Bei der Privatisierung des
Magdeburger Abwasserbetriebes zum 1. Jan. 2006 wurde nicht
der
Abwasserbetrieb für 160
Mio. Euro verkauft - sondern die Magdeburger Gebührenzahler,
meint UWE HALBACH in seinem Abwasser-Newsletter. HALBACH
macht dazu folgendes „Gedankenexperiment“,
in dem der Magdeburger Städtische Abwasserbetrieb
(SAM) mit all seinen Kanälen, Anlagen und Beschäftigten
in die Wüste verpflanzt wird:
„Was wird er dann wohl wert sein? Wer
wird ihn dort kaufen wollen? Sehen Sie, die Magdeburger Stadtentwässerung
ist in der Tat nicht einen Cent wert. Den Wert erhält
sie nämlich
erst in Verbindung mit dem Magdeburger. Es wurde
demnach tatsächlich
nicht die Magdeburger Stadtentwässerung verkauft,
sondern verkauft wurden mittelbar die Magdeburger.
Der Magdeburger in
seiner Eigenschaft als Gebührenzahler ist also
die eigentliche Begierde des Objektes!"
Mit dem Verkauf des kommunalen Abwasserbetriebes
seien die Magdeburger erstens zu „einer
Ware geworden“ und zweitens müssten
die Magdeburger künftig „den eigenen
Verkaufswert zuzüglich einem Gewinn selber
erwirtschaften“. Den
Aufkäufern des Magdeburger Abwasserbetriebes
sei somit „eine
eine hochkarätige effiziente Beratungs-
und Managementleistung“ zu
bescheinigen, der „die Stadt nichts Gleichwertiges
entgegenzusetzen hatte oder entgegensetzen
wollte“. Nach dieser sarkastischen
Anmerkung zur Gleichwertigkeit zwischen Privatier
und Stadt bei der Verkaufsverhandlung rechnet
HALBACH anschließend
aus, was ein Magdeburger Gebührenzahler
wert ist:
„Wir dividieren schnell 140 Mio. Euro
durch die 229.800 Einwohner von Magdeburg. Das ergibt einen
sehr guten Preis von 609 €/Gebührenzahler.“
Damit sei ein Magdeburger Gebührenzahler „1,8
mal wertvoller“ als ein Dresdener Gebührenzahler.
In Dresden war bei der Teilprivatisierung
des Dresdener Abwasserbetriebes
an den GELSENWASSER-Konzern
(s. 748/2, 788/1) „kürzlich nur
ein Preis von 330 €“ pro Gebühren-
und nun Entgeltzahler erzielt worden. „Dafür
muss der Magdeburger aber auch 1,8 mal mehr
leiden.“ Denn zur unauffälligen
Erhöhung der Rendite stünden den Privatiers
zahlreiche Möglichkeiten offen:
„Wussten Sie, dass
beispielsweise bereits eine Gebührenerhöhung
von nur 0,10 €/m³ Abwasser bei 229.800
Einwohnern und einem angenommenen Abwasserabfall
von täglich
110 Litern Abwasser je Einwohner (ca. 40 m³ jährlich
je Einwohner) zu „unauffälligen“ jährlichen
Mehreinnahmen von 919.000 € führen? Überlegungen,
die Privatisierung kontrollieren zu können,
sind eher theoretischer Natur. Welcher Stadt ist
es bisher
gelungen mit
den bescheidenen kommunalen und teils chaotischen
Möglichkeiten
Konzerne zu kontrollieren? So etwas schaffen nicht
einmal Regierungen.“
Seine grundsätzlichen Anmerkungen zum
Verkauf des Magdeburger Abwasserbetriebes beschließt
HALBACH mit folgenden (national getönten?) Worten:
„Kommunaleigentum könnte heute ein Mittel zum Schutz der
Bevölkerung gegen allzu mächtige ausländische
Wirtschaftsinteressen sein, wenn wir denn nur ein klein wenig
klüger handelten.“
In seinem nächsten Newsletter musste
HALBACH den Wert der Magdeburger angesichts des Verkaufs
der Braunschweiger
Abwasserbetriebe allerdings schon wieder
relativieren:
„Mit einem Verkaufspreis von 933 €/Bürger
(238 Mio. € Euro
dividiert durch 255.000 Braunschweiger)
ist nun der Braunschweiger gegenüber seinen Leidgenossen
in Dresden und Magdeburg das teuerste Opfer.“
Die genaue Wertermittlung eines verkauften
Gebührenzahlers
ist dem Fokus
http://www.institut-halbach.de/?did=948
zu entnehmen. Der digitale (und meistens
arg philosophie- und „humor“lastige)
Newsletter der Abwasserberatungsfirma
von UWE HALBACH kann kostenlos über
die Homepage
abonniert
werden (vgl.
794/2 731/1-3,
679/1).
Dass bei einem Verkauf
eines kommunalen Abwasserbetriebes de facto nicht der
Bestand an Kanälen und Kläranlagen verkauft
wird, sondern die künftigen Abwassergebühren
veräußert werden, ergibt sich übrigens
schon aus der Rechtslage: Solange die kommunale Abwasserentsorgung
(noch) als Pflichtaufgabe der Kommunen - und damit als
hoheitliche Aufgabe - gilt (s. RUNDBR. 821/1-3), darf
ein kommunaler Abwasserbetrieb gar nicht verkauft werden!
In kunstvollen Organisationsmodellen veräußern
die Kommunen deshalb nicht den Wert der Abwasseranlagen
an sich, sondern verkauft werden die hochgerechneten
Gebühren, die die BürgerInnen dann künftig
nicht mehr an die Stadt, sondern mittelbar an den privaten
Abwasserdienstleister zahlen.
(Anm. BBU).
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