aktualisiert:
18. August 2010

 

 

 

 

 

 

Volltextsuche:

 

 

 


 

 

  Nachrichten  

WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 25.7.2010

 

Antimonopolisten wollen
Wassermonopole kontrollieren

 

Einmal mehr wird das Biedermeier unter den deutschen Wasserversorgern gegeißelt – diesmal von der Monopolkommission. Die Wasserversorgungslandschaft sei viel zu kleinteilig parzelliert, meint die Monopolkommission in ihrem 18. Hauptgutachten vom Juli 2010.

Die „extrem kleinteilige Struktur der Trinkwasserversorgung“ lasse vermuten, „dass sich durch die Zusammenlegung von Wasserverteilnetzen und/oder die Zusammenlegung von Netzverwaltungen erhebliche Größenvorteile heben und weitere Kostendegressionspotenziale ausnutzen lassen“, schreiben die Wettbewerbshüter.

Tatsächlich wird man weiterhin über Kooperationen und eine intensivere Zusammenarbeit von Wasserversorgern diskutieren müssen. Aber während die einen Marktradikalen die Zersplitterung in 6.500 Wasserversorger beklagen, sind die anderen Marktradikalen fleißig dabei, mit Ausschreibungsverpflichtungen der interkommunalen Zusammenarbeit in Form von Wasser- und Abwasserverbänden Knüppel zwischen die Beine zu werfen (siehe RUNDBR. 897/1-2).

Die Monopolkommission jedenfalls will es nicht bei einer Aufforderung zu mehr Fusionen bleiben lassen. Darüber hinaus fordern die Wettbewerbshüter, eine „Entgeltregulierung“ in der Wasserwirtschaft – und zwar am besten in Form einer Anreizregulierung wie man sie bereits im Strommarkt kennt (s. RUNDBR. 918/2, 839/2-3, 829, 828).

Dazu sollen nach den Vorstellungen der Monopolkommission durch die Bundesnetzagentur bundesweit die Wasserpreise und –gebühren aller Wasserversorger in Deutschland erhoben werden. Aus diesem Datenwust sollen dann für vergleichbare Wasserversorger zulässige Höchstpreise und –gebühren („Erlösobergrenzen“) herausdestilliert werden. Und diese Höchstpreise sollen dann sukzessive gesenkt werden, um die Wassermonopolisten zu zwingen, deutlich mehr Effizienzpotenziale als bislang auszuschöpfen. Diese Anreizregulierung sei dringend erforderlich, weil es sich die Wasserwerksdirektoren in ihren Monopolen bequem gemacht hätten. Die Monopolkommission will in der Wasserwerker-Szene „erhebliche produktive Ineffizienzen“ beobachtet haben.

Die Anreizregulierung soll ausdrücklich von der Bundesnetzagentur und nicht von den Landeskartellbehörden gemanaged werden:

„Wichtiger Grund hierfür ist, dass die Bundesnetzagentur als eine unabhängige Behörde von politischer Einflussnahme weniger berührt ist als zumindest einige der Regulierungsinstitutionen auf der Ebene der Bundesländer“,

lässt die Monopolkommission ihr Misstrauen gegen die politisch formbaren Weicheier in einigen Länderkartellbehörden erkennen.

 

„Hammer und Nagel“

Zu den Ambitionen der Bundesnetzagentur, ein bundesweites Preisregulierungsregime über die Wasserwerke zu errichten, sagte der Dr. MICHAEL REINHARDT, Juraprofessor in Trier, anlässlich der Mitgliederversammlung der Allianz öffentliche Wasserwirtschaft:
„Wenn ich in meinem Werkzeugkasten nur einen Hammer habe, sieht jedes Problem wie ein Nagel aus.“

 

 


Kartellwächter sollen auch über rein
kommunale Wasserversorger wachen
 

Dass die Monopolkommission, die Landeskartellämter und die Bundesnetzagentur schon aus formalen Gründen für die kommunalen Eigen- und Regiebetriebe gar nicht zuständig sind, lässt die Monopolkommission nicht gelten. Dass Kartellbehörden nur für Wasserversorger in GmbH- und AG-Form, die Preise statt Gebühren erheben, zuständig sein sollen, sei „bei genauerer, unvoreingenommener Betrachtung wenig überzeugend“.

Dafür, dass auf der einen Seite kommunale Eigen- und Regiebetriebe von der Kommunalaufsicht sowie auf der anderen Seite GmbHs und Aktiengesellschaften von den Kartellbehördenbehörden überwacht werden, hat die Monopolkommission folgende Erklärung. Wenn die Kartellämter auch den kommunalen Betrieben auf die Finger schauen dürften, würde sich „die politische Schwierigkeit“ ergeben,

„dass das Wirtschaftsministerium eines Bundeslandes, dem die Kartellaufsicht obliegt, gegen nachgeordnete Behörden des Innenministerium desselben Bundeslandes, die die Kommunalaufsicht obliegt, vorzugehen hätte“.

Weil es nach Ansicht der Monopolkommission jetzt schon Zugriffsmöglichkeiten der Kartellbehörden auf Gebühren erhebende kommunale Eigen- und Regiebetriebe gibt, fordert die Monopolkommission Verbraucher und Verbraucherverbände auf, sich bei „missbräuchlich überhöhten Gebühren“ sofort an die Kartellbehörden zu wenden, um „Rechtsschutz“ gegen die ineffizienten Wasserversorger zu erlangen.


Wasserversorger und Umweltverbände
kritisieren Monopolkommission
 

Anlässlich der Pressekonferenz der Monopolkommission zur „Neuordnung“ und „Konsolidierung“ des deutschen „Wassermarktes“ am 14. Juli 2010 haben die Wasserversorger und die Umweltverbände in einer gemeinsamen Pressemitteilung Widerstand gegen eine „Anreizregulierung“ à la Monopolkommission angekündigt. Zwar beteuere die Monopolkommission, dass durch eine Anreizregulierung die hohen Trinkwasserstandards in Deutschland nicht heruntergeschraubt werden sollten. Wenn die Wasserwerke aber pauschal gezwungen würden, die Preise kontinuierlich zu senken, sei

„eine nachhaltige Wasserwirtschaft nicht mehr möglich. Der allergrößte Teil der Kosten, etwa 80 Prozent, wird verursacht durch Instandhaltung und Erneuerung der Rohrleitungen und der technischen Anlagen. Bei einem derartigen Einsparungsdruck wäre das Verlottern-Lassen des Leitungsnetzes schon vorprogrammiert“,

erklärte beispielsweise VERONIKA BAIER von „Wasser in Bürgerhand“ zum Ansinnen der Monopolkommission.


Gemeinsame Pressemitteilung von Wasser in Bürgerhand (wib), Grüner Liga, BUND, BBU, Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und Bundesverband der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)

 

Das Monopolgutachten zum nachlesen

unter dem Titel „Mehr Wettbewerb – weniger Ausnahmen!“ in Kurz- und Langfassung kann heruntergeladen werden von der Homepage
www.monopolkommission.de

Die Bundesregierung wird zum Gutachten der Monopolkommission nach „sorgfältiger“ Prüfung und „nach Konsultation der Wirtschaft“ eine Stellungnahme beschließen und diese dem Bundestag und Bundesrat bis Ende 2010 vorlegen. - Neu in die Monopolkommission hat Bundeswirtschaftsminister RAINER BRÜDERLE das K+S-Vorstandsmitglied Dr. THOMAS NÖCKER berufen. Die K+S AG ist Verursacher der enormen Salzbelastung von Werra und Weser.

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.

 

 
Zurück zur Startseite


  2005 by wd team stuttgart      xxl sicherheit