Ein internationales Autorenkollektiv geht in nature substainability davon aus, dass ein Übertragungsweg für die Coronaviren auch über den Abwasserpfad erfolgen könnte! In dem Review Article wird unter der Überschrift „Rethinking wastewater risks and monitoring in light of the COVID-19 pandemic“ u.a. vermutet, dass in Kanalisationen und Kläranlagen die Freisetzung von Aerosolen zu einer Infektionsgefahr für das dort tätige Personal führen könnte. Und falls mehr oder weniger gut gereinigtes Abwasser zur Bewässerung im Lebensmittelanbau genutzt wird, müsste auch dort mit einer Infektionsgefahr gerechnet werden. Trotz der 125 Lit.-Hinweise gestehen die AutorInnen insgesamt ein, dass man über die abwasserbürtigen Übertragungswege noch so gut wie gar nichts weiß. Ihre Vermutungen über mögliche Übertragungswege basieren deshalb auf Analogieschlüssen. Denn im Gegensatz zu SarsCoV2 hat man zu anderen Viren bereits weitergehende Erkenntnisse. Allerdings steckt die extrem aufwendige Analytik von Viren im Abwasser immer noch in den Kinderschuhen. Jetzt zeichne sich aber ab, dass man mit neuen Verfahren zu besseren Virennachweisen kommen könnte.
Beruhigend ist immerhin, dass die AutorInnen davon ausgehen, dass in der Uferfiltratpassage die Viren kaum eine Überlebenschance haben. Insofern kann man davon ausgehen, dass die Viren bei Uferfiltrat gestützten Wasserwerken nicht ins Trinkwasser gelangen. Entwarnung wird auch im Hinblick auf Grauwasser gegeben: Im Abwasser aus Duschen, Wasch- und Geschirrspülmaschinen seien so viel Seife und Detergenzien enthalten, dass die empfindliche Hülle der Corona-Viren - und damit deren Vitalität - zerstört wird. Gefährdet seien vor allem die Menschen im Globalen Süden, wo Abwasser zum einen ohne jegliche Reinigung in der landwirtschaftlichen Bewässerung eingesetzt wird. Die dort vielerorts praktizierte offene Ableitung von Abwässern würde zum anderen auch die Gefahr der Aerosolbildung beinhalten. Sollte man in den Industriestaaten der Wiederverwendung von gereinigtem Abwasser nähertreten, sollten die Desinfektionsmaßnahmen
„neu überdacht werden, sobald mehr Informationen über Virusbelastung, -übertragung, -überleben und -infektiosität im Abwasser zur Verfügung stehen“.
Hierzulande sei nicht völlig auszuschließen, dass über Kläranlagen und Mischwasserüberläufe Corona-Viren auch in urbane Gewässer gelangen könnten, die der Freizeitnutzung dienen. Der Übersichtsaufsatz betont in seinem Fazit,
„die dringende Notwendigkeit einer verbesserten Risikobewertung und neuer Risikomanagementstrategien für COVID-19 im Abwasser“.
Der umfangreiche Aufsatz kann unter
https://www.nature.com/articles/s41893-020-00605-2
heruntergeladen werden.