Stockholm. Die
schwerste Dürre seit einem halben Jahrhundert: In China
geht das Wasser aus. Durch rasantes Wirtschaftswachstum, wachsenden
Wohlstand, industrielle Verschmutzung und allgemeine Verschwendung
ist China in eine schwere und anhaltende Wasserkrise geraten.
Um einen Dollar zu erwirtschaften, brauchen die 1,3 Milliarden
Chinesen heute zehnmal mehr Wasser als Japan, sechsmal mehr
als Südkorea.
Andererseits
gibt es in Bangladesch oft "zu viel" Wasser - regelmäßig
ertrinken Menschen in den Regenfluten. "Schuld an solchen
Phänomenen ist nicht die Natur", erklärte
gestern Frank Rijsberman zur Eröffnung der Weltwasserwoche.
Der Chef des Internationalen Instituts für Wassermanagement
(IWMI) schreibt vielmehr zu 98 Prozent die Schuld dem Menschen
zu. Bis Samstag debattieren 1.500 Fachleute aus 140 Ländern
und UN-Organisationen den Stand der Wissenschaft.
Weltgrößtes
Problem des Wasserkreislaufes ist die Landwirtschaft, die
für 78 Prozent des Wasserverbrauchs steht - in Ländern
wie Spanien oder Israel sind es gar bis zu 90 Prozent. Die
Industrie schluckt durchschnittlich 18 Prozent. Versechsfacht
hat sich der Wasserverbrauch binnen 100 Jahren. Bis 2050
- so die Prognose der Wissenschaft - wird er sich nochmals
verdoppeln. UN-Generalsekretär Kofi Annan rief deshalb
zur Millenniumswende zur "blaue Revolution" auf
- bislang allerdings ohne nennenswerte Erfolge.
200
Liter Trinkwasser verbraucht der Durchschnittsmensch im industrialisierten
Teil der Erde täglich - 20 Wassereimer voll. Die Deutschen
dürfen auf ihre relativ sparsamen 124 Liter, zehnmal
so viel wie einE BewohnerIn der Sahara, sogar ein wenig stolz
sein. Allerdings stimmt diese Rechnung nicht ganz: Der WWF
hat ermittelt, dass die Deutschen 34-mal mehr Wasser über
Nahrungsmitteln verbrauchen - also über 4.000 Liter
je Tag. Um ein Kilo Reis zu produzieren, werden beispielsweise
5.000 Liter verbraucht; ein Kilo Fleisch aus industrieller
Produktion schlägt mit 10.000 Litern zu Buche.
Nach
einer vom International Water Management Institute vorgestellten
Studie drohen in 20 Jahren durch Wassermangel bedingte Ernteverluste,
die größer sind als die Jahresproduktion der USA.
Zumindest wenn es keine Revolution im Wassermanagement gibt:
Noch herrschen auf den Feldern teilweise mittelalterliche
Bewässerungssysteme vor. Das Institut hat in 50 afrikanischen
und asiatischen Ländern untersucht, wie ein produktiverer
Umgang mit Wasserressourcen und ein Übergang zu dürreresistenten
Getreidesorten genug Wasser für Menschen, Industrie
und Natur übrig lassen würde. Ergebnis: Substantielle
Investitionen in Forschung, Technik, Infrastruktur und institutionelle
wie gesellschaftliche Reformen.
IWMI-Chef
Rijsberman nennt als positives Beispiel China: Bauern gelang
es, mit deutlich weniger Wasser die Reisernte zu steigern
- mit der früheren Wassermenge wird dreimal so viel
Reis erzeugt. "Oft gibt es althergebrachtes Wissen über
rationellen Umgang mit Wasser", sagt Rijsberman. Zerstört
wird das nicht selten durch "unkritisch importierte
neue Produktionsmethoden".
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