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3. April 2021

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BBU-Wasserrundbrief Nr. 1175, 22. März 2021

Klimawandel in der wasserwirtschaftlichen
Normung berücksichtigen

 

Die Klimakrise stellt die Siedlungswasserwirtschaft vor ungeahnte Herausforderungen. Das ist inzwischen auch in der Internationalen Normungs-Organisation (ISO) angekommen. Die letzte Vollversammlung des Technischen Komitees 224 (TC 224) in der ISO hat deshalb beschlossen, eine neue Arbeitsgruppe 16 (WG 16) unter dem Titel „Climate change adaptation" einzurichten. Als erstes ist vorgesehen, eine Norm zum Niederschlagswassermanagement zu erarbeiten. Die diesbezüglichen Arbeiten in der ISO müssen aber mit der europäischen Normungsebene (CEN) abgestimmt werden. Denn in der Working Group 22 im CEN TC165 arbeitet man ebenfalls an der Normung des Niederschlagswassermanagements. Und noch weiter verkompliziert wird die Angelegenheit dadurch, dass die WG 11 im ISO TC 224 mit dem Titel „Storm Water Management“ ebenfalls für das Niederschlagswassermanagement zuständig ist - siehe:

https://committee.iso.org/sites/tc224/home/
Projects/Workinggroup/wg11-storm-water-management.html

Die Auswirkungen des Klimawandels tangieren auch den Werterhalt der siedlungswasserwirtschaftlichen Infrastruktur und die Ver- und Entsorgungssicherheit. Deshalb wird im NA 119-07-02, dem für alle siedlungswasserwirtschaftlichen Managementnormen zuständigen DIN/DVGW-Gemeinschaftsaus-schuss, überlegt, ob Normungsvorhaben zur Anpassung an den Klimawandel ihren Platz auch in der WG 6 des ISO TC 224 haben sollten. Das wäre aus deutscher Sicht insofern praktisch, weil die WG 6 unter deutscher Führung steht. Eigentlicher Normungsgegenstand der WG 6 ist das Asset Management in der Wasserwirtschaft (s. RUNDBR 1165/4, 1142/2-3). Da geht es also darum, Kanalrohre, Klärwerke, Aufbereitungsanlagen, Wasserwerke, Pumpen usw. usf. so zu managen, dass die Anlagen nicht auf Verschleiß gefahren werden, sondern dass ein möglichst hoher Werterhalt gewährleistet werden kann.

https://committee.iso.org/sites/tc224/home/
projects/working-groups/wg-6-asset-management.html

Der Klimawandel strapaziert aber zunehmend die siedlungswasserwirtschaftliche Infrastruktur, so dass auch in der WG 6 Platz sein könnte, das Management von Klimaanpassungsmaßahmen zu normen. Dabei könnte es u.a. um die klimawandelbedingte Temperaturzunahme im unterirdischen Trinkwasserversorgungsnetz, um den Keimeintrag bei Starkniederschlagsereignissen, um ein effizienteres Zusammenwirken zwischen den großen Fernwasserversorgungsverbünden und der lokalen oder regionalen Wassergewinnung und insgesamt um einen methodischen Ansatz gehen, um die künftigen Bedarfe in der Trinkwasserbereitstellung zu ermitteln. Die Themen, die im deutschen Spiegelgremium diskutiert werden, reichen bis hin zur „Schwammstadt“: Bei der „Schwammstadt“ geht es darum, unter dem programmatischen Titel „wassersensible Stadt“ die siedlungswasserwirtschaftliche Infrastruktur so aufzustellen, dass die Auswirkungen sowohl von Starkniederschlägen als auch von lang anhaltenden Dürren bestmöglich gedämpft werden können.

Die Hürden auf dem Weg zur „Schwammstadt“

 

In der Diskussion zur Realisierung der zuvor genannten „Schwammstadt“ wird aber auch deutlich, dass es dazu vielleicht weniger einer Managementnorm als vielmehr eines psychologischen Leitfadens bedarf. Denn bei der Frage, wer in der Stadtverwaltung den Weg zur „Schwammstadt“ bestimmen darf, geht es auch um Machtfragen: Die unterschiedlichen Interessen und Einflusssphären von Planungsämtern, Umweltämtern, Tiefbauämtern und weiteren Ämtern müssen auf einen Nenner gebracht werden. Bei welchem Amt muss das Projekt „Schwammstadt“ angesiedelt werden? Wer muss die Kosten tragen? Die Klärung dieser Fragen ist in vielen Fällen derart komplex, dass das Projekt „Schwammstadt“ nur schwer zum Fliegen zu bringen ist.

Wasser- und Abwasserbetriebe
klimawandelfest machen

 

In der WG 16 des ISO-TC 224 hat man jetzt den Anlauf genommen, um sich zwei Normungsvorhaben genehmigen zu lassen. In dem Normungsantrag werden zahlreiche Bedrohungen des Klimawandels für die siedlungswasserwirtschaftliche Infrastruktur aufgelistet. Ausgehend von dieser Bedrohungskulisse sollen auf Antrag der kanadischen Normungsorganisation ein Standard zur Trinkwasserversorgung sowie ein Standard zur Abwasserentsorgung erarbeitet werden. Festgestellt wird in dem Antrag, dass Milliarden Dollars in die siedlungswasserwirtschaftliche Infrastruktur investiert worden sind. Dieses Vermögen würde durch den Klimawandel jetzt zunehmend bedroht.

Mit den beiden beantragten Standards soll den GeschäftsführerInnen bzw. ManagerInnen von Wasser- und Abwasserbetrieben ein Handwerkszeug zur Verfügung gestellt werden, um die Siedlungswasserwirtschaft gegenüber dem Klimawandel widerstandsfähig zu machen bzw. an den Klimawandel anzupassen. Die beiden Standards sollen innerhalb von drei Jahren international abgestimmt werden. Verwiesen wird in dem kanadischen Antrag, dass im ISO TC 207 bereits an generischer (übergreifender) Standard mit der Nummerierung ISO 14090 (2019) und dem Titel „Adaption to Climate Change – Principles, Requirements and Guidelines“ entwickelt worden wäre. Dieser auf alle Unternehmen und Organisationen gemünzte Standard wäre aber nicht maßgeschneidert für Wasser- und Abwasserbetriebe.


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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