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Nach den negativen Erfahrungen
mit dem Ausbau der öffentlichen Wasserversorgung durch Diktaturen und korrupte
Regime in den 80er Jahren und den nicht weniger miserablen Erfahrungen
mit Privatisierungen von Wasserwerken sind innovative Ansätze
in Lateinamerika und anderswo, bei denen die öffentliche
Wasserversorgung partizipativ gestaltet und demokratisch kontrolliert
wird, bislang wenig beachtet geblieben. Dabei kann es gut sein,
dass die Erneuerung öffentlicher Versorgung im Süden
stattfindet und nicht im privatisierungsfixierten Norden.
Von Internationalen Finanzinstitutionen
(IFI) und anderen GeberInnen angetrieben, schwappte in den
90er Jahren eine Welle von Privatisierungen
der Wasserversorgung über die Entwicklungsländer. Eine
größere Effizienz, niedrigere Tarife, mehr Investitionen
und eine erweiterte Versorgung der Armen wurden davon erwartet,
aber die tatsächlichen Erfahrungen mit PPPs (public-private-partnerships)
waren ganz anders. Die Wasser-Multis haben mit wenigen Ausnahmen
versagt und die Wasserpreise überstiegen die finanziellen
Möglichkeiten armer Haushalte bei weitem. Untersuchungen
der IÖD (Internationale der Öffentlichen Dienste des
Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften) ergaben, dass in
annähernd der Hälfte der Städte, die ihre Wasserwerke
privatisiert haben, Probleme aufgetreten sind bzw. die entsprechenden
Verträge gekündigt wurden.
Seit Jahren wollen transnationale
Wasserkonzerne tendenziell nur noch dort investieren, wo in
relativ kurzer Zeit ausreichend
hohe Profite sichergestellt werden können. So hat sich der
Wassergigant Suez bereits aus mehreren Großstädten
zurückgezogen, nicht immer freiwillig. In Buenos Aires und
anderen argentinischen Städten, Mitte der 90er Jahre noch
Paradebeispiele der Wasserprivatisierung, war der Rückzug
besonders peinlich. Im September 2005 kritisierte Präsident
Nestor Kirchner Suez offen, weil der Konzern nicht die versprochenen
Investitionen in die Wasser- und Abwassersysteme getätigt,
aber schätzungsweise fünf Milliarden US-Dollar an Profiten
herausgezogen hatte. Kirchner nannte die Politik von Suez eine
Schande und weigerte sich, die vom Konzern beantragten Tariferhöhungen
zu genehmigen. Daraufhin kündigte die Suez-Tochter Aguas
Argentinas in Buenos Aires und in 15 Städten der Provinz
Santa Fé die Konzessionsverträge. Mittlerweile hat
Suez Europa ins Visier genommen, wo höhere Profite erwartet
werden als in den Großstädten des Südens mit
großen Anteilen armer Bevölkerung.
Weil der Misserfolg von Wasserprivatisierungen
für die
neoliberale Politelite schwer zu verdauen ist, fallen Rufe nach
subventionierten Privatisierungen immer noch auf fruchtbaren
Boden. Auch nachdem die Konzerne angefangen haben, sich wieder
aus den Entwicklungsländern zurückzuziehen, bleiben
Weltbank und Co. zurückhaltend, wenn es um die Unterstützung öffentlicher
Wasserwerke geht und konzentrieren sich stattdessen darauf, neue
Formen privater Wasserversorgung wie Management-Verträge,
Leasing und Franchising zu entwickeln, oft gemeinsame, staatlich
subventionierte Initiativen von Multis und kleineren lokalen
Wasserversorgern.
Die anhaltend feindselige Haltung
von IFIs und Regierungen des Nordens gegenüber öffentlichen Dienstleistern, die
weit über 90 Prozent der weltweiten Wasserver- und Abwasserentsorgung
gewährleisten, hat mit ideologischer Besessenheit und kommerziellen
Interessen der Wasser-Multis zu tun, aber auch mit den enttäuschenden
Erfahrungen in den 80ern. Während der Internationalen Dekade
für Sauberes Trinkwasser (1981-1990), als die Entwicklungsbanken
Kredite zur Verfügung stellten, gelang es den öffentlichen
Wasserwerken nicht, die Versorgung auszuweiten. Waren das schnelle
Bevölkerungswachstum, die Urbanisierung und die sich vertiefende
Verarmung für sich genommen schon ein schwieriges Umfeld,
so kam hinzu, dass in jenem Jahrzehnt in vielen Entwicklungsländern
Diktaturen und korrupte Regime mit geringem Interesse an einer
verbesserten Wasserversorgung herrschten. Dennoch wurden die
Misserfolge in der öffentlichen Wasserversorgung genutzt,
um die Privatisierungen des folgenden Jahrzehnts zu rechtfertigen.
Buchstäblich unbemerkt von der um die Förderung der
Privatwirtschaft bemühten internationalen Wasserdiskussion,
hat es in den letzten Jahren eine ganze Reihe innovativer Ansätze
der öffentlichen Wasserversorgung in den Städten der
Entwicklungsländer gegeben. Die Erfahrungen in lateinamerikanischen
Städten zeigen, dass, wenn Demokratisierung zunehmende politische
Kontrolle durch die Armen beinhaltet, die Wahrscheinlichkeit
wächst, dass Grundbedürfnisse befriedigt werden. In
diesem Sinne umfassende Demokratisierungen der Wasserverwaltung
sollten nicht verwechselt werden mit den eher begrenzten Konzepten
von Partizipation, wie sie von internationalen Gebern propagiert
werden. In Porto Alegre und immer mehr brasilianischen Städten
ist die öffentliche Wasserversorgung mit Instrumenten wie
den partizipativen Kommunalhaushalten (soziale Kontrolle) reformiert
worden. In diesen Städten beschließt die Bevölkerung
in öffentlichen Versammlungen direkt über die Haushaltsprioritäten
ihrer Wasserwerke und anderer öffentlicher Versorgungsunternehmen.
In Porto Alegre hat dieses Verfahren sichergestellt, dass 99,5
Prozent der Bevölkerung heute Zugang zu sauberem Wasser
haben. Die BürgerInnen beteiligen sich auch an der Überwachung
von Projekten, wodurch die Baukosten reduziert werden konnten.
Gestaffelte Tarifsysteme und Subventionen innerhalb des Versorgungssystems
zielen darauf, dass wer mehr verbraucht, auch proportional mehr
bezahlt. Die so erzielten Überschüsse gehen in einen
Fonds, aus dem neue Investitionen im Wasser- und Abwassersektor
finanziert werden. Porto Alegre und Recife mit jeweils weit über
einer Million EinwohnerInnen zeigen, dass die Größe
kein Hindernis sein muss für Mitbestimmung in der Wasserverwaltung.
Obwohl Porto Alegre inzwischen
nicht mehr von der Arbeiterpartei PT regiert wird, die eine
entscheidende Rolle bei der dortigen
Wasserreform gespielt hat, gibt es gute Nachrichten aus Brasilien:
Der Entwurf der Zentralregierung für ein neues Gesetz zur
Wasserver- und -entsorgung ermuntert zu Mechanismen der sozialen
Kontrolle von öffentlichen Wassereinrichtungen, ja, macht
sogar nationale finanzielle Unterstützungen von solcherlei
Wasserreformen abhängig.
In Venezuela wird seit 1999
ein anderes Modell der Wasserversorgung mit VerbraucherInnenkontrolle
entwickelt. In defizitären
Gebieten, vor allem städtischen Elendsvierteln, wird, neben
Investitionen in Bau und Reparatur von Versorgungseinrichtungen,
die betroffene Bevölkerung intensiv in die Planung und die
Entscheidungen einbezogen. Lokale Gemeinden, örtliche Wasserwerke
und gewählte RegierungsvertreterInnen arbeiten in kommunalen
Wasserräten zusammen. Die VerbraucherInnen üben eine
demokratische Kontrolle über ihre Wasserwerke aus. Eine
der ersten Aufgaben dieser kommunalen Wasserräte bestand
darin, die bestehenden Leitungsnetze in den sich ausbreitenden
Vorstädten von Caracas zu kartographieren. Heute, fünf
Jahre später, haben fast alle öffentlichen Wasserversorger
dieses Modell der partizipativen Planung und Verwaltung übernommen.
Auch wenn der Weg noch weit ist, hat es deutliche Verbesserungen
gegeben. Die landesweite Versorgung der Bevölkerung mit
Trinkwasser hat sich von 81,2 Prozent im Jahr 1998 auf 89,3 Prozent
im Jahr 2003 verbessert, während der Anteil der Bevölkerung,
deren Abwasser ordentlich entsorgt wird, von 63,8 auf 71,7 Prozent
gewachsen ist. Santiago Arconada, Berater im Umweltministerium,
betont, dass die Gemeinden einen Eigentumssinn entwickeln, sich
als BesitzerInnen der Wasserwerke fühlen müssen, um
ihr Potential voll auszuschöpfen.
Die Chávez-Regierung setzt auf dieses Potential und steckt
erkleckliche Summen in die Wasserräte, was sie sich dank
der hohen Erdölpreise erlauben kann. Für Santiago Arconada
bedeutet dieses finanzielle Engagement, dass der Staat angefangen
hat, die sozialen Schulden an die Leute zurückzuzahlen.
Ein weiterer Anlass für WasseraktivistInnen in Venezuela
sich zu freuen, ist die neue Verfassung des Landes, die die Privatisierung
der Wasserversorgung verbietet.
David Hall, Direktor der Forschungsabteilung
der IÖD, argumentiert
in dem Buch Reclaiming Public Water (2005), dass Entwicklungen
wie in Brasilien und Venezuela signalisieren, dass die Zukunft
der öffentlichen Wasserversorgung im Süden liegt. Das
Beispiel der Region Abruzzo in Süditalien belegt diese politische
Einschätzung. In dieser wie in anderen Regionen Italiens
ist die Wasserversorgung alles andere als Weltklasse. Obwohl
sie staatlich ist, unterliegt sie kaum der öffentlichen
Kontrolle und mangels Instandhaltung sind die Verluste aus dem
Leitungsnetz sehr hoch. 2005 gelang es einem Bündnis sozialer
Bewegungen und Einrichtungen in der Region, Privatisierungspläne
zu stoppen. Inzwischen schlägt das Bündnis ein transparenteres,
demokratisches und überprüfbares Modell der Wasserversorgung
vor, das deutlich von den Beispielen in Porto Alegre und anderen
lateinamerikanischen Städten inspiriert ist.
Nach jüngsten Untersuchungen ist die Wasserversorgung in
88 Prozent der 408 größten Städte der Welt öffentlich.
Angesichts des bereits beschriebenen Scheiterns von Wasserprivatisierungen
dürfte klar sein, dass die einzige realistische Art, die
Trinkwasserversorgung zu verbessern, auf diesen öffentlichen
Einrichtungen aufbauen muss. Dabei sind public-public-partnerships
eine viel versprechende Methode, die Schwächen der öffentlichen
Dienste in Entwicklungsländern zu überwinden. Dabei
handelt es sich um den Austausch von technologischem Wissen und
Erfahrungen zwischen öffentlichen Wasserversorgern. Der
kann auf nationaler oder internationaler Ebene stattfinden, tut
es aber definitionsgemäß ohne private Beteiligung.
Solche Partnerschaften haben ein gewaltiges Potential bei der
Verbreitung der höchsten Management-Standards in der öffentlichen
Wasserversorgung. Allerdings bedarf es dafür mehr als der
Initiative einzelner Wasserwerke, nämlich einer beherzten,
auch finanziellen Unterstützung seitens der Regierungen.
Hier fehlt es noch am konkreten Engagement der IFIs und Geberländer.
Wichtig ist auch, dass man solche Partnerschaften nicht in erster
Linie als die Unterstützung effizienter öffentlicher
Wasserwerke des Nordens für Not leidende Partner im Süden
sieht, sondern vor allem auch als Partnerschaften zwischen öffentlichen
Einrichtungen des Südens. Es wird oft vergessen, dass die
Wasserwerke des Südens die meisten Erfahrungen mit dem Ausbau
von Leitungsnetzen in schnell wachsenden Städten mit überwiegend
armer Bevölkerung haben. Der Kontext im Norden ist anders:
hier wurden die Leitungsnetze in der Regel vor 50 bis 100 Jahren
gebaut und werden jetzt instand gehalten und erneuert mit Gebühren
einer relativ wohlhabenden Wasserkundschaft.
Es gibt bereits wertvolle Erfahrungen
mit den public-public-Partnerschaften. In Südafrika zum Beispiel hat die Zusammenarbeit der Stadtverwaltung
von Harrismith mit Rand Water, dem großen öffentlichen
Wasserversorger von Johannesburg, während der Laufzeit des
Projekts unterstützt von der Zentralregierung, zu wesentlichen
Verbesserungen geführt. Trotz des Fortschritts, den der
Transfer von Technologie und Managementtechniken gebracht hat,
konnte der gewaltige Rückstand beim Zugang zu sauberem Wasser,
der in den verarmten Townships herrscht, nicht überwunden
werden. Man kann sich schlecht vorstellen, wie es Wasser für
alle geben soll, ohne eine landesweite, entschlossene Politik
der Armutsbekämpfung und der Umverteilung des Reichtums.
Die public-public-Partnerschaften,
bei denen geschwächte
von erfolgreichen öffentlichen Dienstleistern lernen, wie
man öffentliche Wasserversorgung effizient betreibt und
verwaltet, stehen hoch im Kurs bei den Anti-Privatisierungsbündnissen
in vielen Entwicklungsländern. In Indonesien verweisen sie
auf das Beispiel der Stadt Solo und schlagen vor, dass deren
erfolgreiches Modell öffentlicher Wasserversorgung auf das
ganze Land ausgeweitet wird als Alternative zu den Privatisierungsplänen
der Zentralregierung, die in erster Linie ideologisch motiviert
sind. Die Wasserwerke von Solo sind finanziell gesund, wirtschaften
wassersparend und haben einen der höchsten Deckungsgrade
des Landes, und dies zum Teil als Ergebnis ihrer Beziehungen
zu einer aktiven und kritischen lokalen VerbraucherInnengruppe.
Trotz dieser Erfolge stehen die Wasserwerke von Solo an der Spitze
der Liste von Wasserversorgern, welche die Regierung privatisieren
will. Der wahrscheinliche Grund dafür ist, dass die Wasserwerke
von Solo zu jenen öffentlichen Einrichtungen zählen,
für die die Regierung am ehesten einen privaten Käufer
aus dem Kreis der Wasser-Multis finden dürfte. Obwohl den
Wasserwerken in Solo gerade von der Regierung eine Tariferhöhung
aufgezwungen wurde, betont ihr Direktor, dass keine Gewinne aus
dem Unternehmen heraus gezogen werden, ein seltener Fall in Indonesien,
denn in vielen anderen Städten werden die Lokalverwaltungen
aus den Gewinnen der öffentlichen Service-Einrichtungen
alimentiert.
Nicht nur in Asien gehen die
Kampagnen gegen Privatisierungen weit über den bloßen Widerstand hinaus. Diese Bewegungen
haben oft ausgefeilte Visionen und konkrete Vorschläge für
Alternativen im öffentlichen Dienstleistungsbereich. Die
Stadt Cochabamba in Bolivien zum Beispiel erregte im April 2000
internationales Aufsehen, als die Wasserkonzession der transnationalen
Konzerne Bechtel (USA), Montedison (Italien) und Abengoa (Spanien)
und einiger bolivianischer Privatunternehmen auf Grund der Proteste
der Bevölkerung gegen drastische Preiserhöhungen und
Missmanagement gekündigt wurde. Wie die Wasserwerke wieder
von der Stadtverwaltung übernommen wurden und dass die BürgerInnen
drei VertreterInnen in den Verwaltungsrat des neuen öffentlichen
Unternehmens SEMAPA wählten, ist weit weniger bekannt. SEMAPA
arbeitet mit den schon früher existierenden Wasserkomitees
in den armen Außenstadtbezirken zusammen, um diese an das
städtische Leitungsnetz anzuschließen. Dabei werden
die einmaligen Fähigkeiten dieser Komitees, die Wasserversorgung
lokal zu verwalten, kombiniert mit Wasserlieferungen von SEMAPA.
Nach wie vor wird wenig verstanden,
dass BürgerInnenbewegungen
zentrale Akteurinnen sind, wenn es darum geht, sauberes Wasser
und eine funktionierende Abwasserentsorgung zu gewährleisten.
Ein Beispiel aus jüngster Zeit ist die Stadt El Alto, ebenfalls
in Bolivien. Hier hat die Regierung einen Konzessionsvertrag
mit Suez beendet, nachdem sieben Jahre Privatisierung keine der
versprochenen Verbesserungen gebracht hatten und die Proteste
der BewohnerInnen erheblich angewachsen waren. Während der
Privatisierungsvertrag Suez 13 Prozent Rendite garantierte, blieb
eine große Anzahl der 800 000 BewohnerInnen ohne Wasseranschluss,
nicht zuletzt wegen der hohen Anschlussgebühren (beinahe
acht Mal so viel wie der monatliche Mindestlohn in Bolivien).
Nach dem Abgang von Suez strebt die lokale Bevölkerung eine
demokratisierte öffentliche Wasserversorgung an. Aber die
deutsche Botschaft in Bolivien erklärte, für die Gewährung
deutscher Kredite und Entwicklungshilfegelder sei es Bedingung,
dass Suez oder ein anderer privater Akteur beteiligt bleibe.
Auch die Weltbank und die Interamerikanische Entwicklungsbank
bestehen bei der Vergabe von Krediten darauf, dass an der Wasserversorgung
von La Paz und El Alto weiterhin Privatunternehmen beteiligt
sind. Das ist ein krasses Beispiel für die weit verbreitete
Voreingenommenheit gegen öffentliches Wasser in der Entwicklungshilfe
und den IFIs. Die Privatisierungsauflagen im Zusammenhang mit
Entwicklungsgeldern und Krediten stellen das schlimmste Hindernis
für die Verbesserung der öffentlichen Wasser- und Abwassersysteme
dar.
Ein im Juli 2005 veröffentlichter Bericht über public-public
partnerships in der Gesundheitsversorgung und anderen wesentlichen öffentlichen
Diensten weist auf das Risiko hin, dass öffentliche Versorgungseinrichtungen
solche Partnerschaften zum Anlass nehmen könnten, sich an
Privatisierungen im Ausland zu beteiligen. Rand Water und Umgeni
Water, zwei südafrikanische Wasserversorger, haben beschlossen,
auf kommerzieller Basis international, vor allem in andere afrikanische
Länder, zu expandieren. Rand Water hat sich zum Beispiel
an der Ausschreibung eines Management-Vertrages für fünf
Jahre für die Wasserversorgung in Accra und anderen Städten
in Ghana beteiligt. Rand Water hat sein Angebot zusammen mit
Vitens, einem holländischen öffentlichen Wasserversorger,
unterbreitet. Die französischen Multis Veolia und Saur beteiligen
sich ebenfalls an der Ausschreibung. Die Ghanaische Koalition
gegen Wasserprivatisierung fordert, dass sich alle drei Bieter
zurückziehen, weil sie Management-Verträge als eine
Gefahr für die Versorgung mit Wasser als einem öffentlichen
Gut und Menschenrecht aller EinwohnerInnen Ghanas betrachtet.
In einem zusammen mit holländischen NRO verfassten Brief
an den Vorstandsvorsitzenden von Vitens schrieb sie im Mai 2005,
dass der geplante Management-Vertrag, auch wenn er sich von früher
vorgeschlagenen Privatisierungsmodellen unterscheidet, das Ergebnis
von zehn Jahre währenden Anstrengungen der Weltbank und
der Regierung ist, die Wasserversorgung zu privatisieren, ein
fehlerhafter, undemokratischer Prozess, bei dem andere Möglichkeiten
nicht ernsthaft in Betracht gezogen wurden.
Management-Verträge sind, wie bereits bemerkt, das jüngste
Produkt der Bemühungen um public-private-partnerships, nachdem
klar geworden ist, dass Wasser-Multis keine signifikanten Investitionen
riskieren wollen. Das Ziel der ghanaischen Pläne eines Management-Vertrages,
die von der Weltbank aktiv unterstützt werden, ist es, die öffentliche
Wasserversorgung auf die Privatisierung vorzubereiten. Das unterstreicht
den Unterschied zu public-public-partnerships mit dem Ziel, die
Strukturen öffentlicher Wasserversorgungen langfristig zu
verbessern. Vitens lässt derweil keine Absicht erkennen,
sich aus dem Ghana-Geschäft zurückziehen zu wollen,
auch nicht in Anbetracht einer möglichen Vollprivatisierung
nach Ablauf der fünf Jahre. Die Tatsache, dass Vitens selbst
im alleinigen Eigentum von regionalen und kommunalen Regierungen
ist, wird als irrelevant betrachtet, wenn es um Geschäfte
außerhalb der Niederlande geht.
Die Führung von Vitens betrachtet das Unternehmen als ein
Geschäft wie jedes andere und ist deshalb mit dem neuen
holländischen Wassergesetz vom Herbst 2004 höchst unzufrieden,
weil es jede Form von privater Trinkwasserversorgung in den Niederlanden
ausdrücklich ausschließt. Gleichwohl ist Vitens ein öffentliches
Unternehmen, das unter ganz anderen Bedingungen arbeitet als
Privatunternehmen wie Veolia und Suez. Diese sind in erster Linie
ihren Aktionären verpflichtet. Vitens unterliegt dagegen
keinem Druck, Profit machen zu müssen. Wie andere öffentliche
Unternehmen in Holland auch unterliegt Vitens strengen Regeln
und der Kontrolle seiner Effizienz. Deshalb zählen holländische
Wasserversorger zu den nachhaltigsten, mit Verlusten, die bei
nur vier bis fünf Prozent liegen. Das Vitens-Management
identifiziert sich aber stark mit der Privatwirtschaft und kann
keinen Wert darin erkennen, die Wasserversorgung in Ghana in
der öffentlichen Hand zu belassen. Das ist symptomatisch
für das Ausmaß, in dem öffentliche Versorgungsunternehmen
die Werte von Privatkonzernen verinnerlicht haben.
Trotz des Wassergesetzes von
2004 ist die niederländische
Regierung eine der eifrigsten FörderInnen von public-private-partnerships
und setzt große Teile ihres Entwicklungshilfehaushaltes
dafür ein. Der Privatisierungseifer der Regierung nimmt
bizarre Formen an. Wenn holländische Wasserversorger sich
in Entwicklungsländern engagieren, wie zum Beispiel in der
früheren Kolonie Indonesien, wird das als public-private-partnership
verkauft, auch wenn auf beiden Seiten öffentliche Versorgungsunternehmen
beteiligt sind. Die Regierungen von Schweden und Norwegen haben ähnlich
widersprüchliche Wasserpolitiken.
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