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26. Dezember 2007

 

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

ND 24.12.2007

Brandenburg

Der Kampf um den Klärschlamm

Familie Plenzke aus Rauen streitet seit acht Jahren
mit dem Abwasserzweckverband Fürstenwalde

Von Sybille Gurack

 

Der Abwasserkrieg von Rauen begann vor acht Jahren. Da wurde vor dem Grundstück der Familie Plenzke der zentrale Abwasserkanal des Zweckverbandes Fürstenwalde und Umland verlegt. Verbandsvorsteher ist der Fürstenwalder Bürgermeister Manfred Reim (FDP). Der Zweckverband beansprucht das Abwasser aller 55 000 im Einzugsgebiet lebenden Bürger, weil sich andernfalls die Investitionen für das umstrittene Klärwerk in Fürstenwalde nicht rechnen.

Plenzkes hatten zu dem Zeitpunkt bereits eine weitaus umweltfreundlichere Nutzwasserrückgewinnungsanlage auf ihrem 3000 Quadratmeter großen Grundstück in einer Senke am Ortsrand gebaut. Alle erforderlichen Behörden und die Gemeinde hatten dem Bau der Anlage zugestimmt.

In zwei geschlossen Kreisläufen werden Trink- und Schmutzwasser getrennt voneinander über mehrere Becken immer wieder aufbereitet und so wiederverwendet statt entsorgt. Verschiedenste Einrichtungen überprüften das Wassersystem und befürworteten es für dieses Grundstück. Zum Beispiel Professor Ralf Otterpohl von der Technischen Universität Hamburg-Harburg. Die Anlage der Familie Plenzke sei vorbildlich, technisch sehr hochwertig und minimiere die Gewässerbelastung, meint der Professor.

Plenzkes nutzten den Zwangsanschluss nicht, blieben ausschließlich bei ihrer Anlage, denn sie hatten und haben kein Abwasser, das sie loswerden müssen. Den Zweckverband hinderte das nicht, Rechnungen und Mahnungen zu schicken und Beugehaft anzustreben. Plenzkes klagten dagegen.

Der juristische Streit um diese Sache nimmt kein Ende. Im Briefkasten liegen täglich mindestens fünf Schreiben von Behörden. Frau Plenzke will erfahren haben, dass sich der Zweckverband sogar bei der Rentenversicherung nach persönlichen Daten der Familie erkundigte. Das regionale Umweltlabor, das die private Wasseranlage jahrelang überwachte, fusionierte mit dem Zweckverband und stellte ab sofort eine nicht zumutbare Verschlechterung der Werte fest. Plenzkes sprechen von Geheimdienstmethoden und wechselten zu einem Berliner Umweltlabor. Die Tochter konnte den Stress nicht mehr ertragen und zog aus. Frau Plenzke ist nervlich fast am Ende.

Rechtsanwalt Stefan Sarrach beantragte Vor-Ort-Termine, legte Gutachten vor und argumentierte mit dem vom Landesverfassungsgericht bestätigten Rechtsanspruch jedes Bürgers, sein Wasser mehrfach wiederverwenden zu dürfen. Doch am Ende half auch das nicht. Am 4. Dezember rollte ein Güllewagen nach Rauen – mit sechs Polizisten, zwei Rechtsanwälten und Blaulicht. Augenzeugen hielten das Schauspiel für einen Gag mit versteckter Fernsehkamera. Zwangsweise wurden 14 Kubikmeter Klärschlamm abgezogen.

Barbara Plenzke und Rechtsanwalt Sarrach versuchten, dies vom Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) stoppen zu lassen. Zwecklos. Das Abwasser wurde mit Eskorte und Blaulicht aus dem Dorf gefahren. Sarrach spricht von einem ungesetzlichen Vorgehen.

Der aufsehenerregende Hausfriedensbruch bescherte der Familie jedoch nicht nur eine saftige mindestens dreistellige Rechnung, sondern auch viele Sympathisanten. Einfach aus dem Entsetzen heraus über so viel Willkür. Es wird auch vermutet, dem Zweckverband sei es darum gegangen, mit dem Klärschlamm Beweise zu vernichten – Beweise dafür, dass die biologische Anlage gut funktioniert.

Die Geschäftsführerin des Zweckverbandes, Gisela Scheibe, ist indes von der Richtigkeit ihres Tuns überzeugt: »Es gibt keine Alternative, wenn der Zweckverband seinen gesetzlichen Pflichten nachkommen will«, sagt sie.

Der Naturschutzbund (NABU) kritisiert das Vorgehen und verweist auch auf den Fall von Doris Groger. Diese hatte im Jahr 2000 mit anderen Frauen gegen den Zwangsanschluss der Gemeinde Briesensee an die Kanalisation gekämpft. Die Frauen traten deswegen in den Hungerstreik, was für Aufsehen sorgte. Am Mittwoch nun rückte ein Bautrupp des Amtes Lieberose/Oberspreewald unter Polizeibedeckung bei Groger an und begann, einen Anschluss zu legen. Die Bauarbeiter wollten am Donnerstag weitermachen, mussten aber unverrichteter Dinge abrücken, weil die Unterschrift unter einem Gerichtsbeschluss fehlte (ND berichtete).

»Kleinkläranlagen und Pflanzenklärbecken sind die optimale Form der Abwasserentsorgung«, sagt NABU-Landesgeschäftsführer Wolfgang Mädlow. Der Staat müsste alles tun, um solche Anlagen zu fördern. Stattdessen schicke er engagierten Bürgern die Polizei auf den Hals.

Im Hinblick auf die Fälle Barbara Plenzke und Doris Groger spricht die Landtagsabgeordnete Renate Adolph (Linkspartei) von »rücksichtslosen Maßnahmen« und »Zuständen wie in einer Bananenrepublik«. »Wer mit derartiger Kälte und Brutalität gegen die bessere Technologie vorgeht, hat offenbar viel zu verlieren im Geschäft mit dem Wasser.«

Den Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) fordert Adolph auf, er solle sich »für eine sofortige Beendigung aller Zwangsmaßnahmen« einsetzen. Das Gesetz sehe zwar die Möglichkeit von Zwangsanschlüssen vor – »wie und in welcher Menge aber Abwasser abgegeben wird, bleibt schließlich dem Bürger überlassen«. Eine Wiederaufbereitung auf dem Grundstück sei zulässig, auch wenn sie den Kläranlagenbetreibern nicht ins Konzept passe.

 

 
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