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14. Dezember 2022

 

 

 


 

 

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BBU-Wasserrundbrief Nr. 2000, 23. November 2022

 

EU-Mitgliedsstaaten sollen Pseudo-Hormone
im Trinkwasser überwachen

 

Mehrere Dutzend Chemikalien sind in der EU-Trinkwasserrichtlinie (s. RUNDBR. 1186/1-2, 1175/2, 1045/1-2) abschließend limitiert. Es kommen aber immer neue Schadstoffe in Umlauf, bei denen die EU-Kommission noch keinen vollständigen Überblick hat, ob diese Stoffe im Trinkwasser der Mitgliedsstaaten überhaupt ein Problem darstellen. Solche Schadstoffe kommen zunächst mal auf eine Beobachterliste („Watchlist“). Am 19. Januar 2022 hat die EU-Kommission die Watchlist für möglicherweise trinkwasserrelevante Schadstoffe mit zwei endokrin wirksamen Substanzen („Pseudo-Hormonen“ oder „endokrinen Disruptoren“) neu aufgesetzt:

Spätestens ab dem 12. Januar 2023 müssen die EU-Mitgliedsstaaten das Auftreten von Beta-Estradiol (siehe Kasten) und von Nonylphenol (s. ebenfalls Kasten) in ihren jeweiligen Roh- und Trinkwässern überwachen. Sollte sich auf Grund der breit angelegten Überwachung herausstellen, dass beide Substanzen in den Roh- und Trinkwässern der Mitgliedsstaaten häufig nachzuweisen sind, können für beide Stoffe in der EU-Trinkwasserrichtlinie Grenzwerte aufgenommen werden.

Für die Überwachung der Oberflächengewässer gibt es eine eigene Watchlist, auf der auch Beta-Östradiol schon seit Jahren gelistet ist (s. RUNDBR. 1148/4, 1136/3, 1121/1). Die »Oberflächengewässer-Watchlist« basiert auf der Richtlinie über Umweltqualitätsnormen (UQN), eine Tochterrichtlinie zur EG-Wasserrahmenrichtlinie. Wenn sich die Kandidaten auf der Watchlist als besonders kritisch, weitverbreitet und als relevant erwiesen haben, können sie als „prioritär gefährliche Stoffe“ mit einem Immissionsgrenzwert in die UQN-Richtlinie überführt werden. Nonylphenol ist in der UQN-Richtlinie schon seit langem als „prioritär gefährlicher Stoff“ aufgeführt.

 

Was hat es mit Estradiol und Nonylphenol auf sich?

Estradiol ist ein körpereigenes Hormon und gehört gleichzeitig als synthetisch hergestelltes Arzneimittel zu den wichtigsten Wirkstoffen zur Empfängnisverhütung (in Form der „Pille“) und zur Hormonbehandlung in und nach den Wechseljahren. Estradiol ist schon in sehr niedrigen Konzentrationen biologisch wirksam. Der alles andere als triviale Nachweis des Hormons wird in dem Report „Östrogene im Wasser – Screening und Risikobewertung für Europa“ näher erläutert. Der Bericht des schweizerischen Ökotoxzentrums kann abgerufen werden unter

https://www.oekotoxzentrum.ch/news-publikationen/news/oestrogene-im-wasser-screening-und-risikobewertung-fuer-europa/

Nonylphenole werden lt. Wikipedia hauptsächlich für die Herstellung von Nonylphenolethoxylaten (NPEO) verwendet, die wiederum als nichtionische Tenside z. B. in Waschlösungen eingesetzt werden. Zudem ist es in Fungiziden, Arzneimitteln, Weichmachern für Celluloseester, Farben und Lacken sowie in Polymeren oder Klebstoffen enthalten. In Kläranlagen werden die NPEO wieder zu Nonylphenolen abgebaut. In der aquatischen Umwelt haben die Nonylphenole eine hormonelle Wirkung in dem sie an den Estrogenrezeptor anbinden. Damit sorgen die Nonylphenole u.a. für eine „Verweiblichung“ von Fischmännchen.

Wir gehen mal davon aus, dass Beta-Estradiol und Nonylphenol allenfalls im Trinkwasser von Kommunen auftauchen können, die aus Uferfiltrat oder direkt aus abwasserbelasteten Oberflächengewässern mit Trinkwasser versorgt werden.

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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