Einer der Aufreger
in der anstehenden Novelle der Trinkwasserverordnung (TVO) war
die Aufnahme eines Urangrenzwertes in den Parameterkatalog der
TVO.
Vergleichsweise
hohe Urankonzentrationen in einigen Trinkwasserversorgungen sowie
in Mineralwässern hatten in den letzten Jahren mehrmals
für ein großes Presseecho gesorgt. Das Bundesgesundheitsministerium
hatte deshalb vorgesehen, nach einer Empfehlung des Umweltbundesamtes
den Urangehalt im Trinkwasser auf 10 Mikrogramm pro Liter
zu begrenzen. Nach Auffassung der Trinkwasserkommission beim Umweltbundesamt
würde dieser Wert selbst bei stetigem Genuss jegliche Gesundheitsgefährdung
für alle Bevölkerungsgruppen ausschließen - auch
für Säuglinge. Die
Konsumentenorganisation Food Watch hatte – eben mit dem Blick auf Säuglinge
- demgegenüber
einen Wert von 2 Mikrogramm pro Liter eingefordert.
Aus anderen
Gründen war der 10 Mikrogramm-Grenzwert für Uran
auf Bedenken der EU-Kommission gestoßen. Dort musste
nämlich
der Novellenentwurf zur Prüfung eingereicht werden. Im
sogenannten Notifizierungsverfahren checkt die Kommission,
ob die Neufassung
nationaler Verwaltungsvorschriften konform mit allen einschlägigen
EU-Bestimmungen ist.
Die Dienststellen
der Europäischen
Kommission hatten im Rahmen der Notifizierung der geplanten
deutschen Trinkwasserverordnung
de facto ein Veto zur vorgesehenen Einführung des 10
Mikrogramm-Grenzwertes für Uran eingelegt und die deutschen
Behörden aufgefordert,
eine Rechtfertigung für ihr Vorgehen vorzulegen. Die
Europäische
Kommission befürchtete, dass durch den niedrigeren deutschen
Grenzwert für Trinkwasser in der Folge politischer Druck
entstehen könnte, diesen Grenzwert auch EU-weit für
Tafelwasser einzuführen. Und dies wiederum könnte
den Warenverkehr bestimmter europäischer Tafelwässer
behindern. Verwiesen wurde darauf, dass die Weltgesundheitsorganisation
(WHO) bei Uran
einen Wert von 15 Mikrogramm pro Liter im Trinkwasser empfiehlt.
Der Bundesverband der Deutschen Gas- und Wasserwirtschaft
(BDEW) sowie der BUND forderten am 15. Juni 2010 in einer
gemeinsamen
Pressemitteilung, das Veto der EU-Kommission zurückzuweisen:
"Der BUND
lehnt die Kritik der EU-Kommission an dem deutschen Grenzwert und
die geforderte Anhebung des Grenzwertes für Uran über
den Wert von 10 Mikrogramm pro Liter ab. Die hohe Trink-wasserqualität
in Deutschland darf durch die Europäische Kommission
nicht aufs Spiel gesetzt werden",
erklärte
SEBASTIAN SCHÖNAUER, wasserpolitischer Sprecher
des BUND. Und im Hinblick auf gleichlange Spieße
gegenüber
der Mineralwasserbranche forderte der BDEW:
„Der neue
Urangrenzwert von 10 Mikrogramm pro Liter muss ebenso wie die anderen
Grenzwerte auch für Tafelwasser gelten."
Nachdem
die EU-Kommission im Notifizierungsverfahren mit Stirnrunzeln reagiert
hatte, antwortete das
Bundesgesundheitsministerium mit einer Stellungnahme auf
die merkantilen Kommissionsbedenken.
Seither
hat man von der EU-Kommission nichts mehr gehört.
Insofern wird im Bundesgesundheitsministerium
angenommen, dass das Notifizierungsverfahren
gebongt sei.
Als nächstes
ist jetzt noch die Zustimmung der Bundesländer erforderlich.
Derzeit lässt sich noch nicht
abschätzen, ob der Novellenentwurf via
Bundeskanzleramt bereits in die nächste
Bundesratssitzung am 15. Okt. einge-schleust
wird oder erst zur Sitzung am 5. Nov. 2010.
Der Novellenentwurf wurde
in enger Abstimmung mit den Bundesländern
erarbeitet. Gleichwohl könnte es sein,
dass einzelne Bundesländer im Bundesratsverfahren
versuchen werden, noch Mehrheiten für
Modifizierungen der TVO-Neufassung zu finden.
Bestreben aller
Bundesländer ist es, mögliche
Zusatzbelastungen von ihren Länderbehörden
fernzuhalten – falls
es an anderer Stelle keine entsprechenden
Entlastungen gibt. Einen superknappen Überblick über
wesentliche Inhalte der Trinkwasserverordnung
findet man auf der Homepage des Bundesgesundheitsministeriums:
www.bmg-bund.de - Aufgaben - Trinkwasser