„Stadtwerke
zahlen
die Liberalisierungszeche“…titelte das Fachblatt ENERGIE & MANAGE-MENT
(E&M) am 1.
Juni 2006. Während die Stadtwerke die erste Liberalisierungswelle
auf Grund der guten Gewinne bei der Netzdurchleitung überraschend
gut überstanden hatten, wird es jetzt für kleine und
mittlere Stadtwerke ohne eigene Kraftwerke ziemlich eng. Mit der
so genannten „Anreizregulierung“ will die Netzagentur
die Kosten für die Durchleitung von Strom und Gas durch fremde
Netze drastisch reduzieren. Folge: Die bisherigen Gewinneinnahmen
aus der Netzdurchleitung werden für viele Stadtwerke erheblich
reduziert oder sie entfallen ganz.
„Die Netzentgelte sind
für die meisten Stadtwerke der größte
Einnahmenblock - in manchen Fällen der einzige. Schon eine
Verringerung um zehn Prozent würde viele Stadtwerke um ihren
gesamten Unternehmensgewinn bringen“, schreibt
E&M. Falls die Bundesnetzagentur ihre Liberalisierungspläne
noch verschärfen sollte, würden sich „dramatische
Perspektiven“ abzeichnen. Dann „wären mittelfristig
die bestehenden Strukturen der kommunalen Energiewirtschaft
grundsätzlich
gefährdet“. Dr. RUDOLPH SCHULTEN, Chef der Mannheimer
MVV Energie AG, prognostizierte in der ZfK vom Juni 2006 auf
Grund der „Anreizregulierung“ „Notverkäufe
von Stadtwerken“. SCHULTEN könne sich vorstellen,
dass am Ende dieser Entwicklung von den derzeit 800 bis 900 Stadtwerken
nur noch „eine zweistellige Zahl“ übrig bleiben
werde
Die „Anreizregulierung“ kommt
in der Öffentlichkeit
gut an. Die Hoffnung auf sinkende Strom- und Gaspreise wird
allerorten postuliert. Auch in der Ökoszene freut man
sich über
die „Anreizregulierung“: Sinken doch durch die
Liberalisierung im Netzbereich die Kosten für die Durchleitung
von Ökostrom.
Ignoriert wird bei aller Befriedigung über diese Entwicklung,
dass auf Grund der „Anreizregulierung“ viele kleinere
und mittlere Stadtwerke über die Klinge springen werden.
Die „Anreizregulierung“ wird nicht zu Gunsten
des Ökostroms
durchgepowert, sondern um die Konzentrationsspirale im Versorgungssektor
um einen weiteren gehörigen Dreh voranzubringen. Und
da viele Stadtwerke nicht nur Strom und Gas verkaufen, sondern
auch Wasser - wird nebenbei auch die Wasserbranche „bereinigt“.
Wer in der Umweltszene seine Genugtuung über die populistischen
Kraftakte der Bundesnetzagentur zum Ausdruck bringt, sollte
auch einmal über diese Perspektiven nachdenken!
-ng-
|