aktualisiert:
31. Oktober 2012

 

 

 

 

 

 

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  Recht und Unrecht  


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Musterbrief an Bundestagsabgeordnete

zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Rates zur Konzessionsvergabe

 

Datum xx xx xx


Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie des Europäischen
Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe (KOM(2011)897) v. 20.12.2011


Sehr geehrte xxxx xxxxxx,

seit Anfang 2012 liegt der Entwurf der EU-Konzessionsrichtlinie vor.

Es ist davon auszugehen, dass der EU-Ministerrat in das Verfahren einbezogen wird. Das ergibt die Möglichkeit für die Bundesregierung, Einfluss auf den Prozess zu nehmen.

Wir möchten Ihnen unsere Position übermitteln und Sie bitten, diese bei Ihren Überlegungen zu berücksichtigen und aktiv Einfluss auf den Meinungsbildungsprozess der Bundesregierung in dieser Angelegenheit zu nehmen.

Von ihrem Verständnis her geht die Kommission davon aus, das die Vergabe von Konzessionen dem europäischen Wettbewerbsrecht unterliegt (Artikel 7 des Vorschlags). Das bedeutet, dass jede Konzessionsvergabe europaweit uneingeschränkt jedem Wettbewerber die Übernahme der Konzession unter transparenten, diskriminierungsfreien und gleichen Wettbewerbsbedingungen durch Abgabe des wirtschaftlich günstigsten Angebots ermöglicht werden muss. Diese Bedingungen gelten im Prinzip auch, wenn eine öffentliche Stelle oder eine von einer öffentlichen Stelle beherrschte Einrichtung sich um eine Konzession bewirbt. Hier gelten die gleichen Wettbewerbsbedingungen. Nur unter bestimmten, speziell festgelegten und detailliert aufgeführten Voraussetzungen will die Kommission Ausnahmen für öffentliche Stellen zulassen (Art. 11, 12, 13 und 15 des Vorschlags).

Gleichzeitig bekennt sich die Kommission zur Freiheit der Behörden, die durch die Anwendung dieser Vorschriften nicht beschränkt werden soll, über die Art und Weise der Organisation der Durchführung ihrer öffentlichen Aufgaben zu entscheiden (Begründung (17) des Vorschlags).

Mit den vorgenannten Bedingungen der Artikel 11, 12, 13 und 15, die als Ausnahmen verstanden werden, greift die Kommission aber genau in diese Freiheit der Behörden ein, die sie zwar in der vorgenannten Begründung benennt, im Text der Richtlinie selbst aber dann nicht mehr erwähnt. Mit dieser Richtlinie und den darin enthaltenen Eingriffen in die Organisationshoheit der Behörden befindet sich die Kommission im Gegensatz zu einer Reihe von Bestimmungen des Lissabon-Vertrages.

1. So hat die Union die nationale Identität der Mitgliedsstaaten zu achten, wie sie in den politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der regionalen und lokalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt (Artikel 4 Absatz (2) des Vertrages über die Europäische Union).

2. Außerdem zählt zu den Werten der Union in Bezug auf Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (zu denen die im Anhang III des Richtlinienvorschlags genannten Tätigkeiten zu rechnen sind) gemäß Artikel 1 des Protokolls über Dienste von allgemeinem Interesse (zu Artikel 14 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union) der weite Ermessensspielraum der nationalen, regionalen und lokalen Behörden in der Frage, wie diese Dienste den Bedürfnissen der Nutzer entsprechend zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu organisieren sind.

3. Weiterhin lassen die Europäischen Verträge die Eigentumsordnung in den Mitgliedsstaaten unberührt (Artikel 345 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union).

Wir sehen die Bestimmungen der Europäischen Verträge durch den Richtlinienvorschlag beeinträchtigt. Und wir sehen im Gefolge auch die kommunale Selbstverwaltung gemäß Artikel 28 Absatz (2) unseres Grundgesetzes beeinträchtigt. Selbstverwaltung heißt Weisungsfreiheit und bedeutet, dass eigene Organe in eigener Verantwortung - bezogen auf die Angelegenheiten der öffentlichen Gemeinschaft – demokratisch legitimiert durch die Beteiligung der Staatsbürger die Gestaltung des Lebenskreises dieser Staatsbürger übernehmen.

Die Vorgaben des Richtlinienentwurfs stellen diese Prinzipien in Frage. Sie erklären vielmehr die kommunale Gestaltungsfreiheit zur Ausnahmesituation. Und sie beeinträchtigen die demokratische Legitimation, indem sie in diese eingreifen.

Deshalb ist der Richtlinienentwurf abzulehnen.

Sollt dies nicht erreichbar sein, sollte zumindest die Wasserwirtschaft als zentrale Angelegenheit der kommunalen Daseinsvorsorge ausgenommen werden.

Für Ihre Bemühungen dürfen wir uns bedanken.

Mit freundlichen Grüßen


 



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