Die von den Umweltverbänden im Jahr 2006 bei der
EU-Kommission eingereichte Beschwerde gegen
Deutschland wegen des Nichtvollzugs der EG-Wasserrahmenrichtlinie
droht
jetzt
vor
dem
Europäischen Gerichtshof zu scheitern.
Das Europäische
Umweltbüro (eeb) als Dachverband der Umweltverbände
in
den
EU-Mitgliedsstaaten hatte schon 2005 (siehe RUNDBR. 811/3) moniert, dass in der deutschen
Umsetzungsstrategie
die „wirtschaftliche
Analyse“ von Wassernutzungen und –dienstleistungen (s. 866/1-3, 857/1, 810/2, 744/3, 680/1-3, 629/1) deutlich unterbelichtet wäre – und dass insofern in
Deutschland die Grundlagen für die Erhebung kostendeckender
Preise
in
den
Bereichen
Hochwasserschutz, Landwirtschaft, Wasserkraftgewinnung und
anderen Sektoren fehlen würden. Damit würde
Deutschland u.a. gegen Art. 9 der WRRL verstoßen.
Nach mehrmaligen Schriftwechseln zwischen der
EU-Kommission und dem Bundesumweltministerium
hatte die Kommission schließlich den Disput dem
Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Und dort hat der EU-Generalanwalt jetzt ein
Plädoyer veröffentlicht, das in den Wasserwirtschaftsverwaltungen von Bund und Ländern für Erleichterung gesorgt hat. Dem Vernehmen nach soll
es auf den Sitzungen der LAWA beim Bekanntwerden
des
Plädoyers
des
Generalanwaltes
Szenenapplaus gegeben haben.
In den Umweltministerien von
Bund und Ländern sah und sieht man es für völlig
verrückt an, für sämtliche Wasserdienstleistungen „ökonomische Analysen“ durchführen zu müssen.
Noch verrückter sei die Idee, dann auch noch differenzierte Wassernutzungsgebühren für den Hochwasserschutz, die Landwirtschaft, die Wasserkraftnutzung
und
die
Binnenschifffahrt
erheben
zu
sollen (s. 1022/3 und ausführlich in 995/2-3).
Der EUGeneralanwalt ist jetzt zu dem Schluss gekommen,
dass die EU-Kommission und die sich beschwerenden Umweltverbände komplett auf dem Holzweg
seien. Beim Gebot zur Erhebung kostendeckender
Wasserpreise lasse die WRRL erheblichen Spielraum.
Um einen effizienten Umgang mit den Wasserressourcen zu erreichen, könne man neben kostendeckenden Wasserpreisen auch andere Instrumente einsetzen. In seiner Stellungnahme vom
22.05.14 führte Generalanwalt Niilo Jääskinen u.a. aus, das es zu weit führen würde, für sämtliche
denkbare Wasserdienstleistungen quer durch die
EU - unabhängig von den unterschiedlichen geographischen, hydrologischen und ökologischen Verhältnissen - die Erhebung von kostendeckenden
Wasserpreisen zu erzwingen. Schließlich habe
Deutschland zu Recht darauf verwiesen, dass beispielsweise die Wasserkraftnutzung und die Binnenschifffahrt auch ökologische Vorteile aufweisen
würden - und nicht nur für ökologische Schäden zur
Verantwortung gezogen werden könnten.
Falls der
der EuGH dem Votum des Generalanwaltes folgt,
könnten sich die Wasserwirtschaftsverwaltungen in
den deutschen Bundesländern viel Arbeit ersparen –
und die Wasserwirtschaftsverwaltung in Dänemark,
Ungarn, Österreich, Finnland, Schweden und Großbritannien ebenfalls. Denn auch gegenüber diesen
EU-Mitgliedsstaaten hatte die Kommission moniert,
dass die verschiedenen Wasserdienstleistungen
nicht mit ihren ökologischen Folgekosten belastet
würden.
Das Statement des Generalanwalts findet
sich in verschiedenen EU-Sprachen unter
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=152659&pageIndex=0&doc
lang=FR&mode=req&dir=&occ=first&part=1&
cid=71423
Umweltverbände: Positionierung des
EU-Generalanwalts ist „desaströs“
In einer ersten Reaktion haben die Umweltverbände
darauf verwiesen, dass der EU-Generalanwalt in
seiner Stellungnahme wesentliche Aspekte nicht berücksichtigt
habe.
Insbesondere
sei
der
Anwalt
nicht darauf
eingegangen,
dass
Art.
2(38)
der
WRRL
in Deutschland
nicht
ins
Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
umgesetzt
worden
sei.
Obwohl
in
Art.
2
(Zi. 38
und
39)
gefordert
werde, sämtliche Wasserdienstleistungen
widerzuspiegeln,
habe
Deutschland nur
die öffentliche
Wassergewinnung
und
Abwasserreinigung
als
gebührenpflichtige
Wassernutzungen
definiert (s.
RUNDBR.
995/2).
Weitere
Auskunft zur
Einschätzung
des
Votums
des
Generalanwalts durch
die
Umweltverbände
bei:
Christian
Schweer;
Wassernetz
NRW
c/o
BUND
NRW
Landesgeschäftsstelle
40225 D
ü
s
s
e
l
d
o
r
f
Tel.
0211/30200524;
Fax: 0211/30200526
christian.schweer@wassernetz-nrw.de
www.wassernetz-nrw.de
|