aktualisiert:
24. Januar 2024
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WasserInBürgerhand!
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BBU-Wasserrundbrief Nr. 1215,
6. Januar 2024
Stürzt das Aktionsprogramm
naturbasierter Klimaschutz ins 60 Mrd.-Loch?
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Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15.11.23 zur nicht zulässigen Umwidmung von Corona-Milliarden in Klimaschutz-Milliarden ist für die Ampelkoalition ein haushaltspolitisches Desaster. Auf einen Schlag fehlen in der Haushaltsplanung für die nächsten Jahre nun 60 Milliarden Euro. Wie dramatisch das Urteil ist, zeigt auch eine Aussage Habecks von vor einigen Monaten, die anlässlich des Urteils in zahlreichen Medien neu zitiert wurde. Würde das Verfassungsgericht den Nachtragshaushalt als verfassungswidrig einstufen, „würde uns der Fußboden weggezogen, auf dem wir versuchen, die wirtschaftliche Situation in Deutschland zu stabilisieren“, hatte Habeck im Juni 2023 erklärt. Jetzt fehlen aber nicht nur die Subventionsmilliarden zum Neubau von Chipfabriken in Ostdeutschland (s. RUNDBR. 1210/1-3) – dem Klima- und Gewässerschutz könnte ebenfalls die finanzielle Grundlage weggerissen werden.
Denn von den jetzt anstehenden Kürzungen sind auch geplante Investitionen betroffen, die direkt oder indirekt gewässerrelevant sind. AGRARHEUTE.COM vom 17.11.23 listete u.a. folgende Maßnahmen auf, die zwei Tage zuvor im sich plötzlich auftuenden 60 Mrd.-Euro-Loch verschwunden waren:
- Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz (Bundesumweltministerium), u. a. zur Wiedervernässung von Mooren: 963 Mio. €
- Zuschüsse zur Förderung von Maßnahmen zum Schutz von Moorböden und zur Verringerung der Torfverwendung (Bundeslandwirtschaftsministerium): 37 Mio. €
- Fördermaßnahme zum natürlichen Klimaschutz in kommunalen Gebieten im ländlichen Raum (Bundesumweltministerium), u. a. zur Renaturierung von Ökosystemen: 20 Mio. €
- Zuschüsse zur Förderung von Maßnahmen zum Humusaufbau (Bundeslandwirtschaftsministerium): 12 Mio. €
Pandemie-Kredite für den Klimaschutz umwidmen, geht gar nicht!
Aufgrund einer Klage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte das Bundesverfassungsgericht die Frage zu klären, ob eine Bundesregierung ungenutzte Gelder aus Krediten, die sie in einer Ausnahmesituation (wie beispielsweise einer Pandemie) aufgenommen hat, aufsparen darf, um sie Jahre später für einen anderen Zweck wie der Bekämpfung der Klimakrise auszugeben? Das „Geht-gar-nicht-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts stellte die härtest mögliche Auslegung der „Schuldenbremse“ dar. Die Begründung des Bundesverfassungsgerichts unter
https://kurzelinks.de/se6c
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Die prinzipiell bewilligten – aber jetzt hinfällig gewordenen - Summen, sogenannte „Verpflichtungsermächtigungen“, „liegen allein für das Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz bei 2,7 Mrd. €“, schreibt AGRARHEUTE.COM.
Insgesamt waren für das Aktionsprogramm naturbasierter Klimaschutz (ANK) bis 2026 4 Mrd. Euro fest eingeplant gewesen. „Damit werden wir Moore wiedervernässen, Auen renaturieren sowie Wälder, Böden, Gewässer und Meere erhalten und schützen“, hatte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bei der Vorstellung des ANK am 29.03.2022 angekündigt gehabt. Darüber hinaus sollten aus dem ANK auch der Erhalt und die Neuanlage von Strukturelementen, wie Hecken, Knicks, Agroforstsysteme, Baumreihen oder Feldgehölze, gezielt bezuschusst werden – allesamt Maßnahmen, die auch für die Stärkung des Landschaftswasserhaushalts und zur Erosionsminderung von Bedeutung wären. Ferner war vorgesehen, mit ANK-Geldern die dauerhafte Umwandlung von Ackerland in extensiv genutztes Grünland insbesondere auf erosionsgefährdeten Standorten oder in Überschwemmungsbereichen zu bezuschussen. Damit hätte sich u.a. die Abschwemmung von Feinschluff aus Ackerböden in die Bäche reduzieren lassen. Der feine Schlamm verklebt das Sank-Kies-Lückengefüge an der Bachsohle. Diese „Kolmatierung“ beeinträchtigt die Biodiversität in den Bächen im agrarischen Umfeld erheblich.
Zumindest in der laufenden Legislaturperiode ist es ausgeschlossen, dass der Bundestag eine Reichensteuer (siehe Kasten unten) beschließen wird. Insofern sind die genannten Gewässer- und Moorschutzschutzmaßnahmen ohne finanzielle Basis. Zwar speisen auch die Einnahmen aus dem Handel mit CO2-Emissionszertifikaten den jetzt geplatzten Klima- und Transformationsfonds (KTF). Diese Einnahmen dürften aber eher der Mrd.-Subventionierung von Chipfabriken als der Regeneration von Gewässern und Mooren zu Gute kommen.
Das 60 Mrd.-Loch mit einer Reichensteuer stopfen!
In einem von der Badische Zeitung (BZ) veröffentlichten Leserbrief hatten wir zu den Milliardenlücken im Etat für 2024 und in den Folgejahren folgendes angemerkt:
Im BZ-Leitartikel vom 16.11.23 zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Klima- und Transformationsfonds wird die Frage gestellt, woher die jetzt verlustig gegangenen 60 Mrd. Euro stattdessen herkommen könnten? Die Antwort findet sich auf der gleichen Seite der BZ in der Besprechung eines neu erschienenen Buches über die Steueroasen (Quinn Slobodian: „Kapitalismus ohne Demokratie – Zonen, die nur dem globalen Kapital dienen“; Suhrkamp). Millionäre und Milliardäre verschieben ihre Vermögen zu Lasten der Gemeinschaft in mehr oder weniger exotische Niedrigststeuerzonen. Der größte Teil dieser gigantischen Vermögen ist sicher nicht durch ehrliche Arbeit entstanden: Allein durch die Cum-Ex-Betrügereien sind dem Staat – und damit uns allen – schätzungsweise 100 Mrd. Euro verloren gegangen. Zugleich tragen die Reichen und Superreichen mit ihrem luxuriösen Lebenswandel weit überproportional zur Klimakrise bei. Das jetzt entstandene 60 Mrd.-Loch könnte locker gefüllt werden, wenn sich die Schutzpatrone der oberen Zehntausend – also mindestens FDP, CDU/CSU und AfD - nicht länger einer Reichensteuer verweigern würden. Die BZ hat am 21.10.23 auf zwei Seiten die Initiative „Besteuert mich!“ (www.taxmenow.eu) vorgestellt: Der nachdenkliche Teil der Millionäre und Milliardäre hat erkannt, dass es in den Untergang führt, wenn die Ungleichheit in der Gesellschaft stetig wächst – und fordert demzufolge „hohe Vermögenssteuern“ für die Kaste der Hochvermögenden. Wäre noch anzumerken, dass die Flucht in Steueroasen – beispielsweise in der Karibik – mit dem rapiden Voranschreiten der Klimakrise auch keine vielversprechenden Zukunftsperspektiven mehr verheißt: Immer gewaltigere Hurrikans, Zyklone und Taifune werden das Leben auch für die dorthin geflüchteten Superreichen zunehmend unangenehm gestalten.“
Der Kürze eines Leserbriefes ist es geschuldet, dass nur die generelle Lösungsoption angetippt - aber nicht auf die Komplexizität der vorgeschlagenen „Reichensteuer“ eingegangen werden konnte.
-n.g.-
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