aktualisiert:
28. Dez. 2024

  Nachrichten  

WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief Nr. 1225, 5. Dez. 2024

 

Flaschenwasser wird für Nestlé
zum Reputationsrisiko

 

Wir hatten schon vor Jahren Nestlé-Deutschland dazu geraten, das Flaschenwassergeschäft aufzugeben. Der Konzern würde sich absehbar mit seiner Flaschenwassersparte nur Imageprobleme einhandeln. Tatsächlich ist Nestlé inzwischen dabei, sich schrittweise aus dem Massenmarkt für Flaschenwasser zurückzuziehen. Der Konzern will sich stärker auf das hochpreisige Flaschenwassersegment konzentrieren. Aber selbst in diesem Segment hat Nestlé inzwischen einen großen Reputationsschaden erlitten: Im April 2024 musste Nestlé 40 Mio. Perrier-Flaschen vernichten. Es war nicht auszuschließen, dass das Wasser mit Fäkalbakterien belastet sein könnte. Lt WELT-online vom 25.04.24 dürfe der betroffene Abfüllort in Südfrankreich bis auf Weiteres nicht genutzt werden. Nach heftigen Regenfällen Anfang März 24 waren im Grundwasser im südfranzösischen Ort Vergèze Fäkalbakterien nachgewiesen worden. Die zuständige Präfektur hatte daraufhin die Abfüllanlage von Nestlé vorläufig stillgelegt. Mehrere Hundert Paletten mit Perrierflaschen konnten nicht mehr in den Verkauf gehen.

Getrübt wird die Freude im Nestlé-Vorstand an seiner Flaschenwassersparte auch durch weitere Nachrichten, die nicht eben verkaufsförderlich sind. US-Wissenschaftler haben kürzlich bekannt gegeben, dass sie Mikro- und Nanoplastik in Flaschenwasser nachgewiesen hätten (siehe Kasten). Die ForscherInnen hatten die Vermutung geäußert, dass die Kunststoffpartikel auch von den Mikrofiltern zur Nachbehandlung des Quellwassers stammen könnten.

(Mehr zu Nestlé in den RUNDBR. Nr. 1145/S. 2-3, 1022/1-2, 899/3, 800/1, 724/4, 676/2 und 519/2)

Siehe auch die VOLLTEXTSUCHE in der linken blauen Spalte dieser Seite

Wie bekömmlich sind Mikro- und Nanoplastik?

Die Angst vor Flaschenwasser, das durch Mikro- und Nanoplastik belastet ist, wird durch die Medien eifrig geschürt. So hat die NZZ am 03.02.24 in ihrem wöchentlichen Gesundheitskommentar unter der Überschrift „Ich werde zu Plastik“ geschrieben, dass man „allein mit den täglich empfohlenen zwei Liter Wasser“ über das belastete Flaschenwasser „eine halbe Million Plastikteilchen“ aufnehmen würde – und weiter:

Das ist unheimlich. Denn die Nanopartikel können durch die Darmwand in die Blutgefäße schlüpfen. Mit dem Blut werden sie ins Herz und ins Gehirn gespült und kommen sogar in die Zellen hinein. Im Labor wurde beobachtet, dass Immunzellen grössere Mengen Mikroplastik aufnehmen können. Ich stelle mir vor, wie die winzigen Plastikteilchen über die Jahre meine Zellen auffüllen – bis ich selbst zu Plastik werde. (…) Es ist denkbar, dass Partikelansammlungen in den Organen chronische Entzündungen auslösen. Man kann sich auch vorstellen, dass mit Plastikteilchen befüllte Zellen nicht mehr gut funktionieren.“

Der Kommentar endet mit der Aussage, dass „die Allgegenwärtigkeit der winzigen Abbaustoffe“ aus der Plastikwunderwelt „beunruhigend“ sei. Den ganzen Kommentar kann man unter

https://www.nzz.ch/wissenschaft/mikroplastik-allgegenwaertig-auch-in-unserem-koerper-ld.1775733

nachlesen. Allein, weder dieser noch viele ähnliche Kommentare haben bis jetzt zu einem Umsatzeinbruch auf dem Flaschenwassermarkt geführt. FlaschenwassertrinkerInnen sind offenbar hart im Nehmen – oder eher: Den FlaschenwassertrinkerInnen ist es in der übergroßen Mehrheit völlig egal, was außer H20 noch alles im Flaschenwasser enthalten sein könnte. -ng-

Naturbelassenes“ Nestlé-Wasser
war gar nicht „naturbelassen"

 

Nestlé hatte bereits im Januar 2024 für Negativschlagzeilen gesorgt. Nach Recherchen französischer Medien habe der Konzern Quellwasser auf nicht zugelassene Weise desinfiziert. Nestlé hatte eingeräumt, das Wasser durch Aktivkohle gereinigt bzw. mit UV-Strahlen hygienisiert zu haben. Originäres Mineralwasser muss aber naturbelassen in die Flaschen abgefüllt werden und darf nicht zuvor behandelt werden.

Lt. WELT sei die französische Regierung nach Informationen der Zeitung "Le Monde" spätestens seit 2021 über die Nachbehandlung des Quellwassers informiert gewesen. Eine Untersuchungskommis-sion habe 2022 bestätigt, dass die illegale Desinfektion von Quellwasser in der Flaschenwasserbranche weitverbreitet sei. Der Bericht sei allerdings nicht veröffentlicht worden. Im vergangenen Jahr habe die französische Regierung daraufhin „diskret die Vorschriften“ geändert und „den Einsatz von Mikrofiltern ermöglicht“.

Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch hat die „dreiste Abzocke“ aufgegriffen und Klage gegen Nestlé vor einem Gericht in Paris erhoben. Der weitergehende Vorwurf von Foodwatch: Einige Firmen hätten sogar normales Leitungswasser abgefüllt und als Mineralwasser verkauft:

Mineralwasser aufwendig per LKW und Zug über tausende Kilometer durch Europa zu karren, ist an sich schon ökologisch fragwürdig. Wenn jetzt herauskommt, dass in den Kästen auf den Ladeflächen nur stinknormales Wasser hin- und her schwappt, gibt sich dieses Geschäftsmodell der Lächerlichkeit preis.“ 

Mehr zum Foodwatch-Engagement gegen Nestlé unter
https://kurzlinks.de/yjru

Betrug in Plastikflaschen“ –
Foodwatch verlangt Rechenschaft

 

Foodwatch hat inzwischen eine größere Kampagne gegen Nestlé laufen. Mitte Mai 2024 legte die Verbraucherschutzorganisation nach und forderte eine „komplette Aufklärung“ über die nicht auszuschließende Belastung des Flaschenwassers mit Bakterien. Die Hygienekontrolle in Deutschland wurde ebenfalls gerügt:

Auch in Deutschland bleiben die Behörden bislang untätig. Auf Anfrage teilen uns die Kontrolleure entweder mit, dass sie nicht zuständig wären. Oder dass ‚besondere Maßnahmen nicht erforderlich‘ seien. Dabei ist das Betrugs-Wasser sehr wahrscheinlich auch in deutschen Supermarktregalen oder Restaurants
gelandet.“

Und weiter:

Und natürlich mauert auch Nestlé, ließ unsere Fragen unbeantwortet. Dabei wäre wichtig zu wissen: Wie viel von dem Betrugs-Wasser ist in Deutschland gelandet? (…) Solange das ungeklärt ist, muss das Wasser vom Markt."

Flaschenwasser mit E.Colis:
Foodwatch klagt gegen Nestlé

 

Weil Nestle bewusst mikrobiell kontaminiertes Flaschenwasser in den Verkauf gebracht hatte, war im Febr. 2024 von Foodwatch eine Klage gegen den Lebensmittelkonzern angestrengt worden. Das Verfahren vor einem französischen Gericht endet mit einer Geldstrafe für Nestlé in Höhe von zwei Millionen Euro. Foodwatch konnte in dieser Geldstrafe „keine abschreckende Wirkung“ für den Lebensmittel-Multi erkennen. Die Verbraucherschutz-Organi-sation setzte die Buße von zwei Millionen Euro in Bezug auf den Gewinn des Konzerns in Höhe von 11,2 Mrd. Schweizer Franken im Jahr 2023. Ferner habe Nestlé 18 Mio. Flaschen mit kontaminierten bzw. illegal aufbereitetem Wasser in den Verkauf gebracht. Damit habe der Konzern einen Umsatz von drei Milliarden Euro gemacht. Im Vorfeld der Verhängung der Geldstrafe hatte das französische Gericht den Vorschlag gemacht, Foodwatch eine größere Entschädigung von Nestlé zukommen zu lassen – wenn die Organisation im Gegenzug einer Einstellung des Verfahrens zustimmen würde. Das hatte Foodwatch abgelehnt.

Nachdem Foodwatch die schließlich verhängte Zwei-Millionen-Geldstrafe angesichts der Dreistigkeit des Konzerns als völlig ungenügend eingestuft hatte, wurde von der Verbraucherschutz-Organisa-tion im Sept. 2024 bei der französischen Gerichtsbarkeit eine weitere Klage gegen Nestlé eingereicht. Die zweite Klage richtet sich auch gegen Sources Alma, den Hersteller von Cristaline, dem meistverkauften Flaschenwasser Frankreichs. Sorces Alma habe verunreinigtes Mineralwasser ebenfalls mit illegalen Methoden behandelt und als „natürliches Mineralwasser“ verkauft.

Im Rahmen der zweiten Klageerhebung erinnerte Foodwatch erneut daran, dass die französische Lebensmittelüberwachung bereits vor Monaten auch auf mögliche Gesundheitsrisiken durch das mikrobiell kontaminierte Flaschenwasser hingewiesen habe.

Einen öffentlichen Rückruf oder eine Warnung an die Behörden in anderen EU-Ländern gab es jedoch nicht. Die Europäische Kommission warf in einem Bericht zu dem Fall Frankreich schwere Versäumnisse bei der Lebensmittelüberwachung vor.“

Weitere Infos zur zweiten Klageerhebung unter:
https://kurzlinks.de/uqi6

Dort finden RUNDBR.-LeserInnen auch eine umfangreiche Link-Sammlung zu dieser Affäre …


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
Zurück zur Startseite


  2005 by wd team stuttgart      xxl sicherheit