aktualisiert:
12. August 2005
|
Untersuchungen |
|
|
WasserInBürgerhand!
|
|
Nachdem es gerüchteweise
schon vorher in den Medien diskutiert worden war, hat es der
RWE-Konzern am 4. Nov. 2005 offiziell bekannt gegeben: Die
erst 2000 und 2003 erworbenen „Wassertöchter“ in
Großbritannien und in den USA sollen abgestoßen
werden. Demgegenüber will der RWE-Konzern das kontinentaleuropäische
Wassergeschäft beibehalten! Im Jahr 2000, in dem die großen
Dienstleistungs- und Energiekonzerne gar schnell genug Wassertöchter
um sich scharen konnten, hatte auch RWE sieben Millionen Euro
auf den Tisch geblättert, um in England die Kontrolle über
Thames Water zu erlangen. Das Wassergeschäft wurde derart
verheißungsvoll eingeschätzt, dass RWE zusätzlich
noch vier Milliarden Euro Schulden von THAMES WATER übernommen
hatte. Drei Jahre später erwarb der Konzern in den USA
American Waterworks für 5,5 Mrd. Euro. RWE konnte sich
nach dieser Akquisition als weltweit drittgrößter
Wasserkonzern nach SUEZ und VEOLIA rühmen. Allerdings
hatte der RWE-Konzern nach den beiden Großakquisitionen
auch einen Schuldenberg von über 20 Mrd. Euro aufge-häuft.
Während RWE mit seinen angloamerikanischen Töchtern
anfänglich überproportional hohe Renditen erwirtschaften
konnte, hat zwischenzeitlich Ernüchterung eingesetzt:
Zum einen soll die Regulierung des englischen und US-amerikanischen
Wassermarktes die Profitrate verderben, zum anderen sollen
die erhofften Synergiegewinne mit der Strom- und Gassparte
ausgeblieben sein. Zu den „vergleichsweise schwachen
Renditen“ im angloamerikanischen Wassergeschäft
des RWE-Konzerns schrieb das HANDELSBLATT am 25.10.05:
„Die Sparte, die mit
vier Mrd. Euro knapp ein Zehntel des Konzernumsatzes erwirtschaftet,
erreichte 2004 nur eine Rendite auf das eingesetzte Kapital
(ROCE) von sieben Prozent und verdiente damit nicht einmal
die Kapitalkosten. Konzernweit liegt der ROCE bei stolzen
13 Prozent, bei der für den Energievertrieb zuständigen
Tochter RWE Energy sogar bei 17 Prozent.“
Eine auch künftig wenig üppige
Profitrate im Wassergeschäft in England und in den USA
wird zu-dem deshalb prognostiziert, weil RWE in beiden Ländern „Milliardensummen
in die Modernisierung des maroden Leitungsnetzes investieren“ (HB)
muss (s. 782/1). Die Rückbesinnung von RWE auf die profitablen
Kernkompetenzen im Strom- und Gasgeschäft wurde von der
Börse allseits begrüßt: Am 24.10.05, als die
ersten Informationen vom RWE-Ausstieg aus dem angloamerikanischen
Wassergeschäft bekannt geworden waren, stieg der RWE-Aktienkurs
zeitweise um zwei Prozent in die Höhe. Und als RWE den
Ausstieg am 04.11.05 offiziell bestätigte, ließ ein
Plus von drei Prozent die RWE-Aktie als Tagesgewinner unter
den DAX-Werten aus dem Handel gehen. Die „Analysten“ der
Investmentbanken und Fonds, denen um die Jahrtausendwende ob
des vermeintlich profitablen Wassergeschäftes rund um
den Globus noch das Wasser im Mund zusammengelaufen war, äuße-ten
jetzt Befriedigung über das geplante Abstoßen der
RWE-Wassersparte in England und in den USA. Mit dem erhofften
Verkaufserlös von 15 bis 17 Mrd. Euro für das angloamerikanische
Wassergeschäft will RWE zum einen seine Schulden abbauen
und die Dividende erhöhen, zum anderen aber auch für
die zweite „Konsolidierungsphase“ im europäischen
Energiegeschäft gewappnet sein: Erwartet wird eine weitere
Konzentration im Gas- und Stromsektor, für die RWE eine
prall gefüllte Kriegskasse benötigt.
|
Kommentar
Rein in die Kartoffeln, raus in die
Kartoffeln
|
|
Der Ausstieg von RWE aus
dem angloamerikanischen Wassergeschäft zeigt,
wohin es führt, wenn man unser Lebensmittel Nr. 1, das Trinkwasser, den
Interessen renditeorientierter Großkonzerne und der Börse überlässt.
Die Konzernbosse, denen jegliches innere Interesse an der Wasserwirtschaft fehlt,
kaufen Wassertöchter auf und stoßen sie kurzfristig wieder ab, wenn
die erhofften Gewinnmargen nicht erwirtschaftet werden. Dabei ist Wasserversorgung
und Abwasserentsorgung eine Generationenaufgabe, die sich nicht mit der Kurzfrist-
und Kurzsichtdenke an der Börse verträgt. Hochqualitativ kann die Wasserversorgung
und Abwasserentsorgung nur betrieben werden, wenn Langfristigkeit und Nachhaltigkeit
der Investitionen gewährleistet sind. Die notwendige Stabilität von
Wasser- und Abwasserbetrieben zerbröselt, wenn die Unternehmen als Spekulationsobjekt
in immer kürzeren Zeitabständen weiterverkauft werden. Wer es zulässt,
dass das Wassergeschäft nach dem Motto „Rein in die Kartoffeln, raus
aus den Kartoffeln“ betrieben wird, braucht sich nicht zu wundern, wenn
die Wasserqualität zu unser aller Schaden irgendwann den Bach runtergeht.
-ng-
|
|
| |
|
|