aktualisiert:
10. Januar 2010
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Recht
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WasserInBürgerhand!
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BBU-Wasserrundbrief 18.12.2009
„Große Überraschung“:
Immer noch zu viel Phosphor in den Flüssen
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Bei
den Bestandsaufnahmen und bei den Überwachungsprogrammen
(„Monitoring“) im Rahmen der EG-Wasserrahmenrichtlinie
(WRRL) hat sich gezeigt, dass die Phosphorkonzentrationen
in den deutschen Flüssen immer noch zu hoch sind. Zu hohe
Phosphoreinträge aus kommunalen Kläranlagen und
aus der Landwirtschaft gefährden den »guten ökologischen
Zustand« – das Ziel der WRRL (Europäische
Wasserrahmenrichtlinien).
Als Anzeiger („Indikator“)
für zu hohe Phosphorkonzentrationen fungieren bestimmte
Kieselalgen. Diese Kieselalgen schwappen auch massenhaft durch
viele hessische Flüsse und Bäche.
Als „ziemlich überraschend“ bezeichnete
eine Mitarbeiterin des Hessischen Umweltministeriums diesen
unerfreulichen Befund auf dem 9. Hessischen Wasserforum.
Dort waren am 24.11.09 im mittelhessischen Buseck nahezu 300
MitarbeiterInnen
der hessischen Wasserwirtschaftsverwaltung, kommunaler Umweltverwaltungen
sowie von Wasserwerken und Abwasserbetrieben zusammengekommen.
Referiert
und debattiert wurde in Buseck über den Stand
der Umsetzung der WRRL in Hessen. „Überraschend“ waren
die Erkenntnisse über die immer noch zu hohen Phosphoreinträge
deshalb, weil man bislang davon ausgegangen war, dass man
seine Hausaufgaben gemacht habe: Alle größeren
Kläranlagen
betreiben seit vielen Jahren zusätzliche Reinigungsstufen,
um Phosphate zu „eliminieren“. Dass das vergleichsweise
hohe Niveau der Phosphoreliminierung auf deutschen Kläranlagen
aber immer noch nicht ausreicht, um den »guten ökologischen
Zustand« zu gewährleisten, war nicht nur in
Hessen eine Überraschung. Auch in anderen Bundesländern
lassen die Phosphate insbesondere den staugeregelten Flussabschnitten
die Puste ausgehen. Notwendig wäre es jetzt, in den
kommunalen Kläranlagen den Wirkungsgrad der Phophoreliminierung
deutlich zu verbessern und – falls notwendig – auch
die kleineren Kläranlagen mit Phosphorfällungssanlagen
aufzurüsten. Davor schreckt aber nicht nur die hessische
Wasserpolitik zurück – mehr dazu in den nächsten
Notizen.
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Phosphor – weiterhin
ein ganz
dickes Gewässerschutzproblem
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Der
Jahresbericht 2008 des Hessischen Landesamtes für Umwelt
und Geologie (HLUG) ist lesenswert – und zwar deshalb,
weil er verdeutlicht, wie Hessen die Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie
verschleppt. Wobei die hessische Verschleppungsstrategie
stellvertretend für die zögerliche Umsetzung der
Richtlinie durch die anderen Bundesländer steht. Es geht
um die Überdüngung der Fließgewässer durch
die Phosphorbelastung aus den Kläranlagen.
Obwohl
in den größeren Kläranlagen (über 10.000
Einwohnerwerte - EW) nach der Abwasserverordnung eine Phosphor-Eliminierung
vorgeschrieben ist, stellen die Kläranlagen (nicht nur)
in Hessen „noch immer die größte Quelle“ für
den Phosphor-Eintrag in die Gewässer dar – genauer
gesagt für den Orthophosphat-Eintrag. Orthophosphat
mästet
die Algen – wobei diese „Eutrophierung“ in
besonderem Maß die langsam fließenden und staugeregelten
Fließgewässerstrecken schädigt. Das Absterben
der Algen führt dort zu den gefürchteten „Sauerstofflöchern“.
Den Fischen geht die Puste aus – und nichts ist es
mit dem »guten ökologischen Zustand« à la
EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Aber auch in den schneller
fließenden Gewässern gibt es Defizite bei der
Kieselalgenpopulation. Auch bestimmte Fischarten (Kieslaicher)
können unter der
zu starken Algenproduktion leiden. Der HLUG-Jahresbericht
2008 stellt hierzu fest:
„Die
Eutrophierung ist nach der Bewertung der WRRL eines der wesentlichen
Gewässergüteprobleme. In den hessischen Oberflächengewässern
stellt Phosphor den wesentlichen Eutrophierungsfaktor dar
(„Minimumfaktor“).
Die Phospho-belastung ist praktisch ein flächendeckendes
Problem. 400 der 433 Oberflächenwasserkörper sind
davon betroffen.“
Aber
anstatt - basierend auf dieser eindeutigen Defizit-Analyse – im
Maßnahmenprogramm einen
stringenten Zeitplan für eine Optimierung der Phosphor-Eliminierung
aufzustellen, belässt man es bei einem „Szenario
Phosphor“.
Dieses „Szenario“ begnügt sich mit der „Prüfung
der grundsätzlichen Machbarkeit“ der Kläranlagenoptimierung,
einer „Perspektive“ zu den hierfür erforderlichen
Kosten sowie den „Grundlagen für Fristverlängerungen
und ggf. verminderter Umweltziele“.
Mit
dieser »Brückenstrategie« kommt
man locker bis zum Jahr 2027, dem vorläufigen Enddatum
der EG-Wasserrahmenrichtlinie. Und schlimmer noch: In Hessen
zielt
man offenbar auch darauf ab, mit „verminderten
Umweltzielen“ die
Eutrophierung der dortigen Fließgewässer (und
damit letztlich auch der Nordsee) weiterhin zu tolerieren.
Kläranlagen
gut – aber noch nicht gut genug!
Die „Überraschung“ darüber,
dass Phosphor immer noch ein Problem darstellt, rührt
auch daher, dass im Hinblick auf diesen „Nährstoffparameter“ die
Vorgaben der Abwasserverordnung des Bundes und der EG-Kommunalabwasserrichtlinie
in Deutschland als übererfüllt gelten. Die neue Leistungsbilanz der
DWA über die Ablaufergebnisse der deutschen Kläranlagen weist aus,
dass die Kläranlagen für Phosphor mit einen mittleren Eliminierungsgrad
von rund 91 Prozent glänzen können. Die Phosphor-Restfrachten in
den Kläranlagenabläufen reichen aber immer noch aus, um in neuralgischen
Gewässerabschnitten zur Überdüngung („Eutrophierung“)
von Flüssen und Seen zu führen. Für große Kläranlagen
mit einem Anschlussgrad von über 100.000 Einwohnerwerten sind maximal
1 mg/l Phosphor im Kläranlagenablauf zulässig. Tatsächlich liegen
die Ablaufkonzentrationen bei 0,4 mg/l (Medianwert). Bei den mittelgroßen
Kläranlagen mit einem Anschlusswert zwischen 10.000 und 100.000 Einwohnerwerten
(EW) liegt der Medianwert bei 0,7 mg/l. Die Phosphorablaufwerte der kleineren
Klärwerken (unter 10.000 EW) liegen zwischen 1,3 und 2,9 mg/l. In den
227 Großklärwerken über 100.000 EW werden mehr als die Hälfte
aller in Deutschland anfallenden Kommunalabwässer gereinigt.
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Politikziel:
Das Phosphorproblem
bis 2027 zwischenlagern
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Um
die übermäßige Phosphorbelastung schon zum
Ende der ersten Bewirtschaftungsrunde im Jahr 2015 größtenteils
in den Griff zu bekommen, gibt es nach Ansicht von Abwasserexperten
auch ohne weitere Prüfungen eine auf der Hand liegende
Vorgehensweise:
-
Erstens
müssen auch Kläranlagen unter 10.000 Einwohnerwerten
(EW) mit einer Phosphorfällung ausgestattet werden.
Die Auswahl erfolgt sinnvollerweise nach Flussgebieten.
Dort, wo es in den
Unterläufen Probleme gibt (Z. B. Lahn, Neckar, Main,
Mosel, Weser), müssen alle Kläranlagen über
1000 EW mit Phosphoreliminierungsstufen ausgestattet werden.
-
Und zweitens muss bei den größeren Kläranlagen
der Wirkungsgrad der bislang betriebenen Phosphorfällung
deutlich verbessert werden. Dies kann bei den mittelgroßen
Kläranlagen durch die so genannte „Zweipunktfällung“ in
Kombination mit einer erhöhten Fällmittelmenge
erfolgen.
Auch bei den großen Kläranlagen gibt es
noch Optimierungsbedarf, um Werte von 0,3 bis 0,4 mg/l
zu erreichen. Für noch niedrigere
Werte (0,1 mg/l) bedarf es einer Flockungsfiltration.
Entsprechende Verfahren werden im Bodenseeeinzugsgebiet
und in der Schweiz seit
zwei Jahrzehnten und mit moderaten Mehrkosten erfolgreich
praktiziert.
Hessen und die anderen Bundesländer überlassen
es jedoch der Einsicht der kommunalen Kläranlagenbetreiber,
ihre Kläranlagen
freiwillig aufzurüsten. In aller Regel werden
die Kläranlagenbetreiber
auf freiwilliger Basis aber keinen müden Euro
investieren. Erst durch verbindliche Verwaltungsvorschriften
werden sich die
Kommunen veranlasst sehen, tatsächlich ihre Abwasserreinigungsanlagen
zu optimieren. Vor der Verabschiedung einer entsprechenden
Verordnung schrecken Bund und Länder aber zurück.
Man lässt
es darauf ankommen, dass auch die Fische im Untermain
und in den anderen staugeregelten Flüssen vor
den eutrophierungsbedingten Sauerstofflöchern
zurückschrecken. Wenn die Fische allerdings
so dumm sein sollten, in den Sauerstofflöchern
zu verrecken, muss man eben eine weitere Studie in
Auftrag geben und die Umweltziele
tieferhängen – oder zumindest die Fristen
zur Abschaffung der „Sauerstofflöcher“ über
2015 und 2021 hinaus in die dritte Bewirtschaftungsrunde
bis
2027 verschieben.
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Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
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