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11. April 2022

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BBU-Wasserrundbrief Nr. 1191, 28. März 2022

 

Sicherung der Trinkwasserversorgung
in Klimawandelzeiten

 

Auf der oben genannten Konsultation der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) mit den interessierten Stakeholdern am 08.12.21 berichteten die LAWA-VertreterInnen u.a. auch darüber, wie die Bundesländer die Trinkwasserversorgung in kommenden Dürreperioden sicherstellen wollen: Vier Bundesländer hätten bereits fertiggestellte Konzepte zur langfristigen Gewährleistung der Versorgungsicherheit. Neun weitere Länder würden an entsprechenden Trinkwasserversorgungsplänen und –konzepten arbeiten. Die LAWA habe auch einen „Nitratbericht 2020“ erstellt, der am 10.07.20 veröffentlicht worden sei. Dieser Bericht enthalte eine Übersicht über die Entwicklung der Nitratkonzentrationen im Grundwasser. Bei den Messstellen mit landwirtschaftlich beeinträchtigen Grundwässern („EU-Nitratmessnetz“) habe sich im Berichtszeitraum von 2016 bis 2018 eine leichte Verbesserung abgezeichnet. „Annähernd konstante Verhältnisse“ hätten sich bei einer Auswertung aller Messstellen („EUA-Messnetz“) herausgestellt. Die „grundsätzlich positive“ Tendenz bei landwirtschaftlich beeinträchtigen Grundwasservorkommen reiche der EU-Kommission aber noch nicht aus, so Dr. Astrid Krüger vom niedersächsischen Umweltministerium in ihrem Vortrag.

Vom Schrumpfen der roten Gebiete
zu roten Punkten

 

Frau Dr. Krüger erläuterte, dass zur Reduktion der Nitratbelastung die Bundesländer unter dem Druck der Verurteilung Deutschlands wegen unzureichender Umsetzung der EG-Nitratrichtlinie sogenannte Nitratgebiete ausgewiesen hätten. In den „Nitratgebieten“ nach § 13 a der novellierten Düngeverordnung gelten weitergehende Restriktionen für die Düngung mit stickstoffhaltigen Mineraldüngern und mit Gülle – deshalb die Titulierung als „rote Gebiete“. Die länderspezifische Ausweisung der „Nitratgebiete“ hatte 2020 den lautstarken Protest erzürnter Landwirte provoziert. Die Wasserwirtschaftsverwaltungen würden sich geballten Klageverfahren von Landwirten gegenübersehen. Die Landwirte zweifeln u.a. die Verlässlichkeit der Nitratmessungen im Grundwasser an. Und außerdem seien viele Messbrunnen völlig untauglicher Schrott. Um den Landwirten entgegen zu kommen, hatten Bund und Länder eine „Binnendifferenzierung“ vereinbart: Nur dort, wo tatsächlich noch hohe Nitrateinträge nachweisbar seien, sollten rote Gebiete ausgewiesen werden. Dabei könne man sich Simulationsrechnungen bzw. Modellierungen bedienen. Die „Binnendifferenzierung“ führte in einigen Bundesländern zu einem drastischen Schrumpfen der „roten Gebiete“. Vielfach seien nur noch „rote Punkte“ übrig geblieben. Bundesweit umfasse die „rote Gebietskulisse“ jetzt noch zwölf Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen.

EU-Kommission ist über das Kleinrechnen
der roten Gebiete verärgert

 

Wie Dr. Jörg Wagner, Unterabteilungsleiter Wasserwirtschaft im Bundesumweltministerium, auf der virtuellen LAWA-Konsultation berichtete, habe man bei der „Binnendifferenzierung“ die Rechnung allerdings ohne den Wirt gemacht. Die EU-Kommission habe nämlich über das Schrumpfen der roten Gebiete „hoch verärgert“ reagiert. Die Kommission habe sich nicht damit einverstanden erklärt, dass die roten Nitratüberschussgebiete mit Hilfe von Simulationen kleingerechnet würden. Die Kommission beharre darauf, dass die tatsächlich vorliegenden Nitratmessungen in den Grundwasservorkommen der Flächenausdehnung der roten Gebiete zugrunde gelegt werden müssten. Zudem sei es in den Augen der Kommission ein Unding, dass jedes Bundesland sein eigenes Modellierungsverfahren anwenden würde: Wenn schon „Binnendifferenzierung“, dann müsse diese bundeseinheitlich angewandt werden.

Wagner berichtete, dass die LAWA jetzt unter hohem Zeitdruck die Modellierungsverfahren vereinheitlichen müsse. Mit dem harmonisierten Verfahren müsse man dann schon in den nächsten Wochen wieder nach Brüssel gehen, um sich von der EU-Kommission das neue Bundeseinheitsverfahren zur Abgrenzung der roten Gebiete absegnen zu lassen. Die Freigabe aus Brüssel sei allerdings nur zu erreichen, wenn das Schrumpfen der roten Gebiete zu einem Großteil wieder zurückgenommen würde. Wenn dann die Freigabe aus Brüssel erreicht worden sei, müssten die Bundesländer ihre jeweiligen Länder-Düngeverordnungen noch an das harmonisierte Verfahren anpassen – auch dies wieder unter höchstem Zeitdruck.

Anmerkung des WASSER-RUNDBRIES zum Hintergrund der Hektik: Schon in den nächsten Wochen könnte das Brüsseler Fallbeil wegen der jahrzehntelang verschleppten Umsetzung der EG-Nitratricht-linie über Deutschland niedergehen. Dann würden Strafzahlungen von 800.000 Euro am Tag drohen – solange bis sich die EU-Kommission endlich mit den deutschen Düngepraktiken und der Flächenausdehnung der roten Nitratüberschussgebiete einverstanden erklärt.

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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