aktualisiert:
18. Juli 2008

 

 

 

 

 

 

Volltextsuche:

 

 

 


 

  Recht und Unrecht  


WasserInBürgerhand!

 

BBU-Wasser-Rundbrief
Nr. 892 vom 11. Juni 2008

„Asset Management“
„Einfachhandling“ oder
nachhaltige Substanzerhaltung?

 

 

Das sogenannte „Asset Management“ schwappt zunehmend aus dem angelsächsischen Managementbereich auch in die kontinentaleuropäische Unternehmens-„Kultur“.

Nachdem das „Asset Management“ im Energiebereich schon breit angewandt wird, muss sich jetzt mehr und mehr auch die Wasserwirtschaft mit diesem Profitsteigerungsinstrument auseinandersetzen. Dabei ist den deutschen Was-serwerkern bei dem Gedanken ziemlich unwohl, mittels dem Asset-Management künftig auch noch die Instandhaltungsstrategie der Renditesteigerung unterwerfen zu müssen.

Darum geht es nämlich beim „Asset-Management“: Aus der Finanzwirtschaft kommend, sollen Investitionen im Unternehmen so gelenkt werden, dass genau dort investiert wird, wo die höchste Rendite erwirtschaftet werden kann – bzw. wo können Investitionen in die Substanzerhaltung gerade so lange herauszögert werden, damit der ganze Laden nicht zusammenklappt. In der Energiebranche werden via „Asset Management“ beispielsweise Investitionen ins Leitungsnetz so gesteuert, dass die Versorgungssicherheit gerade noch aufrechterhalten werden kann. Reserven, die nur Geld kosten und keine Rendite bringen, sollen auf das absolut notwendige Maß heruntergefahren werden.

Treiber für die Einführung des „Asset Managements“ in der Energiebranche war die Auftrennung von Anlagenbetrieb und Anlageneigentum. Dieses „Unbundling“ hat das „Asset Management“ provoziert, denn beim „Asset Management“ geht es auch darum, auseinander zusortieren wer nach dem Unbundling eigentlich für was zuständig ist. Die Geschäftsführer und Vorstände von Mehrspartenunternehmen – also insbesondere Stadtwerke – wenden das „Asset Management“ bereits im Strom- und Gassektor an. Deshalb muss damit gerechnet werden, dass als nächstes auch der Wassersektor dem „Asset Management“ unterworfen wird.

Das Unbehagen der Wasser- und Abwasserwerker rührt daher, dass mit dieser Managementmode eine „Kurzfristdenke“ statt der bislang gepflegten „Langfristdenke“ in der Wasserwirtschaft etabliert würde: „Einfachhandling statt langfristig orientierter Substanzerhaltung und Ressourcenschutz.“ Dabei müsse keine andere Branche eine derartige Langfristigkeit berücksichtigen wie die Wasserwirtschaft.

„Asset Management“ in der
Wasserbranche wird jetzt genormt
 

International ist letzthin beschlossen worden, Vorarbeiten zu starten, um dass AssetManagement über eine Normung auch im Wassersektor einzuführen. Hierzu wurde im Technischen Komitee TC224 der Internationalen Standardisierungs-Organisation (ISO) die Working Group WG 6 „Asset Management“ gegründet.

Arbeitsgrundlage für das Normungsgremium ist das „Work Item 337“, das auf kanadischen Vorstellungen basiert. Danach soll erst einmal ein Jahr lang alles gesammelt werden, was zum „Asset Management“ in der Wasserbranche bereits vorliegt. 491 Papiere und Dateien zum „Asset Management“ im Wasser- und Abwassersektor in englischer Sprache sind schon gelistet. Die Befürchtung von Insidern: „Wenn jetzt noch anderssprachige Papiere übersetzt werden, wird die Sache völlig uferlos.“ Vor allem auch deshalb, weil noch gar keine Strategie erkennbar ist, mit der die zahlreichen offene Fragen zum „Asset Management“ in der Wasserbrache beantwortet werden könnten (siehe Kasten, siehe auch RUNDBR. 870/1-2).

Strategisches Asset Management
– was ist das?

 

Um die Verwirrung komplett zu machen, gibt es nicht nur ein „Asset-Management“, sondern auch noch ein „Strategisches Asset-Management“ (SAM). Das „Strategische Asset-Management“ geht über das reine „physical management“ hinaus und bezieht die „human ressources“ und das „financial management“ in eine Gesamtstrategie ein.

Schon gibt es Consultings, die den Unternehmen SAM-Software aufdrängen. Insofern kann angenommen werden, dass hinter den Normungsaktivitäten für das „Asset-Management“ in Wasser- und Abwasserbetrieben ebenfalls kommerzielle Treiber stecken, die versuchen, in den Normungsgremien massiv Einfluss zu nehmen.

„Das darf es nicht sein! Keine Verkaufshilfe für Software – sondern wenn schon Normung, dann soll das Unternehmen angeregt werden, sich Gedanken über die Instandhaltung zu machen“,

so ein Wasserwerker im Februar 2008 auf einer DIN-Sitzung, in der die Aktivitäten von ISO TC 224 „gespiegelt“ werden. Deutsche Wasserwerke verweisen zudem darauf, dass man hierzulande bereits eine „Norm“ für die Instandhaltungsstrategie habe – und zwar das Arbeitsblatt W400-Teil 3 der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches (DVGW).

W400–Teil 3 enthält Grundsätze und Ziele für den Betrieb und die Instandhaltung von Trinkwasserversorgungsnetzen. Dabei werden die Instandhaltungsziele auch nach ihrer Wirtschaftlichkeit beurteilt – allerdings über die Lebensdauer und nicht nur über drei Jahre. Gegenüber einer umfassenden Asset-Management-Norm hat W400-Teil 3 den Nachteil, dass sich dieses „Arbeitsblatt“ nur auf Wasserverteilungsanlagen bezieht. Für Wasserwerke, Kläranlagen und Kanalisationen fehlt noch eine langfristig orientierte Instandhaltungsstrategie nebst Dokumentationsverpflichtung.

 

Offene Fragen zum „Asset Management“ in der Wasserbranche:

Kann es ein gemeinsames Papier für Wasserver- und Abwasserentsorgungsunternehmen geben? Oder wäre es achgerechter, spezielle Asset Management-Normen für Netze, Wasserwerke und Klär-anlagen getrennt zu erstellen?

Sollte nach der unterirdischen und der oberirdischen Infrastruktur unterschieden werden?

Kann man sich an die Benchmarkübungen in der Wasserbranche anlehnen – also an die Leistungs- und Kennzahlenvergleiche?

Soll man überhaupt eine internationale Norm anpeilen – oder reicht es, einen Leitfaden zu erarbeiten?

Kann eine Asset-Management-Norm für Entwicklungsländer und Industriestaaten gleichermaßen anwendbar sein?

Soll bei der Instandhaltungsstrategie der Wiederbeschaffungswert oder Anschaffungswert zu Grunde gelegt werden?

 

 


Der seit 25 Jahren erscheinende BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet alle 14 Tage über das aktuelle Geschehen in der Wasserwirtschaft und in der Wasserpolitik sowie im Gewässerschutz. Ansichtsexemplare dieses aquatischen Informationsdienstes der anderen Art können kostenlos via E-Mail an nik@akwasser.de angefordert werden.

 

Startseite



  2005 by wd team stuttgart      xxl sicherheit