aktualisiert:
18. Januar 2021

  Nachrichten  

WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief Nr. 1169, 2. Januar 2021

Der Dammbruch in Brumadinho
– eine Katastrophe wiederholt sich

 

Vor zwei Jahren ist am 25. Januar 2019 der Damm eines Abraumbeckens („Tailing Pond“) der Mine Córrego do Feijão nahe der brasilianischen Kleinstadt Brumadinho gebrochen. Menschen und Häuser wurden unter zwölf Millionen Kubikmetern schwermetallhaltigem Schlamm begraben und das Ökosystem des Flusses Paraopeba langfristig geschädigt. Das Ereignis erinnert an den im selben Bundesstaat, nur 130 km von Brumadinho entfernten Dammbruch von Mariana im Jahr 2015 (RUNDBR. 1077), bei welchem ebenfalls Vale S. A., eines der drei größten Bergbauunternehmen weltweit, beteiligt war.

In Brumadinho starben 270 Menschen. Mehr als 200 davon waren Mitarbeiter von Vale, die in der Kantine zu Mittag aßen, welche sich direkt unterhalb des Dammes befand. Ihnen blieb nur eine Minute, ehe der Schlamm sie erreichte. Jeder Alarm wäre zu spät gekommen. -ms-

Eine umfassende Datenbank zu Tailing Ponds

Als Reaktion auf den Brumadinho-Dammbruch hat eine Gruppe bedeutender Investoren im Bergbau-Sektor Informationen bezüglich der Lagerungen von Tailings von den Bergbauunternehmen verlangt. Die Antworten wurden in die Datenbank „Global Tailings Portal“ integriert. Die vom GRID-Arendal in Zusammenarbeit mit der Investor Mining and Tailings Safety Initiative bereitgestellte Datenbank bietet erstmals öffentlich zugängliche Informationen über die Abraumbecken.

Die globusweite Übersicht zu Abraumbecken gibt es unter: https://tailing.grida.no/

Weitere Informationen zu Tailing Ponds:

ECCHR zum Dammbruch:

https://www.ecchr.eu/fall/das-geschaeft-mit-der-sicherheit-die-rolle-von-tuev-sued-beim-brumadinho-dammbruch-in-brasilien/

Technische Ursachen für das Versagen von Dämmen bei Abraumbecken:

https://bdrb1investigationstacc.z15.web.core.windows.net/assets/Feijao-Dam-I-Expert-Panel-Report-ENG.pdf

Strukturelle Probleme bei Vale: http://www.vale.com/PT/investors/Documents/20.02.20_CIAEA_Report_i.pdf

Global Industry Standard on Tailings Management: https://globaltailingsreview.org/wp-content/uploads/2020/08/global-industry-standard_EN.pdf

Darüber hinaus haben wir die wohl weltweit umfassendste Link-Sammlung zu Tailing Ponds zusammengestellt. Für RUNDBR.-AbonnentInnen gibt es diese Link-Sammlung kostenlos. Ferner bemühen wir uns derzeit, dass sich Master-StudentInnen an der Uni Freiburg sowohl unter dem Gesichspunkt der mineralischen Stoffströme als auch in regulatorischer Hinsicht den Tailing Ponds annehmen.

-ms-

Anzeige gegen den TÜV Süd

 

Die Landesstaatsanwaltschaft von Minas Gerais hat eine strafrechtliche Anklage gegen 16 MitarbeiterInnen von den Unternehmen Vale und TÜV SÜD Bureau de Projetos e Consultoria Ltda erhoben. Vale wurde zu einer Entschädigung von 2,6 Milliarden Euro verurteilt, weitere Klagen sind noch offen. Im Oktober 2019 haben fünf Betroffene gemeinsam mit dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und Misereor, unterstützt von Associação Comunitária da Jangada und International Articulation of People Affected by Vale, eine Straf- und eine Ordnungswidrigkeitenanzeige gegen den TÜV SÜD und einen seiner Mitarbeiter eingereicht.

Auf unsere Anfrage erklärte der TÜV SÜD, dass er keine rechtliche Verantwortung für den Brumadinho-Dammbruch trage. Das Geschäft mit den Sicherheitsprüfungen von Abraumdämmen sei seit März 2019 eingestellt und sei ausschließlich vom brasilianischen Tochterunternehmen Bureau de Projetos e Consultoria vorgenommen worden. -ms-

Deutsche Konzerne in der (Mit)Verantwortung

 

Über den TÜV SÜD hinaus bestehen noch weitere Verbindungen zu Deutschland. Gebaut wurde der Damm im Jahr 1976 von der Thyssentochter Ferteco Mineração, welcher der Minenkomplex „Corrego do Feijão“ bis zum Verkauf an Vale 2001 gehörte. Gemäß dem Dachverband der kritischen Aktionäre hat die Deutsche Bank von 2010 bis 2017 Kredite in der Höhe von 701 Millionen Euro Vale zur Verfügung gestellt. Die deutsche Stahlindustrie bezieht 58 % ihres Eisenerzes aus Brasilien – nicht unwahrscheinlich, dass es auch von der Unglücksstelle kommt oder von anderen Minen, in denen die Dämme der Abraumbecken höchst risikoreich sind.

„Damit nicht alle Dämme brechen, braucht es endlich einen gesetzlichen Rahmen“ fordert daher die „Initiative Lieferkettengesetz“. Ein Lieferkettengesetz würde die Unternehmen zum Einhalten der Sorgfaltspflicht in ihrer Wertschöpfungskette verpflichten und sie wären einem höheren Haftungsrisiko ausgesetzt. Somit hätte eine Katastrophe wie in Brumadinho verhindert werden können.

Dies wäre aber nicht der Fall, wenn es den Unternehmensverbänden wie der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und dem Deutsche Industrie und Handelskammertag (DIHK) durch gezielte Lobbyoffensiven gelingt, durchzusetzen, die Sorgfaltspflichten auf direkte Zulieferer zu begrenzen. Ferner steht immer noch zur Diskussion, den Umweltbereich aus dem Lieferkettengesetz komplett auszuklammern. Damit würden höchst risikoreiche Bereiche wie Bergbau und Plantagenarbeit in der Regel nicht unter das Gesetz fallen. Außerdem fordern die Unternehmensverbände, dass alle Investitionen und Dienstleistungen vom Geltungsbereich des geplanten Lieferkettengesetzes ausgeschlossen werden, wie beispielsweise die Erstellung von Sicherheitszertifikaten für Staudämme. Ihre Sorge: Die deutsche Exportwirtschaft wäre mit einem umfassenderen Lieferkettengesetz nicht mehr wettbewerbsfähig.

Dementgegen haben sich auch Wirtschaftswissenschaftler wie Achim Truger und der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, für ein Lieferkettengesetz ausgesprochen: Wenn Wettbewerbsfähigkeit nur unter inakzeptablen Produktionsbedingungen gewährleistet werden kann, dann stimme etwas nicht. Es brauche einen fairen Wettbewerb, bei dem sich alle Unternehmen an Menschenrechts- und Umweltstandards halten. -ms-

Weitere Informationen zum Lieferkettengesetz:

Zusammen mit dem Freiburger Bündnis für ein Lieferkettengesetz haben wir im Nov. 2020 eine Podiumsdiskussion zum (bis jetzt immer noch vom BMWi blockierten) Lieferkettengesetz durchgeführt - u.a. mit dem Rechtspolitiker der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner (MdB) und einem Vertreter des Unternehmerverbandes Südwest-Metall. AbonnentInnen des RUNDBR. können kostenlos ein ausführliches Protokoll dieser Veranstaltung als pdf via nik@akwasser.de anfordern.

Einen Recherchebericht „Von Bananen bis Bauxit: Wie deutsche Unternehmen im Ausland Menschenrechte und Umweltschutz missachten“ der Initiative Lieferkettengesetz finden RUNDBRIEF-LeserInnen unter:

https://lieferkettengesetz.de/wp-content/uploads/2020/12/Initiative-Lieferkettengesetz-Von-Bananen-bis-Bauxit.pdf

Mehr Informationen zur Initiative Lieferkettengesetz unter: www.lieferkettengesetz.de 

Die Initative Lieferkettengesestz ist ein Zusammenschluss von 118 zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter Oxfam Deutschland, FIAN, PowerShift und Misereor sowie zahlreichen weiteren Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisationen sowie Gewerkschaften und kirchlicher Akteure.

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
Zurück zur Startseite


  2005 by wd team stuttgart      xxl sicherheit