Im Anschluss an das „große ARD-Event zum Thema Wasser“ wurde am 16. März 2022 noch eine Dokumentation zum Rückgang der Grundwasserressourcen in Deutschland gezeigt. Höhepunkt der Doku war die Aussage, dass man mit Hilfe der beiden GRACE-Satelliten nachgewiesen habe, dass Deutschland in den letzten 20 Jahren so viel Grundwasser verloren habe, dass man damit dreimal den Bodensee füllen könne. Diese Aussage wird seither in den Medien breit kolportiert – und hat bei einigen Leuten gar zur Befürchtung geführt, dass der Großraum Stuttgart demnächst nicht mehr mit Bodenseefernwasser versorgt werden könne.
Die Aussagekraft der GRACE-Satelliten-Daten ist von Fachleuten allerdings mit Skepsis beurteilt worden: Denn die GRACE-Daten beginnen im Jahr 2002, einem für Deutschland vergleichsweise niederschlagsreichen Jahr (s. u.a. die katastrophalen Hochwässer an Elbe und Donau im Sommer 2002). Vor allem bedingt durch die Trockenjahre 2018 bis 2020 ergibt die Auswertung der GRACE-Daten einen stark negativen Trend. Würde man die längeren Zeitreihen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ab 1981 berücksichtigen, würde sich für den Niederschlag ein positiver Trend ergeben. Das liegt vor allem an der trockenen Periode ganz zu Anfang der DWD-Zeitreihe. Erschwerend kommt nach Auffassung von Hydrologen der Uni Freiburg noch hinzu, dass gerade in einem feuchten Jahr (2017) bei GRACE ein grauer Balken zu sehen ist – wohl ein Datenausfall. Und dass zu unserem Glück das Jahr 2021 wieder feuchter war. Wie erwähnt endete die von der ARD aufgegriffene Auswertung der GRACE-Daten im Trockenjahr 2020.
Welche Aussagen man erzielt, hängt also davon ab, wo man Messreihen anfangen und enden lässt. Darüber hinaus hängt die Grundwasserneubildung nicht nur vom Niederschlagsdargebot ab, sondern auch von der Verdunstung – und damit von der Änderung der Vegetationsperiode in Folge der Klimakrise. Tenor der Fachwelt: In der Auswertung der GRACE-Daten würde „ein sehr spezieller Zeitraum abgebildet“. Deshalb seien „die Trendaussagen mit Vorsicht zu genießen“, so beispielsweise Andreas Günter vom „Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches Geoforschungszentrum“ in seinem Vortrag „Aktuelle Erkenntnisse aus der GRACE-Satellitenmission für Deutschland“ am 15.06.22 auf einem DVGW-Kongress. Und weiter: Aufgrund der noch kurzen Messreihe (20 Jahre) „und der Extremereignisse zu dessen Beginn und Ende ist eine Extrapolation darüber hinaus nicht zulässig“.