberlauf bei
sog. Starkregenereignissen. Die urbane Ressource Regenwasser wird weiterhin
als ‚Abwasser‘ diskriminiert, statt sie zur Bewässerung der Straßenbäume
einzusetzen. Der Berliner Wasserrat arbeitet seit Monaten an geeigneten
Konzepten und steht für einen Dialog mit den BWB jederzeit zur Vefügung."
Pressesprecherin Ulrike von Wiesenau kommentiert: Mit der "Coronakrise" tritt
die öffentliche Daseinsvorsorge erneut ins kollektive Bewusstsein. Es geht
jetzt drängender denn je um die Frage, wie viel Markt sie verträgt und wieviel
Staat sie braucht, um eine öffentliche, demokratischen Kontrolle über die
Bereitstellung der Gemeingüter zu gewährleisten. Verpassen wir nicht die
grosse Chance umzusteuern und der Diktatur der betriebswirtschaftlichen Zwänge
und des Profits eine Absage zu erteilen. Am Ende steht die Frage: werden
unsere Steuergelder nur das bestehende System retten oder wird es einen
Paradigmenwechsel geben, der fundamentale Konsequenzen für unsere
Wirtschaftsordnung nach sich zieht?."
Pressekontakt:
Dr. Ulrike Koelver: +49(0) 30- 217 2507
https://berliner-wassertisch.net/