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19.November 2021

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BBU-Wasserrundbrief Nr. 1182, 18. Oktober 2021

Mischwasserentlastungen mit
besserem Schadstoffrückhalt als gedacht

 

Falls Starkniederschläge künftig tatsächlich zunehmen sollten, wird voraussichtlich auch der Schadstoffeintrag aus Mischwasserentlastungen in die „Vorfluter“ deutlich zunehmen. Denn wenn die Kanalisation bei einem Wolkenbruch das viele Regenwasser nicht mehr fassen kann, fließt die Kanalisation an Regenüberlauf- und Regenrückhaltebecken über, so dass sich ein Gemisch aus Regen- und Schmutzwasser in den nächsten Bach oder Fluss entleert. Zur Frage, wie viel Schmutzstoffe damit in die „Vorfluter“ gelangen, liegen zumeist nur grobe Abschätzungen vor. Die vergleichsweise selten stattfindenden Mischwasserentlastungen sind auch wegen ihrer hohen Konzentrationsdynamik messtechnisch schwierig zu erfassen.

Der Aufsatz „Aktuelle Daten zur stofflichen Belastung von Mischwasserentlastungen“ von Jan Philipp Nickel et al. in der KORRESPONENZ ABWASSER 10/2021, S. 844 - 851, bietet dazu jetzt genauere Infos: Quer über Bayern hinweg wurden sowohl im urbanen als auch im ländlichen Raum Mischwasserentlastungsereignisse weitgehend vollständig beprobt und analysiert. Dabei zeigte sich, dass im Schnitt der partikuläre Schmutz (abfiltrierbare Stoffe - AFS63 - bis 63 µm Größe) besser zurückgehalten werden konnte als vermutet: Mit AFS63-Frachtausträgen von 26 bis 136 kg pro Hektar und Jahr wurde der für die Einleitung von Niederschlagswasser geltende, rechnerisch zulässige Frachtaustrag von 280 kg pro Hektar und Jahr „sicher eingehalten“. Das würde lt. AutorInnen auf einen „guten Stoffrückhalt“ hinweisen. Vorteil der Mischwasserkanalisation sei, dass bei anlaufendem Niederschlag der erste hochbelastete Spülstoß an die Kläranlage zur Reinigung weitergeleitet wird, so dass über die Mischwasserentlastungen nur noch ein vergleichsweise gering belastetes Gemisch aus Schmutz- und Regenwasser in die Gewässer abgeleitet wird.

Mikroverunreinigungen aus Mischwasserentlastungen

 

In der oben genannten Untersuchung konnte auch einer „der derzeit umfangreichsten konsistenten Datensätze für Spurenstoffkonzentrationen in Mischwasserentlastungen“ zusammengestellt werden. Die Proben waren auf mehrere Dutzend Mikroverunreinigungen hin ausgewertet worden. Für Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) konnte festgestellt werden, dass die zulässigen Jahresdurchschnittswerte für die PAK-Umweltqualitätsnormen (UQN) nicht überschritten worden sind. Überschreitungen der PAK-UQN sind praktisch flächendeckend mit dafür verantwortlich, dass der „gute chemische Zustand“ in den Fließgewässern nicht eingehalten wird.

Die Beprobung der Mischwasserentlastungen in Bayern lässt vermuten, dass für die Zielverfehlung die Mischwasserentlastungen alleine nicht maßgeblich sind. In der Langfassung des Forschungsberichts wird allerdings vermerkt, dass bei den PAKs „relevante Frachtanteile“ auf die Mischwasserentlastungen zurückzuführen seien (S. 136 der Langfassung).

Wegen unserer Beteiligung am „Runden Tisch Benzotriazol“ haben wir uns in der Langfassung des Forschungsberichts auch die Daten für Benzotriazol näher angeschaut. Der Median aus 145 Proben lag für Benzotriazol bei 1,1 Mikrogramm pro Liter. 75 Prozent aller Werte lagen unter 2,2 µg/l. Der Maximalwert war bei 10 µg/l angesiedelt. Der Median würde gut mit den in Literatur aufgefundenen Werten aus Mischwasserentlastungen zwischen 0,4 und 1,8 µg/l übereinstimmen. Ursprünglich wurde vermutet, dass im Süden von Bayern aufgrund der höheren Niederschläge und der daraus resultierenden Verdünnung niedrigere Benzotriazol-Konzentrationen als im regenarmen Norden von Bayern feststellbar sein müssten. Tatsächlich war - nicht nur bezüglich von Benzotriazol - das Gegenteil der Fall:

Zusammenfassend gibt es daher keinen belastbaren Hinweis auf eine Verdünnung der Entlastungskonzentration schmutzwasserbürti-ger Stoffe bei höheren Jahresniederschlägen.“

Auch die Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Regionen seien bei zahlreichen Mikroverunreinigungen - einschließlich Benzotriazol - „aus analytischer Sicht nicht signifikant“ gewesen. Im Abschlussbericht wurde der Versuch gewagt, aus der Beprobung von zehn Mischwasserentlastungen eine Fracht auf ganz Bayern hochzurechnen. Daraus würde sich eine Jahresfracht von 365 kg Benzotriazol ergeben, die über Mischwasserent-lastungen in die bayerischen Fließgewässer gelangt. Der Forschungsbericht kann unter

https://publikationen.bibliothek.kit.edu/1000137305

herunter geladen werden.

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
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