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10. März 2025

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BBU-Wasserrundbrief Nr. 1229, 20. Februar 2025

 

Für immer und ewig:
PFAS-Flächen bei Rastatt verdoppeln sich

 

Bei den Ackerflächen und Grundwasservolumina, die bei Rastatt durch PFAS-kontaminierten Kompost belastet worden sind (s. RUNDBR. 1160/2-3, 1134/ 2-3, 1107/4, 1091/1, 1047/1-3) hat sich jetzt eine drastische Ausweitung ergeben. Das geht aus aktuellen Berechnungen des Technologie-Zentrums Wasser (TZWI in Karlsruhe und aus Simulationen der baden-württembergischen Landesanstalt für Umwelt (LUBW) hervor. Lt. der im Januar 2025 veröffentlichten Daten, haben sich gegenüber den Erhebungen von 2020 die kontaminierten Grundwasservolumina fast verdreifacht und die betroffene Fläche auf rund 127 Quadratkilometer verdoppelt. [Zum Vergleich: die Fläche der benachbarten Großstadt Karlsruhe liegt bei 173 Quadratkilometern.] Bei der Volumenabschätzung geht das TZW jetzt von rund 490 Millionen Kubikmetern belastetem Grundwasser aus gegenüber 170 Millionen Kubikmetern bei der vorherigen Erhebung. „So viel Trinkwasser verbraucht die gesamte Bevölkerung Baden-Württembergs ungefähr pro Jahr“, veranschaulichte Olaf Kaspryk, Geschäftsführer der Stadtwerke Rastatt die Zahl.

Die Simulation der LUBW zeigt für drei verschiedene Tiefenbereiche des Grundwassers die derzeitige Situation und prognostiziert die räumliche Ausdehnung der PFAS-Verunreinigung nun bis zum Jahr 2033. Nutzerinnen und Nutzer der interaktiven Karten können selbst wählen und sich für drei verschiedene Tiefenbereiche im Grundwasserleiter und unterschiedliche Prognosejahre die Entwicklung darstellen lassen. Die Konzentrationen werden sowohl als Summenwerte als auch für jede der neun modellierten PFAS-Einzelverbindungen gezeigt. Die Simulation basiert auf dem Grundwassermodell der LUBW für Mittelbaden. Die interaktiven Karten können über die Webseiten der LUBW abgerufen werden:

https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/wasser/pfc-karten-online

Rastatt: Woher rührt die Zunahme
der PFAS-kontaminierten Flächen?

 

Aus den Äckern, die mit den kontaminierten „Komposten“ aus der Verwertung von Schlämmen aus der Papierindustrie, beaufschlagt worden sind, lösen sich fortwährend PFAS-Substanzen und gelangen ins Grundwasser. Mit dem Grundwasserstrom werden die „Ewigkeitschemikalien“ in immer größere Areale verschleppt. Zudem müssen mit der Verschärfung von PFAS-Grenzwerten in der Trinkwasserverordnung (s. 1201/3-4) auch Grundwasservorkommen als belastet eingestuft werden, die bislang als gering belastet bewertet worden sind. Das hat Folgen für Ackerbauern und NutzerInnen von privaten Grundwasserbrunnen in den sich immer weiter ausdehnenden Flächen. Sie sollen sich bei der LUBW erkundigen, ob sie das geförderte Grundwasser überhaupt noch verwenden dürfen. Der Ra-statter PFAS-Skandal zieht damit immer weitere Kreise und gilt schon länger als der flächenmäßig größte kontaminierte Standort in Deutschland. Die Flächen und Grundwasservolumina sind derart gigantisch, dass eine Sanierung finanziell außerhalb jeglicher Möglichkeiten liegt. Folgen hat die breitflächige PFAS-Kontamination auch für die Trinkwassergebühren in Rastatt: Ein Viertel der Trinkwassergebühr entfällt bereits auf die Aufbereitungskosten, um mit Hilfe von Aktivkohlefiltern das geförderte Rohwasser aus zwei Grundwasserbrunnen vom PFAS zu befreien.

Weitere Auskunft zur PFAS-Belastung im Großraum Rastatt bei
Olaf Kaspryk
Geschäftsführer Stadtwerke Rastatt
+49 7222 773-200
gf-buero@stadtwerke-rastatt.de

Eine Komplett-Zerstörung
von
Ewigkeitschemikalien …

 

… verspricht das Start-Up Oxyle aus der Schweiz. Die extrem persistenten Per- und Polyfluorierten Alkyl-Substanzen (PFAS) sollen mit einem Katalysator-unterstützten Oxidationsverfahren praktisch vollständig zerstört werden. Das Verfahren sei dem bislang üblichen Aktivkohleverfahren überlegen. Unter anderem deshalb, weil bei der Adsorption an Aktivkohle die PFAS-Moleküle erhalten und nur in den Abfallpfad (mit nachfolgender Verbrennung) verschoben werden (s. RUNDBR. 1211/3-4). Selbst der kleinste Vertreter aus der unheiligen PFAS-Familie, das inzwischen allgegenwärtige Trifluoracetat (TFA, s. RUNDBR. 1213/3, 1210/3-4, 1201/2-4) soll dem Oxyle-Oxidationsverfahren nicht gewachsen sein.

Der Link zur englischsprachigen Unternehmens-Homepage:
https://oxyle.com/

Über die unternehmerischen Herausforderungen eines Start-Ups erfährt man mehr in einem Interview mit der Co-Gründerin von Oxyle:
https://www.chemie.de/news/1184616/start-up-im-kampf-gegen-ewigkeitschemikalien-revolutionaere-technologie-zerstoert-pfas-vollstaendig.html

In einem weiteren Interview mit dem Gründer -Magazin StartupValley unter
https://startupvalley.news/de/oxyle/
erklärt die – ursprünglich aus einem wasserarmen indischen Dorf stammende – Verfahrensentwickler-in:

Unsere Technologie basiert auf einer fortschrittlichen katalytischen Oxidationsmethode, die PFAS-Moleküle abbaut und sie in harmlose Bestandteile mineralisiert. Im Vergleich zu herkömmlichen Methoden wie Aktivkohle oder Filtration, die PFAS lediglich adsorbieren und das Problem nur verlagern, zerstört unsere Methode die schädlichen Moleküle vollständig. Dies hat den Vorteil, dass keine sekundären Abfallprodukte entstehen und die Wasserqualität nachhaltig verbessert wird. (…) Unsere Technologie verwendet auch 15-mal weniger Energie als [andere] destruktive Methoden und ist damit der kosteneffizienteste Prozess auf dem Markt.“

Dr. Fajer Mustaq verspricht, dass ihr Unternehmen „einen bedeutenden Beitrag zur Lösung der globalen PFAS-Kontaminationskrise“ leisten wird.

Traut sich eine/r unserer Leser/Innen zu, das Verfahren schon qualifiziert zu bewerten?

Für die Verweise auf frühere Rundbriefe nutzen Sie bitte die (Volltext-) Suchfunktion dieser Webseite in der Spalte links

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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