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26. Januar 2008

 

 

 

 

 

 

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  Recht und Unrecht  


WasserInBürgerhand!

 

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Liegt die Zukunft der öffentlichen Wirtschaft im Wettbewerb?

Für die Wirtschaftstätigkeit der Gemeinden wurden eigene Regeln geschaffen. Sie folgen dem in Deutschland außerordentlich weit reichenden Selbstverwaltungsrecht der Kommunen und der historisch entwickelten Überzeugung, dass allein die Kommunen, im weiteren Sinne der Staat, die für die Bürger wesentlichen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Grunddienstleistungen erbringen kön-nen und sollen. Neben dem Sozialstaatsprinzip und der Gemeinwohlverpflichtung wird dafür der Beg-riff der Daseinsvorsorge gebraucht.

Dieses rechtlich stark verankerte Aufgabenbild und der sich daran anschließende demokratische Konsens werden zunehmend bedroht. Von außen wirken auf die Kommunen Liberalisierungen, die tief in die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Wirtschaft eingreifen. Die vielfach als Doktrin verkündete Überlegenheit von Markt und Wettbewerb drängt auch manche für die Kommunalwirtschaft verantwortliche Politiker und Manager zur unbedingten Übernahme der herrschenden Wirtschaftsmechanismen. Dies bedeutet zugleich, das verpflichtende Modell einer primär politisch und sozial zu verantwortenden Kommunalwirtschaft durch rein ökonomische Effizienzkriterien abzulösen. Demokratische Planung und Kontrolle verflüchtigen sich in betriebswirtschaftlicher Erfolgskontrolle und Gewinnstreben.

Wettbewerb: Königsweg oder Falle ?

Diese Tendenz, sich dem nationalen und internationalen Wettbewerbsregime einzugliedern, führt zu Widersprüchen und Risiken für die öffentliche Wirtschaft. Dafür stehen insbesondere drei ineinander greifende Momente: Die Aufhebung des Örtlichkeitsprinzip für die kommunale Wirtschaft sowie Ausschreibungspflicht und Beihilfenkontrolle des europäischen Wettbewerbsrechts.

Für die Energieversorgung durch Stadtwerke mag der Gedanke einer die Gemeindegrenzen überschreitenden Aktivität eine naheliegende Option sein. Vor allem an sie knüpfen die kommunalen Spitzenverbände an. Die Forderung wird jedoch auch für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung erhoben, so vom Bundeswirtschaftministerium in seinem Modernisierungsbericht für die Wasserwirtschaft von März 2006, vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und von den Generaldirektionen Wettbewerb und Binnenmarkt der EU.

Zumindest letzteres sollte die Kommunalwirtschaft aufmerken lassen, denn von der EU-Kommission und vom Europäischen Gerichtshof sind in den letzten Jahren genügend Vorstöße unternommen wor-den, die öffentliche Wirtschaft einerseits einzuschränken und andererseits ihre Durchdringung seitens der Privatwirtschaft zu erleichtern. Die bislang von der EU-Kommission formulierten Grundsätze zur Unterwerfung der öffentlichen Wirtschaft unter Wettbewerbsrecht sind ziemlich eindeutig und zugleich noch nicht abgeschlossen.

Im Beihilfenrecht haben mit dem EuGH-Urteil Altmark Trans und mehreren Kommissionsentscheidungen Komplexität und Unklarheit zugenommen. Jedenfalls sind für die möglichen Beihilfen-Ausnahmeregelungen u.a. eine klare Aufgabenzuweisung im Bereich der Daseinsvorsorge und ein konkreter Versorgungsauftrag erforderlich. Klar ist auch, dass die Beihilfenkontrolle unwahrscheinlicher ist, solange sich die Kommune auf ihr Gebiet beschränkt. Denn sofern sie oder eine ausschließlich kommunale Gesellschaft allein den Eigenbedarf der Kommune decken, fehlt es … am Marktbezug der Tätigkeit mit der Folge, dass ein Unternehmen in dem hier maßgeblichen Sinne nicht vorliegt.“ (Deutscher Städtetag)

Für das Ausschreibungs- und Vergaberecht sind im Gefolge des Teckal-Urteils lediglich zwei Ausnahmetatbestände zugelassen, nämlich Inhouse-Geschäfte und reine administrativer Maßnahmen. Inhouse-Kriterium ist eine Kontrolle des Beauftragten wie bei einer Dienststelle und die wesentliche Aufgabenerfüllung für die Kommune. Das Halle-Urteil legt darüber hinaus fest, dass kein privates Kapital an der beauftragten Einrichtung beteiligt sein darf. Das Urteil Parking Brixen geht noch weiter: Die in öffentlichem Eigentum befindliche Parking Brixen AG sei unter anderem wegen der „Ausweitung des geografischen Tätigkeitsbereichs der Gesellschaft auf ganz Italien und das Ausland" nicht mehr ausreichend durch die Gemeinde kontrolliert. Auch die Vergabe-Richtlinie für den Sektor Wasser verlangt für die freie Vergabe an ein kommunales Unternehmen, dass 80 Prozent des Umsatzes für den kommunalen Auftraggeber, sprich in seinem Gebiet erbracht werden müssen.

Die EU-Kommission trachtet zweifellos danach, auch für die Vergabe von Konzessionen, unabhängig von der Rechtsform und den Eigentumsverhältnissen, eine europaweite Ausschreibung verbindlich festzulegen. Mit bedingt durch die unterschiedlichen Ausprägungen öffentlicher Wirtschaft in den EU-Mitgliedstaaten, gerät die Sonderstellung der deutschen Daseinsvorsorge aufgrund des Gleichbehandlungs- und Transparenzgebots ohnehin unter Druck. Dies verstärkt sich durch die wachsende Zahl von privaten Beteiligungen an kommunalen Unternehmen, privaten Konzessionen, Kooperationen zwischen Gebietskörperschaften, sowie durch die Ausgründung von kommunalen Unternehmen in privater Rechtsform.

Wenn diese eindeutig den Hauptzweck der Gewinnerzielung verfolgen, will auch das in Liberalisierungsfragen zurückhaltendere Europäische Parlament deutliche Beschränkungen für die Betätigung kommunaler Unternehmen. Unmissverständlich fordert es die Anwendung aller Wettbewerbsregeln, wenn die Kommunen nicht ihre rein örtlichen Aufgaben wahrnehmen.

Insgesamt stellt sich deshalb die deutsche Forderung nach Aufhebung des Örtlichkeitsprinzips als Steilvorlage an die EU-Kommission dar, die genuinen Aufgaben kommunaler Daseinsvorsorge immer weiter einzuschränken. Zugleich wird das im Europarecht nicht verankerte Recht auf gemeindliche Selbstverwaltung weiter gefährdet, damit ein Kernbestand lokaler Demokratie und Gemeinwohlorientierung.

Wasser in Bürgerhand stellt deshalb fest und fordert:

  1. Die Kernaufgaben der Daseinsvorsorge, insbesondere die Wasserwirtschaft, müssen in öffentlicher Hand bleiben.
  2. Deutschland sollte einen speziellen gesetzlichen Schutz der Daseinsvorsorge und der gemeindlichen Selbstverwaltung im EU-Recht im Zusammenwirken mit dafür bereits aktiven Staaten fordern. Die Absicht, das Örtlichkeitsprinzip zu lockern, ist als kontraproduktiv aufzugeben.
  3. Die interkommunale Zusammenarbeit ist zu stärken und ebenfalls im EU-Recht von Wettbewerbsregeln auszunehmen. Insbesondere die Verbindung von öffentlich-rechtlichen Verbänden mit privaten Firmen ist zu vermeiden. PPP-Geschäfte fördern die öffentliche Verarmung und schwächen die kommunale Kontrollmöglichkeit.
  4. Die Vorstellung, mehr Wettbewerb, interkommunale Konkurrenz und Gewinnorientierung anstelle der Verfolgung von gemeinnützigen Zielen wie Flächenversorgung, Preiswürdigkeit und Nachhaltigkeit sicherten die Zukunft der kommunalen Wirtschaft, gehört nicht auf die Agenda der organisierten öffentlichen Wirtschaft und der Arbeitnehmerorganisationen.

 

27. November, 2007

 



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