aktualisiert:
10. Dezember 2023
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WasserInBürgerhand!
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BBU-Wasserrundbrief Nr. 1210, 1. November 2023
Neue millionenteure Abwasserkanäle
für die Chip-Industrie in Dresden
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In Dresden ist man mächtig stolz über die Ansiedlung großer Produktionsstätten multinationaler Chip-
Konzerne. Die Chip-Fabriken im „Silicon Saxony““
benötigen megaviel Wasser: Vom Waver bis zum
Chip sind bis zu 100 Spülgänge mit vollentsalztem
Wasser notwendig. Die hohe Wasserintensität der
Chip-Industrie führt auch zu einem beeindruckend
hohen Abwasseranfall. Den mächtigen Abwasserströmen aus den Chip-Werken ist das Abwassersystem in Dresden nicht mehr gewachsen.
Deshalb
wird derzeit ein neuer Großkanal gebaut, der von
den Chip-Werken zu Großkläranlage in Dresden-
Kaditz führen wird. Schon jetzt ist der Industrieabwasseranteil am Gesamtabwasserstrom in Dresden
vergleichsweise hoch: 2018 leitete die Industrie
noch knapp 7 Millionen Kubikmeter Abwasser ein.
Im Jahr 2022 waren es bereits 10,2 Millionen Kubikmeter, das entspricht einem Fünftel des Dresdner
Abwassers, das im kommunalen Großklärwerk Kaditz behandelt wird. Die Dominanz der Chip-
Industrie wird dadurch deutlich, dass allein die Werke von Globalfoundries (GF), Infineon, Bosch und X-Fab schon jetzt 93 Prozent der Dresdner Industrie-Abwässer einleiten. Zum Vergleich: Die Abwassermenge aus der Chipindustrie entspricht dem von
250.000 Einwohnern. (In Dresden leben rund
600.000 Menschen.) Durch die vorgesehenen Erweiterungen und die Neuansiedlungen der Chipbranche wird sich die industriebürtige Abwassermenge aber noch drastisch erhöhen. Seit diesem
Jahr baut Infineon seinen Standort in Dresden noch
weiter aus. Und der taiwanesische Chiphersteller
TSMC will im Norden von Dresden ein neues Werk
im Rähnitzer Gewerbegebiet bauen.
Deshalb baut
die Stadtentwässerung den rund 10 Kilometer langen Industriesammler Nord. Mit dem rund 70 Millionen Euro teuren Großprojekt sollen das rechtselbische Kanalnetz entlastet und die Möglichkeiten für
eine noch weitergehende industrielle Entwicklung
geschaffen werden. Spätestens 2027 soll der neue
Industriesammler fertiggestellt sein. Durch die Zunahme der industriellen Abwasserflut hätten Teile
des Dresdener Abwassernetzes auch keinerlei mehr
Reserven für einen Starkregen. Deshalb muss noch
zusätzlich ein 600 m langer Stauraumkanal im Untergrund von Dresden gebaut werden. In dem zwei
Meter hohen Kanal können bei Starkregen bis zu
1.800 Kubikmeter Regenwasser gespeichert werden. Ohne den Staukanal würde die Gefahr bestehen, dass die Kanäle später im Stadtgebiet bei starken Regenfällen überlaufen könnten.
Auch der alte
Kanal zum Flughafen von Dresden muss mit Millionenaufwand erneuert werden. Dort fallen beispielsweise beim Enteisen der Flugzeuge im Winter täglich Hunderte Kubikmeter Abwasser an. Zusätzlich
sind dort Betriebe und Einrichtungen der Mikroelektronik angeschlossen, darunter der Mikroelektronikhersteller X-FAB und das Fraunhofer-Institut. (Alle
Angaben aus einer Pressemitt. der Stadtentwässerung Dresden GmbH vom Aug. 23)
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Wer muss den Industriesammler
in Dresden finanzieren?
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Im Hinblick auf den Millionenaufwand für den Bau der neuen Abwasserkanäle in Dresden hatten wir uns an die Dresdner Stadtentwässerung gewandt, um zu fragen, wer für diese Millionensummen aufkommen muss. Auf die Frage waren wir gekommen, weil die Ansiedlung eines Werkes des weltweit größten Chip-Herstellers TSMC in Dresden von Bund und Land bereits mit 5.000 Millionen Euro gefördert wird. Könnte es sein, dass der Chip-Gigant aus Taiwan durch den Kanalbau indirekt noch weiter subventioniert wird? U.a. wollten wir wissen, in welchem Umfang sich die nun besser angeschlossenen Industriebetriebe an den Kosten für die neuen Kanäle beteiligen werden? Zahlen die Industriebetriebe den "normalen" Kubikmeterpreis für Abwasser - oder ist an progressive Preise bzw. Gebühren gedacht, um einen materiellen Anreiz für einen haushälterischen Umgang mit Wasser - und damit zu einem geringeren Abwasseranfall - zu geben? Gibt es Starkverschmutzerzuschläge - und ist die Chipindustrie davon ggf. betroffen?
Torsten Fiedler, Pressesprecher der Stadtentwässerrung, teilte uns dazu am 25.08.23 u.a. mit, dass die
Chipindustrie zur Vorreinigung ihre Abwässer „umfangreiche Abwasserreinigungsanlagen an ihren
Produktionsstandorten auf eigene Kosten“ betreiben
würde. Die Vorreinigung sei erforderlich, damit das
Abwasser aus den Chip-Fabriken die Grenzwerte
der Entwässerungs- und Abwassergebührensatzung
der Landeshauptstadt Dresden einhalten könne.
Weiter heißt es in der Antwort der Stadtentwässerung:
„Grundsätzlich sind Gebührenhöhe und Einleitbeschränkungen denen von Haushalten und
Gewerbe gleichgestellt. Einen Mengenrabatt gibt
es nicht. Notwendige Investitionskosten werden
durch die Mehreinnahmen kompensiert und stabilisieren langfristig die Dresdner Abwassergebühren. Einen Zuschuss [für den Kanalbau] zahlt
die Industrie nicht. Sowohl der Aufwand für den
Bau und Betrieb der eigenen Abwasserreinigungsanlagen als auch die zu zahlenden Abwassergebühren sind für die Chipindustrie ein
wesentlicher Kostenfaktor auf einem umkämpften Markt. Auch der Bezug des Produktionswassers von der SachsenEnergie hat seinen Preis. Es gibt in Dresden einen Starkverschmutzerzuschlag, davon ist die Chipindustrie nicht betroffen.“
Weitere Auskunft zur „langfristigen Stabilisierung“
der Abwassergebühren in Dresden durch mächtige
Abwasserströme aus der Chip-Branche bei:
Stadtentwässerung Dresden GmbH
E-mail: torsten.fiedler@se-dresden.de
Tel.: 0351 822-3621, 0174 1739864
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Woher kommt das Wasser
für die Dresdner Chipindustrie?
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Der enorm hohe Wasserverbrauch der Chip-Fabriken in Dresden hat dort zu Kontroversen geführt, woher das notwendige Trinkwasser bezogen
werden soll? Auf der einen Seite werden zusätzliche
Talsperren und Grundwasserentnahmen empfohlen.
Auf der anderen Seite wird der Vorschlag artikuliert,
noch mehr Wasser direkt aus der Elbe bzw. Uferfiltrat zu entnehmen.
Auf der Festveranstaltung zum
40jährigen Bestehen des Bundesarbeitskreises
Wasser des BUND am 14. Juli 2023 in Magdeburg
wurde von Wissenschaftlern die Entnahme aus der
Elbe favorisiert. Diese Beschaffungsvariante sei trotz zunehmender Niedrigwasserphasen in der Elbe
- deutlich weniger problematisch und ökologisch verträglicher im Vergleich zu Neubau und Vergrößerung von Talsperren oder zusätzlicher Grundwasserentnahmen. Die empfohlene Entnahme aus der
Elbe war in Magdeburg allerdings auf viel Skepsis in
Teilen des Auditoriums gestoßen. Geplant wird derzeit ein Spezialwasserwerk, dass Wasser liefern
soll, das dann von den Chip-Werken selbst aufbereitet werden soll – mehr dazu unter
https://t1p.de/tay65
Mit der Zurverfügungstellung von Betriebswasser für
die Halbleiterindustrie im Norden von Dresden will
der dortige Wasserversorger den Trinkwasserverbrauch vom Industriewasserbedarf abkoppeln. Dazu
wurde in einem MDR-Beitrag die zuständige Projektenwicklerin der „SachsenEnergie“ zitiert:
"Mit dieser Entkopplung wollen wir die Versorgung der Bevölkerung weiter gewährleisten. Die
Betriebswasserversorgung für die Industrie sei
ein riesiges Thema. Derzeit würden etwa 30.000
Kubikmeter Trinkwasser täglich für die Industrie
verwendet – etwa ein Drittel des gesamten Wasserbedarfs in der Region Dresden.“
Um der erwarteten Verdoppelung oder gar Verdreifachung des Industriewasserbedarfs in Dresden
entsprechen zu können, will die „SachsenEnergie“
15 Uferfiltratbrunnen entlang der Elbe errichten.
Damit könnten täglich 18.000 Kubikmeter Betriebswasser für die Industrie gefördert werden.
Die ganze
MDR-Sendung zur Zukunft der prekären Wasserversorgung in Sachsen im Allgemeinen und in Dresden im Besonderen unter:
https://t1p.de/ehpf7
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„Höchst minimale“ Beeinflussung
der Elbewasserführung
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Zu den prognostizierten Kosten für das neue Uferfiltratwerk heißt es in einer Pressemitt. der Stadt Dresden vom 14.09.23, dass mit mehr als 300 Mio. Euro
kalkuliert werden müsse. Das werde zu einer „Wirtschaftlichkeitslücke“ bei der „SachsenEnergie“ führen. Deshalb werde das Land Sachsen voraussichtlich Fördergelder zur Verfügung stellen. Eine diesbezügliche Kabinettsentscheidung werde für November 2023 angestrebt. Im November 2023 soll
auch der Stadtrat von Dresden über die „Neuordnung“ der Wasserversorgung in der Landeshauptstadt entscheiden.
Zu dem Gesamtkonzept gehört,
dass die „SachsenEnergie“
„mit einem hohen finanziellen Aufwand bis 2026
die bestehenden drei Wasserwerke Hosterwitz,
Tolkewitz und Coschütz ertüchtigen und das
Reserve-Wasserwerk Albertstadt erneut in Betrieb nehmen wird. Hinsichtlich des neuen Uferfiltratwerkes an der Elbe geht die SachsenEnergie davon aus, das die Uferfiltratentnahme „nur
höchst minimal die Wasserbilanz der Elbe“ beeinflussen werde.
„Die entnommene Menge liegt
selbst in Zeiten von Niedrigwasser (…) bei lediglich 0,21 Prozent der Durchflussmenge und wird
nach Nutzung zu 80 bis 90 Prozent über die
Stadtentwässerung Dresden zurück in die Elbe
geleitet.“
Die ganze Pressemitt. unter:
https://t1p.de/fdggk
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Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge.
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