aktualisiert:
14. April 2023
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WasserInBürgerhand!
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BBU-Wasserrundbrief Nr. 1203, 31. März 2023
Aquatische Bürgerbeteiligung auf
der
kleinteiligen kommunalen Ebene?
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Einen guten Kommunikationsstil würden wir uns auch bei einigen Kommunalverwaltungen wünschen. Entweder wird in wasserwirtschaftlichen Angelegenheiten eine Null-Kommunikation gepflegt – oder die Rathauschefs glucken auf wasserwirtschaftlichen Basisdaten und betreiben Informationsverweigerung. Jenseits der Wasserwirtschaftsverwaltungen auf Kreisebene öffnet sich in den Kommunen eine Welt, die bei wasserwirtschaftlichen Vorhaben immer noch von Obrigkeitsstaatlichkeit geprägt ist. Nachstehend zwei Beispiele:
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Kleingärtner werden gezwungen,
Trinkwasser zu nutzen
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In einer Stadt mit 230.000 EinwohnerInnen wird ein Schrebergartengelände bisher mit Gießwasser aus einem benachbarten Gewerbekanal versorgt. In Dürresommern führt der Gewerbekanal allerdings kein Wasser. Insofern ist es erfreulich, dass das Gartenamt die Gärten jetzt an die Trinkwasserversorgung anschließt. Ärgerlich ist, dass dabei die Verbindungsleitungen zum Gewerbekanal gekappt werden. Damit wird ein ganzjähriger Wasserbezug aus der zentralen Trinkwasserversorgung notwendig.
Klug wäre es gewesen, den Trinkwasserbezug nur als „Notnagel“ für die Wochen zu nutzen, in denen der Gewerbekanal kein Wasser führt. Die vorrangige Nutzung des Wassers aus dem alten Gewerbekanal empfiehlt sich deshalb, weil in den letzten Dürresommern die Wasserförderung im städtischen Wasserwerk regelmäßig in die Knie gegangen ist. Das Ersatzwasser muss dann aus einem weiter entfernt liegenden Wasserwerk mit vergleichsweise hohem Energieaufwand in einen hochgelegenen Hochbehälter gepumpt werden. Der Wunsch der KleingartenpächterInnen, den Wasserbezug aus dem Gewerbekanal weiterhin zu ermöglichen, konnte aber gar nicht diskutiert werden. Das durch eine Nichtkommunikation glänzende Gartenamt hatte die PächterInnen einfach vor vollendete Tatsachen gestellt.
Die zwangsweise Totalumstellung der Wasserversorgung der Kleingartenkolonie im März 2023 ist ein amtlicher Schildbürgerstreich: Während man beim lokalen Wasserversorger beispielsweise über progressive Wassertarife nachdenkt, um die Spitzenverbräuche beim Trinkwasserbezug zu reduzieren, ist man beim ignoranten Gartenamt drauf und dran, völlig unnötige Trinkwasserbedarfe zu provozieren.
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Wenn die Stadtverwaltung auf
den hydraulischen Daten gluckt
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In einer Kommune mit 20.000 EinwohnerInnen sollen die nicht mehr standsicheren Deiche entlang eines Hochwasserentlastungskanals sicherheitshalber durch Stahlspundwände ersetzt werden. Eine Bürgerinitiative zweifelt die zu Grunde gelegten hydraulischen Daten an. Durch die Kanalisierungsarbeiten bestehe zudem Gefahr für ein altehrwürdiges Gebäude. Würde das denkmalgeschützte Anwesen bei Hochwasser einstürzen, würden die geplanten Arbeiten den Hochwasserschutz nicht verbessern, sondern möglicherweise katastrophal verschlechtern.
Auf den Wunsch der Bürgerinitiative, das hydraulische Basisgutachten für die Berechnung des Hochwasserabflusses und das Statikgutachten für das Gebäude zur Verfügung gestellt zu bekommen, reagiert das Rathaus erst monatelang gar nicht. Im Erörterungstermin im März 2023 zu der Hochwasserschutzmaßnahme bittet die BI erneut darum, dass den BürgerInnen die Unterlagen digital zur Verfügung gestellt werden. Die Antwort der Stadtverwaltung: Die Arbeit der digitalen Zuverfügungstellung werde man sich ganz gewiss nicht machen. Wer an den Unterlagen interessiert sei, könne mit der Stadtverwaltung einen Termin vereinbaren, um im Rathaus Einsicht in die Unterlagen zu nehmen. Tatsächlich liegen beide Gutachten als pdf-Datei vor und könnten mit wenigen Klicks an die interessierten BürgerInnen weitergeleitet werden. Aber die verstockte Stadtverwaltung unternimmt alles, um den wissbegierigen BürgerInnen das Leben schwer zu machen.
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Was sagt die „Wasserstrategie“
zu verbohrten KommunalbeamtInnen?
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Am 15. März 2023 hat nach langwierigen Abstimmungsprozessen im Kabinett die Bundesregierung eine „Nationale Wasserstrategie“ verabschiedet. Mit der Strategie soll die deutsche Wasserwirtschaft mit den Zeithorizonten 2030 und 2050 zukunftsfähig und enkeltauglich aufgestellt werden. Leider gibt auch die „Nationale Wasserstrategie“ nicht viel her, wenn man hinterwälderische KommunalmitarbeiterInnen zu mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung ermuntern will. Auf dem Weg zu einer mehr bürgerorientierten Verwaltung gibt es nur die im Kasten erwähnten Ratschläge.
Das in der EG-Wasserrahmenrichtlinie erwähnte Gebot zur aktiven Bürgerbeteiligung (siehe Art. 14 und zugehörige Erwägungsgründe) taucht im Katalog der Wasserstrategie erst gar nicht auf. Zudem wendet sich die Wasserstrategie vornehmlich an die „Wasserwirtschaftsverwaltungen“. In den beiden vorstehenden Beispielen liegen die Blockaden aber weniger bei der Wasserwirtschaftsverwaltung sondern mehr bei kommunalen Ämtern und den Dezernats- bzw. Rathausspitzen.
In der „Nationalen Wasserstrategie“ wird zudem gefordert, „eine unabhängige Evaluierung (Peer-Review) der wasserwirtschaftlichen Zuständigkeits-, Zusammenarbeits- und Entscheidungsstrukturen“ vorzunehmen. Hierfür komme „eine Zusammenarbeit mit der OECD [siehe RUNDBR. 1142/1-2] in Betracht, die ihre Mitgliedstaaten in solchen Prozessen unterstützt. Darüber hinaus prüfen Bund, Länder und Kommunen in ihren Zuständigkeitsbereichen laufend die Passfähigkeit und den Anpassungsbedarf der bestehenden Strukturen“ (siehe auch Maßnahme 48 in der „Nationalen Wasserstrategie).Bleibt zu hoffen, dass im Hinblick auf die „Passfähigkeit“ nicht nur die Unteren Wassserbehörden bei den Kreisverwaltungen, sondern auch kommunale Garten- und Tiefbauämter evaluiert werden!
Wie die Wasserwirtschaftsverwaltung fit gemacht werden soll
In der „Nationalen Wasserstrategie“ wird für wasserwirtschaftliche Entscheidung „die Anhörung aller Betroffenen“ sowie „Transparenz“ gefordert. Aber in welchem Umfang die Betroffenen informiert werden sollen, wird nicht weiter präzisiert:
„Die Wasserwirtschaftsverwaltungen werden mit den notwendigen personellen und technischen Kapazitäten sowie dem Zugang zu den erforderlichen Informationen und Daten ausgestattet. Letztere ermöglichen es ihnen, Entscheidungen über die Bewirtschaftung des nutzbaren Wasserdargebots eigenständig, umfassend, in angemessener Zeit und nach Anhörung aller Betroffenen zu treffen. Es werden die Entscheidungskompetenzen benannt und den verantwortlichen Behörden wird eine fachliche Unterstützung z. B. in Form von Entscheidungsunterstützungssystemen an die Hand gegeben. Die verantwortlichen Verwaltungen (auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene) und andere betroffene Akteure entwickeln Mechanismen, um die Prioritäten zur Wassernutzung umzusetzen, und berücksichtigen dabei u. a. die folgenden Punkte: i) Vollzug (ggf. Schaffung von Krisenstäben) und Kontrolle; ii) Umgang mit Widerständen; iii) Entschädigungen; iv) Transparenz; v) Evaluierung.“
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Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge.
Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
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