Auf den zuvor genannten Aufsatz haben wir mit folgendem Leserbrief an die CHEMIE TECHNIK reagiert:
In dem genannten Aufsatz beklagt Tilo Rosenberger-Süß als Leiter der Unternehmenskommunikation bei Infraserve Gendorf das Misstrauen der Menschen in den Anrainerkommunen des Chemieparks gegenüber den dort tätigen Unternehmen.
Das Misstrauen ist die Folge der Verfehlungen der Vergangenheit: Die großflächige Kontamination von Boden und Wasser durch fluorierte Chemikalien im bayerischen "Chemiedreieck" hat viele Menschen verunsichert und empört. Die jetzt noch messbaren Befunde an PFOA in Wasser, Boden, Fischen und im Blut der Menschen sind für die Anwohner jeden Tag eine Erinnerung an die schlechte Umweltperformance der dortigen Fluorpolymer-Industrie. Wer über Jahrzehnte schlecht bis gar nicht abbaubare Schadstoffe freigesetzt hat, braucht sich nicht zu wundern, wenn er bei Anrainern und Umweltverbänden keinen Vertrauensvorschuss erhält.
Darüber hinaus haben es die Hersteller von fluorierten Chemikalien überall versäumt, ihre Abnehmer auf die Gefahren dieser Stoffe hinzuweisen. Die mangelnde Verantwortung in der Lieferkette hat dazu geführt, dass die Verwender von perfluorierten Chemikalien in der Papierbranche ihren PFC-kontaminierten Papierschlamm an die Hersteller von "Biokompost" abgegeben haben.
Die Folge ist jetzt, dass auf über 400 ha in Mittelbaden die damit "gedüngten" Böden und das Grundwasser mit diesen Chemikalien verseucht sind. Wegen der großen Fläche ist der Schaden "unreparierbar". Die Wasserwerke in Rastatt - bzw. deren Kunden - müssen jetzt Millionen Euro in Aktivkohlefilter investieren, um die Schadstoffe der Fluorchemie wenigstens aus dem Trinkwasser wieder "herauszufiltern". Der konzentrierte Gewinn der Fluorindustrie kam den Aktionären zugute, der Schaden wurde - sprichwörtlich - breitflächig auf die Gesellschaft abgewälzt. Besteht angesichts dieser unrühmlichen Vergangenheit der Fluorchemie mit ihren bleibenden Schäden tatsächlich Grund, eine heute noch bestehende "Industrieskepsis" zu beklagen?
Die Vielzahl von Mikroverunreinigungen ("Spurenstoffe") aus dem Indirekteinleiterbereich im kommunalen Abwasser zeigt deutlich, dass die Verantwortung in der Lieferkette von den Herstellern von schwer abbaubaren Betriebs- und Hilfsstoffen immer noch völlig unzureichend wahrgenommen wird. In den indirekteinleitenden Betrieben gelangen diese Chemikalien "bestimmungsgemäß" in den Abwasserpfad, um sich dann im Klärschlamm anzureichern oder gar zum Schaden der Gewässerökologie bis in die Bäche und Flüsse "durchzuschlagen".