„Gemeinde/Städte
und ihre Versorgungsunternehmen sitzen zwischen den Stühlen:
das Örtlichkeitsprinzip behindert sie an
der Expansion außerhalb des Gemeindegebiets bzw. Landkreises;
das eigene Versorgungsgebiet soll aber dem Wettbewerb geöffnet
werden. Die Kommune ist ggf. nicht mehr in der Lage, dem (mehrheitlich)
eigenen Unternehmen die Konzession zu verlängern, wenn ein
'strategisches’ Gegenangebot
eines internationalen Konzerns vorliegt.“
Dies
ist eine der Schlussfolgerungen, die Prof. Dr.-Ing. WOLFGANG
MERKEL von
der wasserwirtschaftlichen HANDELSBLATT-Jahrestagung
im Nov. 2006 in Berlin mit nach Hause genommen hat. In seinem
Tagungsbericht „Wasser-
und Abwasserwirtschaft: Das Jahr 2007 könnte einige
wichtige Fragen klären“ in GWF-WASSER/AB¬WASSER
1/07, S. 75 - 80, erläutert der ehemalige DVGW-Hauptgeschäftsführer,
was sich in Brüssel derzeit zusammenbraut, um den Primat
des Wettbewerbs auch in der kommunalen Daseinsvorsorge durchzusetzen
- wobei derzeit allerdings noch höchst unklar ist, inwieweit
auch die kommunalen Wasser- und Abwasserbetriebe dem Wettbewerbsrecht
tatsächlich ausgesetzt werden sollen (s.
RUNDBR. 837/1-3).
„Die
Komplexität der bestehenden europäischen Regelungen,
die einschränkenden, z.T. auch widersprüchlichen
Urteile des Europäischen Gerichtshofes und deutscher
Obergerichte zur Fragen der kommunalen Kooperation, der
Beteiligung des privaten
Sektors, des Inhouse-Prinzips und zu Ausschreibung und
Vergabe öffentlicher
Dienstleistungen lässt sich durchaus als Beschäftigungsprogramm
für einschlägige Rechtsanwaltskanzleien und
Wirtschafts- bzw. Steuerberatungsbüros einschätzen.“
Aber
selbst diese wären inzwischen von der zunehmend unübersichtlichen
Gefechtslage überfordert, schreibt MERKEL. Ein kleiner
Lichtschimmer ist immerhin, dass der in der „Binnenmarktstrategie
2003 - 2006“ angekündigte Bericht der EU-Kommission
zum Aufbrechen der geschlossenen Wasserversorgungsgebiete
(„Gebietsmonopole“)
(s. 725/2, vgl. auch 735/1-2, 717/1-3,
715/1-2) wohl nicht
mehr veröffentlicht
wird, „woraus man schließen kann, dass eine
direkte sektorbezogene Marktöffnung“ in Brüssel „zur
Zeit nicht weiter verfolgt wird“.
Bedenklich
(aus unserer Sicht) ist demgegenüber, dass das Bundeswirtschaftsministerium
bereits Gewehr bei Fuße steht, um mit einer Ver-ordnung „Allgemeine
Bedingungen für die Entsorgung von Abwasser“ (ABEAbwasserV)
auf den Entfall des hoheitlichen Charakters der Abwasserentsorgung
(s. 842/1-2) zu reagieren.
Sollte Abwasser der Mehrwertsteuerpflichtigkeit unterworfen
werden (s. 843/2, 828/2, 821/1-2,
771/2-3),
was auch die „Hoheitlichkeit“ kippen würde,
dann müsste
das bisherige kommunale Gebührenrecht und der Regelungsinhalt
der kommunalen Abwassersatzungen durch die privatrechtliche
ABEAbwasserV ersetzt werden.
[Mit
einem derartigen Vorstoß hatte
sich das BMWi bereits zum Höhepunkt der Debatte
um eine Totalliberalisierung der deutschen Wasserwirtschaft
im Jahr 2000 aus der Deckung gewagt
(s. 574/2, 579/1-2). Nachdem der Liberalisierungsangriff
auf die kommunale Waserwirtschaft seinerzeit abgewehrt
werden konnte, verschwand
der damalige Verordnungsentwurf wieder in der Schublade;
Anm. BBU].