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Der Begriff der „öffentlich-privaten
Partnerschaft“ – englisch: Public Privat Partnership
(ppp) - meint die verschiedenen Formen privater Kapitalbeteiligung
an der Finanzierung und Verwaltung von Infrastrukturen und Leistungen
des öffentlichen
Sektors.
Und wie dies in der Wirklichkeit
aussieht, erfahren wir aus einem Modell, das – mit
Dietrich Stobbes Ratschlag – in Offenbach (Hessen) umgesetzt wurde.
Der dortige Landrat Peter Walter erklärt stolz, dass ab 1.1.05 alle
90 Schulen im Kreis Offenbach von zwei privaten Unternehmen bewirtschaftet
und saniert werden.
Im Gegenzug hat sich die Gemeinde vertraglich verpflichtet, im Laufe von
15 Jahren 780 Millionen € an die Privatfirmen Hochtief AG (49 Schulen
für 410
Millionen €) und die facility management Firma SKE (41 Schulen für
370 Mill. €) zu zahlen. Dafür verspricht Hochtief der Gemeinde
alle Schulen innerhalb von 5 Jahren zu sanieren.
Nun könnte man
meinen, dass es sich
um
nichts anderes handelt, als um eine
besonders
teuere Vorfinanzierung:
Denn natürlich strecken
die Bau- und Facility-Firmen das Geld, das sie für das
Bauen, Renovieren und Verwalten der Gebäude brauchen,
nicht selbst vor. Das Geld kommt vielmehr aus dem „Kapitalmarkt“.
Und da Geld nicht verschenkt wird, entstehen hohe Kosten!
Hochtiefgeschäftsführer
Bernward Kulle: "Für die Sanierung
der 49 Schulen nehmen wir eigenes Geld und das der uns finanzierenden Banken
in die Hand, ca. 100 - 130 Millionen € in den ersten Jahren."
Man
darf ruhig nachrechnen. 100 –130 Millionen € „nehmen
die Firmen in den ersten teuren Jahren der Renovierung „in die Hand“.
410 Millionen € bekommen sie in 15 Jahren. Da wird man neugierig!
Jedenfalls wundert nicht mehr, dass Banker und Wirtschaftswissenschaftler „öpp“ als den Wachstumsmarkt
der Zukunft für Banken und Versicherungen bezeichnen.
Sie erwirtschaften sich ihre
Gewinne durch weitere unnötig hohe Verschuldung
des Staates, also der Allgemeinheit.
Und da sich
der Vorgang sehr kompliziert gestaltet, braucht man auch viele Berater:
Anwälte,
Steuerberater, Betriebswirte vereint in der Boom-Branche der
Consulting-Firmen, wie Bilfinger-Berger und Freshfields-Bruckhaus-Deringer
oder BBD.
Fazit:
Es
gibt also auf der Banker-Seite und auf der Beraterseite und
auf der Seite der großen
Baukonzerne ein gemeinsames Interesse: Geld vom Staat!
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Auch die handelnden „Personen“ gleichen
einander:
- Kurzsichtige Politiker, die zur Sicherung
der Wiederwahl die Zukunft verkaufen,
- die Bauindustrie und ihre Interessenvertreter,
- die finanzierenden und am Geschäft verdienenden Banken,
- die enge Zusammenarbeit von Politik und Geld,
um durch Beziehungen an die Geldtöpfe zu kommen,
- die Risikoverteilung zu Lasten der Kommunen,
-
die Verschleierung der
Verschuldung im aktuellen Haushalt der Kommunen - nun
auch wegen der Maastricht-Kriterien.
Die Finanzierung, die über die
Jahre ausschließlich die Kommune zu tragen hat, wird nämlich nicht
der öffentlichen Hand zugeschrieben, sondern der privaten
Projektgesell-schaft! Ein Buchungstrick mit dem Ziel der
Verschleierung!
Geändert haben sich einige Rahmenbedingungen,
die freilich das Grundschema nicht berühren:
Die Botschaften
des ideologischen Überbaus – langfristig von der Bertelsmannstiftung,
der Körberstiftung, der Hanns-Martin-Schleyer-Stiftung und anderen Stiftungen
der Deutschen Industrie erarbeitet und mit viel Geld immer wieder „verkauft“ -
sind kritiklos verbreitetes „Allgemeingut“ der politischen Eliten
geworden, obgleich sie ersichtlich falsch sind:
- Private machen alles
besser und billiger.
- Steuern senken schafft Arbeitsplätze.
- Das Verfälschen und Verwässern klarer – und teilweise
grundgesetzlich geschützter – Werte und Begriffe:
Aus
Gleichheit wird „Chancengleichheit“ (die jede Lotterie
erfüllt),
aus dem grundgesetzlichen Sozialstaatsgebot wird der „Gewährleistungsstaat“,
aus dem „Recht auf Bildung“ wird das (käufliche) „Produkt
Bildung“, dessen Wert an der Ver-wertbarkeit der Menschen gemessen
wird.
So verwirtschaftet sich Politik.
Auch die Dimension ist neu:
Es geht um Geschäfte
in ganz Deutschland. Die Beteiligten sind mächtiger
als sie es in der eingemauerten Stadt waren. Es sind nur
große
Firmen, die auf diese Aufträge spekulieren, es sind
Banken und Versicherer, die einsteigen wollen. Und natürlich
stehen die Beraterindustrie und die „think-tanks“ der
Privatindustrie hinter solchen Kampagnen. Für Neoliberale
geht es um den Kern ihrer Botschaft, viel Geld!
Aber die Not ist real – und
damit
das „ Erpressungspotential“
gegenüber
den Kommunen.
-
Ein tatsächliches und
begründetes Bedürfnis
nach Verbesserung der Situation in den Schulen, den Jugendeinrichtungen,
-
der sozialen
Infrastruktur - gemäß dem Verfassungsauftrag ist so offenbar,
dass man sich für Deutschland schämen muss,
-
eine Bauindustrie,
in der nunmehr seit Jahren mangels selbsttragenden Wachstums
und
als Folge der rigorosen Sparpolitik der Kommunen, die Aufträge
fehlen, so dass große Firmen wie Holzmann oder Walter Bau,
trotz Lohndumping Pleite gehen,
-
über
5 Millionen Arbeitslose, darunter viele Bauarbeiter,
-
die Verlockungen
der "Haushaltsgestaltung" für
die Finanzpolitiker angesichts eingeschränkter Möglichkeiten,
-
die vielen
gewerbsmäßigen „Berater“, darunter
viele Politiker, die ihren ehemaligen – manchmal auch aktuellen - Kollegen
mit ihren Geschäften in den Ohren liegen.
Daneben gibt es Sorgen durch
die geplante Novellierung des Deutschen Vergaberechts nach
den Richtlinien der EU:
Alle Liefer- und Dienstleistungsaufträge und Bauaufträge ab 5,9 Millionen € sollen
europaweit ausgeschrieben werden.
Dies greift massiv in die Möglichkeiten der Kommunen ein,
selbstbestimmt die Leistungen der Daseinsvorsorge an kommunale oder regionale
Unternehmen zu übertragen.
Der Investitionsbedarf allein
bei den Schulen wird bis 2009 in Deutschland auf 79,3 Mrd. € beziffert.
Das ist ein Riesengeschäft. Könnten
die Kommunen diese Aufträge an die regionalen Handwerksbetriebe
vergeben, würden tatsächlich Arbeitsplätze geschaffen und den
Gemeinden geholfen. Das wäre auch eine echte Förderung des Mittelstands,
von der die Parteien sonst immer nur reden. Eine Aufgabe
für den
Bundeskanzler: Seine Initiative gemeinsam mit anderen Nationen,
die Maastricht - Kriterien neu zu gewichten, zielt auf einen
richtigen
Weg.
Fazit: Es gibt einen akuten
Bedarf, der auch befriedigt werden muss, will Deutschland in
der Bildungspolitik nicht den
Kontakt zur Weltspitze verlieren,
den es auch
für seine Wirtschaft braucht.
Wäre da nicht öpp
doch ein vertretbarer Weg,
um die Aufgaben zu erfüllen und zu finanzieren?
Um die günstigste Finanzierung dieser Investitionen geht es den Befürwortern
für ÖPP, wie sie selbst erklären, gar nicht – kann es
auch nicht gehen. Denn der Zins, den eine Kommune für Kredite zahlt, wird
immer günstiger sein als der Zins für ein privates Unternehmen – schon
wegen der erhöhten Bonitäts- und Projektrisiken der Privaten.
Da offensichtlich ist, dass jedes öpp-Modell erschreckend viel teurer
ist als die Kreditaufnahme, bemühen sich seine Befürworter neben
der Ideologie von der Überlegenheit des privaten Wirtschaftens auf die
Kosten zu drücken:
Damit die Konditionen der Banken
für die Kredite privater
Konzerne wie HochTief billiger werden, wird von den ÖPP -Befürworten
in der SPD verlangt:
1. Die Kommune soll Kreditbürgschaften stellen!
2. Die Kommune soll bezüglich der Forderungen der Bank auf das Recht der
Einrede verzichten!
3. Die KFW soll öffentliche Fördermittel für Private geben.
"Alles
wurde beim Pilotprojekt in Offenbach genutzt", beteuert Dr.
Michael Bürsch MdB und Vorsitzender
der Projektarbeitsgruppe ÖPP der SPD Bundestagsfraktion.
Dieses Modell kennen
wir.
Es heißt Bankenskandal!
Das Land muss alles bezahlen
und übernimmt alle Risiken, hat aber keinen
Einfluss auf das Geschäft und seine Erledigung.
Etwas anderes bedeutet der Verzicht auf Einreden nämlich nicht. So schlecht
die Renovierung auch sein mag, so jämmerlich das Facility-Management
auch arbeiten mag, die Kommune zahlt, zahlt selbst dann, wenn sie die Einrichtung
gar nicht mehr benötigt.
Wochenlang wurde in Offenbach
um die "Risikoverteilung" gefeilscht.
Nicht umsonst hat der Vertrag in Offenbach mehrere tausend Seiten. Das Ergebnis
bleibt geheim. Öffentlich wird nur die „Meinung“ der Vertragspartner,
dass durch die "Effizienzgewinne" alles viel günstiger ist,
als es wäre, wenn die Kommune Bauherr bliebe.
Berlin weiß, dass diese „Zusicherungen“ das Papier nicht
wert sind, auf das sie geschrieben werden. Es gab diese Zusicherung bei dem
Verkauf der Wasserbetriebe, der Bewag, der Gasag, es gab das Versprechen
von „Riesengewinnen“ der
Bank-gesellschaft. Und bezahlt haben die Bürger den „Glauben“ der
Politiker mit Milliarden-Zuschüssen! Wir stellen fest:
„öpp“ kostet immer mehr als ein Kredit, den die Kommune aufnimmt,
um ihre Aufgaben selbst zu erledigen. Etwas erträglicher werden die zusätzlichen
Kosten, wenn die Kommune auf alles verzichtet, was sie gegen schlechte Arbeit,
unnötigen Aufwand und weggefallene Aufgaben geltend machen könnte.
Dieser Verzicht kostet am Ende aber noch mehr als das dadurch ersparte Geld.
Auch das wissen wir.
Und worin liegt dann der Reiz von „öpp“?
Ganz wichtig sei der Vorteil einer „öpp
Lösung“ bei
der Finanzierung: „Die Finanzierung wird überwiegend der
privaten Projektgesellschaft, nicht der öffentlichen Hand zugeschrieben.
Das ist für öffentliche
Investoren, deren Kreditspielraum ausgeschöpft ist, ein beachtliches Aspekt"!
Die Verschleierung der Verschuldung
ist der einzige Vorteil der Kommunen und ihrer Politiker. Diesem scheinbaren Vorteil steht aber nicht nur entgegen, dass hier eine
teure Lösung gewählt wird. Vielmehr drohen auch andere Gefahren und Nachteile:
-
ÖPP wird immer von großen Konzernen vorangetrieben, denn das
Portfolio muss mindestens 30-50 Mio. € betragen. Sonst lohnen
sich auch die Berater nicht mehr.
Die Einbindung des Mittelstandes erfolgt bei diesen Projekten – wenn überhaupt – nur
durch Submissionsverträge. Das bedeutet für die regionalen
Handwerker mit Arbeitsplätzen vor Ort, dass sie von den Großunternehmen
total abhängig und damit erpressbar werden. Am Ende wundern
sich dann die Politiker über
die vielen ausländischen Arbeitskräfte, die legal oder
illegal in den Einrichtungen der öffentlichen Hand arbeiten.
Dabei haben sie das alles selbst veranlasst!
-
Die großen
Unternehmen wie HochTief werden die Forde-rungen an die Kommune von
15 Jahren mittels Asset-Backed-Securities (ABS) zu Geld
machen. Dazu gründet man - wie in Offenbach - eine sogenannte „Zweckgesellschaft“.
Banken kaufen dieser rechtlich selbständigen Zweckgesellschaft
die Forderungen ab, die diese gegen die Kommune vertragsgemäß besitzt.
Die Betreiberfirmen (hier HochTief) achten dann darauf, dass
diese Zweckgesellschaft nicht mehr zu
ihrem Konsolidierungskreis gehört.
Damit
haftet der Verkäufer nur noch
für den rechtlichen Bestand
und nicht mehr für die Einbringbarkeit der Forderungen. Es wird
eine Trennung zwischen Verkäufer und den zu verkaufenden Bilanzaktiva
erreicht.
Im Gegenzug zum Verkauf der Forderungen erhalten die Unternehmer
vom Finanzdienstleister (Banken) die ausstehenden Rechnungssummen.
Die Finanzdienstleister ihrerseits bündeln diese Forderungen und machen
marktfähige Papiere daraus, die als Anleihen am Kapitalmarkt
angeboten werden.
Dies klingt nicht nur undurchsichtig – es ist auch
gefährlich, wie wir aus allen solchen Geschäften wissen.
Unsere Erfahrungen haben uns gelehrt, dass Privatisierung stets zu einer Verschlechterung
der Leistungen geführt hat und zu einer Entmachtung der Politik. Und wer
glaubte, sich damit aus der Verantwortung schleichen zu können, wurde
enttäuscht. Die Bürger machen die Politik zu Recht verantwortlich – und
die hat nicht einmal mehr die Möglichkeit, Fehler zu korrigieren.
Das kommunale Handwerk wird ausgeschaltet und häufig in die Pleite getrieben.
Die Arbeitslosigkeit wächst. Die langfristige Verschuldung knebelt ganze künftige Generationen.
Nachwort
Damit wir uns richtig verstehen: öpp-Vorhaben
besitzen für viele, die daran verdienen, viel Charme. Jedes Projekt
ist einmalig. Chancen und Risiken müssen jedes Mal neu definiert
werden. Und das erfordert viele Berater.
Neben Banken und Baufirmen sind hier die Nutznießer dieses Finanzierungsmodells
zu finden. Und wie ihre wirklichen Auftraggeber haben sie die Feinde ihrer Projekte
ausgemacht.
Landrat Walter, wir erinnern uns an ihn als Glücksspielexper-ten, benennt
die Feinde:Absurde Widerstände gäbe es dort, wo ein hoher gewerkschaftlicher
Organisationsgrad vorhanden sei. Dort würden, so Wa-ter, Begriffe wie „privat“ und „Markt“ stigmatisiert.
Sozialdemokraten, die auf die Ziele ihrer Partei pochen, hat Herr Walter offenbar
schon gar nicht mehr erlebt.
Damit kommen wir zu den Zielen
von öpp
jenseits der Zahlen
Berlins ehemaliger Bürgermeister und Schulsenator Walter Rasch (FDP),
nennt öpp den Königsweg zur „Entstaatlichung“. Hat er
Recht? Oder drängt öpp mit seinen jahrzehntelangen Festlegungen Parlamente
auf allen Ebenen über viele Wahlpe-rioden hinweg aus der Verantwortung
für Haushalt und Kontrol-le der Verwaltung? Wird damit nicht die Demokratie
in Bund, Ländern und Gemeinden ausgehöhlt und letztlich aufgehoben?
Berlin hat Erfahrung mit öpp. Die Errichtung des „Steglitzer Kreisels“ war
so ein Modell! Viele Sozialdemokraten sind darüber gestürzt! Nun
würde der „Kreisel“ nachträglich zu einem „Aufbruch
zu neuen Ufern“. Wolf Jobst Siedler war dies eine Betrachtung unter
der Überschrift „Korrupt
im Kopf“ wert – in der FAZ vom 17.11.1986.
Man kann wohl auch das Tempodrom-Desaster in diese Reihe stellen – und
natürlich den Bankenskandal.
Das Publikum vergisst schnell, denken
die immergleichen Akteure. „Der Erfolg ist der Lehrmeister der
Dummen“, sagt Livius. Der Misserfolg
soll – auch auf die Dummen - angeblich die gleiche Wirkung haben. Zweifel
daran sind angebracht. Um zu erkennen, dass man abermals für dumm verkauft
werden soll, bedarf es eines Restes an Urteilskraft.
Wir können nur an Erfahrungen erinnern und die Gefahren aufzeigen. Die
Schlussfolgerungen muss jeder selbst ziehen – wenn er dazu in der Lage
ist. (...) Ein anderes vielzitiertes Wort für das Überwinden
von Hinde-nissen heißt:
Wer den Sumpf trocken legen will, darf nicht die Frösche fragen. Das
gilt auch, wenn die Frösche als Berater auftreten. Der Sumpf, der hier
trocken gelegt werden soll, ist den Berlinern bekannt.
Man kann sich leicht vorstellen, wie öpp
in Berlin auftritt, wenn auf oder nach dem Bildungsparteitag die Fata
Morgana der
Sanierung der Berliner Schulen aus dem Nichts leerer Haushaltskassen
aufsteigt.
Wir ahnen die Retter und Propheten. Und wir werden sie im Auge behalten und
ihre Botschaften genau betrachten. |