Immer
wieder gibt es Versuche, den hoheitlichen Charakter der kommunalen
Abwasserentsorgung auszuhebeln – entweder aus Dummheit oder
aufgrund von Raffinesse. Vermutlich war es eher Dummheit, dass
die Stadt Zehdenick im Juli 2011 eine sog. Dienstleistungskonzession "Abwasserbeseitigung" ausgeschrieben
hatte. Die Verpflichtung der Kommune zur Abwasserbeseitigung sollte
auf einen Konzessionär übertragen werden, der damit auch
die Entgelte von den Abwasserkunden erheben sollte. Die Stadt
erhoffte sich von dieser defacto-Privatisierung der Abwasserentsorgung
eine Lösung der Altanschließerproblematik sowie stabile
Abwasserkosten.
Wie die Pressestelle
der Brandenburgischen Oberlandesgerichtes am 28.08.12 mitteilte,
habe sich die VEOLIA Wasser GmbH an diesem
Vergabeverfahren beteiligen wollen. Allerdings war den VEOLIA-Juristen
gleich aufgefallen, dass die Vergabe einer Dienstleistungskonzession
im Abwasserbereich garnicht zulässig wäre. Denn wegen
dem hoheitlichen Charakter der Abwasserentsorgung darf ein privates
Unternehmen mit den Abwasserkunden keine direkten vertraglichen
Beziehungen eingehen und keine Gebühren erheben. VEOLIA
hatte die Stadt richtigerweise darauf hingewiesen, dass allenfalls
die
Ausschreibung eines sog. Dienstleistungsauftrags möglich
sei, bei dem die Stadt weiterhin gegenüber den Einwohnern
für Abwasserbeseitigung, Entgelte und Baukostenzuschüsse
selbst verantwortlich bliebe.
Erstaunlicherweise
hatte die beim Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten
ansässige
Vergabekammer des Landes Brandenburg den von der VEOLIA Wasser
GmbH gestellten Nachprüfungsantrag für diese Konzessionsausschreibung
zurückgewiesen. Über die dagegen von der Veolia
Wasser GmbH eingelegte sofortige Beschwerde hatte der Vergabesenat
des Brandenburgischen Oberlandesgerichts am 10. Juli 2012
mündlich
verhandelt.
Als Ergebnis
dieser Verhandlung hatte der Vergabesenat die Stadt Zehdenick
angewiesen, die Ausschreibung einer „Abwasserkonzession“ aufzuheben.
Bei einer etwaigen neuen Ausschreibung habe die Stadt die
Rechtsauffassung des Gerichts zu berücksichtigen. Zur Begründung
hat das Oberlandesgericht ausgeführt, die gerichtliche Nachprüfung
von Vergaben öffentlicher Auftraggeber umfasse nach
einer neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.6.2012
auch
die Frage, ob gesetzliche Regelungen die Vergabe einer Dienstleistungskonzession
untersagten. Im zu entscheidenden Fall verstoße die
Beschaffung der Dienstleistungen im Wege einer Dienstleistungskonzession
gegen die Vorschriften des Wasser- und Kommunalabgabenrechts.
Die Abwasserbeseitigung
sowie die Erhebung von Entgelten und Baukostenzuschüssen
durch einen privaten Konzessionär seien nach dem Gesetz
nicht gestattet. Hierfür seien ausschließlich
die Gemeinden zuständig.
Weitere Auskunft
zum Beschluss vom 28.8.2012 – Verg
W 19/11 - beim
Brandenburgischen
Oberlandesgericht
14767 B r a n d e n b u r g an der Havel
Pressesprecherin Dr. Martina Schwonke
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