Im Jahr 2000 gelang es der Weltbank mit massivem Druck und der Drohung
Kredite vorzuenthalten, Boliviens Wasserversorgung für die Privatisierung
durch transnationale Wasserkonzerne zu erschließen. In der Stadt
Cochabamba erhöhte das Konsortium des US-Konzerns Bechtel und des
spanischen Unternehmens Abenoga die Wasserpreise um bis zu 200 Prozent
und untersagte Nachbarschaftskomitees die kleinteilige Wasserversorgung
in Gebieten mit schlechter Versorgungslage. Diesen Angriff auf eine so
existentielle Lebensgrundlage wie die ausreichende Versorgung mit kostengünstigem
Wasser wehrte die Bevölkerung Cochabambas mit einer selbstbewussten
Serie von Protesten ab. Das Konsortium wurde aus der Stadt vertrieben.
Statt aber die Wasserversorgung wieder in eine konventionelle kommunale
Form zu überführen, forderten die Demonstranten: „In unsere
Hände!“
Seitdem übt die Bevölkerung die demokratische Kontrolle über
das lokale Versorgungsunternehmen aus: Zum einen wählt sie
die Vorstandsmitglieder direkt; zum anderen hat sie sich zu Wasserkomitees
zusammengeschlossen, die in Gebieten mit schlechter Anbindung
die Wasserversorgung organisieren.
Denn der
Verbleib von Dienstleistungsunternehmen in konventioneller öffentlicher
Trägerschaft oder aber auch die Rückabwicklung von
Privatisierungen in diese Form hat einen Pferdefuß: Diejenigen
Strukturen, die eine Enteignung der öffentlichen Hand erst
so einfach machen, bleiben unangetastet. Die Kontrolle über
die kommunalen Dienstleister üben weiter die Verwaltungen
und die Parteien in den Kommunalparlamenten aus, die im Zweifelsfall
immer noch für eine Privatisierung stimmen. Der Drang nach
Machterhalt oder Karrieremöglichkeiten in von ihnen privatisierten
Unternehmen verbunden mit den enormen Ressourcen der zum Teil
transnationalen Unternehmen sorgen dafür, dass Politiker
und Beamte sich im Zuge von Privatisierungsprozessen häufig
schadlos halten.
Vor dem
Hintergrund solcher Erfahrungen wird weltweit mit demokratischen
Modellen experimentiert, die eine
solidarische Erbringung von
Dienstleistungen gewährleisten sollen – wie in Cochabamba.
Oder in England, wo es inzwischen eine Form öffentlicher
Krankenhäuser gibt, bei denen verschiedene gesellschaftliche
Gruppen im Aufsichtsichtsrat vertreten sind: zum Beispiel Patientenvereinigungen,
Angestellte und Kirchengemeinden.
Auch wenn
derartige Versuche zaghaft sind, haben weltweite Proteste gegen
Privatisierung dazu geführt, dass zum Beispiel in
den GATS-Verhandlungen Spielräume zur Liberalisierung von
Basisdienstleistungen wie Bildung, Gesundheit und Wasser deutlich
enger geworden sind. Und auch der Widerstand gegen den Entwurf
einer EU-Dienstleistungsrichtlinie ist nicht ohne die vielfältigen
Erfahrungen bei den Auseinandersetzungen um Privatisierung auf
kommunaler Ebene zu denken.
Kämpfe auf lokaler Ebene für
lokale Demokratie sind damit auch immer ein Beitrag auf dem
Weg zu
globaler Demokratie.
Das Ziel solidarischer Dienstleistungen ist dabei ein wichtiger
Ansatzpunkt.
Alexis Passadakis,
Attac & Weed
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